,,Aufstehen!", ruft ein Kämpfer.
,,Ich schlafe noch!", knurre ich und drehe mich um.
,,Es tut mir Leid, aber ich soll Euch wecken. Das wurde mir vom Dorfdux Tobias aufgetragen.", entschuldigt sich der Kämpfer.
,,Dann sag ihm, dass ich nicht aufstehen werde.", murmele ich verschlafen.
,,Das geht aber nicht-"
,,Hör zu. Ich weiß, du machst nur deine Arbeit, aber ich bin die Ductrix und ich möchte jetzt schlafen. Ich habe schon genug zu bewältigen da brauche ich niemanden, der mir vorschreibt, wann ich aufwachen soll, denn wenigstens dieses Privileg soll noch meines bleiben. Also ich bitte Sie. Gehen sie raus."
,,Ja. Tut mir Leid."
Sofort geht der Kämpfer wieder raus und ich atme tief ein und aus. Da bin ich mal von Memphis weg, und schon muss ich mich wieder irgendwelchen Dingen rumschlagen. Es ist so anstrengend. Vor allem versteht mich einfach niemand.
Doch meine Ruhe bleibt nicht ewig, denn schon kommt wieder jemand rein.
,,Egal wer du bist, hau ab."
,,Das glaube ich nicht. Komm mit, ich habe was richtig Tolles geplant.", lacht Tobias.
Nicht jetzt. Einfach nicht jetzt.
,,Geht das nicht auch später?", murmele ich.
Ich spüre schon, wie meine Augen mir schon wieder zufallen.
,,Nope. Du kommst jetzt mit.", befiehlt Tobias.
,,Du. Gehst. Jetzt. Hier. Raus."
Ich betone jedes Wort extra, damit er es umso mehr versteht.
,,Du. Kommst. Jetzt. Mit.", sagt er in exakt derselben Stimme.
,,Ich nehme doch keine Befehle von dir an.", sage ich empört.
,,Dann sieh es als einen freundschaftlichen Hinweis."
Gerade will ich etwas erwidern, als Tobias mir einfach die Decke wegzieht. Sofort fang ich an zu frieren und versuche meine Decke wieder zu erlangen.
Ganz beruhigt legt er die Decke auf den Boden und schaut mich erwartungsvoll an: ,,So. Da du jetzt wach bist, kannst du gleich mal mitkommen."
,,Ich will aber nicht.", jammere ich.
,,Jetzt sei für einen Moment nicht so zickig, Saphira."
Tobias verdreht genervt die Augen und wartet sichtlich darauf, dass ich aus dem Bett steige und ihm folge. Darauf kann er lange warten.
,,Ich? Zickig? Niemals."
,,Du bist manchmal wirklich sehr zickig und da hilft es nicht, wenn du es abstreitest. Das lässt dich sogar noch zickiger wirken. Übrigens gefällt es mir nicht, wie du mit meinem Kämpfer gesprochen hast. Mir ist bewusst - du bist die Ductrix von Bellum. Aber das heißt noch lange nicht, dass du dein Ding durchziehen kannst, ohne jemals mit Konsequenzen zu rechnen. Saphira, wir müssen uns alle gleichviel an der ganzen Sache beteiligen, damit es was wird. Dabei ist ein dickköpfige, zickige und sture Ductrix alles andere als hilfreich.", stöhnt Tobias.
,,Es ist einfach nicht leicht für mich. Die ganze Situation.", erkläre ich.
,,Das ist mir klar, aber ich will dir doch nur helfen. Wenn du mir nicht erlaubst zu helfen, wie willst du dir denn damit selber helfen?"
Jetzt ist er zur Moralapostel mutiert. Ich hasse so etwas. Menschen, die immer denken, sie wüssten alles von der Welt und hätten immer den besten Rat und währen selber ohne irgendwelche Schuld. Ich hab Tobias echt gerne, aber ich kann so etwas wirklich nicht ausstehen.
,,Also. Stehst du jetzt auf?", fragt Tobias.
Mit lautem genervten Gemurmel stehe ich dann jedoch widerwillig auf.
Die ganze Zeit, der ich Tobias hinterherlaufe, durchbohre ich ihn mit Todesblicken und hoffe, dass er irgendwann tot umfällt. Oder es ihm irgendwann zu unangenehm wird, und er mich in Ruhe lässt.
,,Kannst du damit aufhören?", fragt Tobias mich.
,,Womit denn?", antworte ich scheinheilig.
,,Mit deinen Todesblicken. Die sind echt gruselig. Außerdem, hast du schon bemerkt, dass alle die an uns vorbeigegangen sind, dich schief angeguckt haben?"
Das ist mir ehrlich gesagt überhaupt nicht aufgefallen.
,,Wie auch immer. Rein da.", sagt Tobias und zeigt auf dein Haus.
Ich ziehe eine Augenbraue in die Höhe, ehe ich schließlich doch das Haus betrete. Eigentlich sieht es ziemlich schlicht aus, wie jedes andere Haus eigentlich auch.
,,Also. Was willst du mir zeigen?", frage ich und lasse mich auf sein unordentliches Bett fallen.
Aber ich will jetzt nicht allzu streng sein. Im Thema Aufräumen bin ich selber keinen Deut besser, also lasse ich ihn erstmal, so gütig ich bin, in Ruhe.
,,Der hier ist vor ein paar Stunden angekommen.", sagt Tobias und hält einen Brief in die Höhe.
,,Von wem ist der?"
,,Von wem wohl. Ich wollte dich noch ein bisschen schlafen lassen, aber hier, lies."
Tobias drückt mir den Brief in die Hand und lässt sich neben mich aufs Bett fallen.
Leicht verunsichert öffne ich den Briefumschlag, was bei mir nicht allzu elegant aussieht. Ich bewundere jeden, der das mit einem Versuch hinkriegt. Denn ich bin nicht eine von denen.
,,Lies vor.", drängt Tobias mich.
,,Ehrlich gesagt, würde ich ihn gerne erst mal selbst lesen.", weiche ich aus.
Denn wenn es ein persönlicher Brief ist, dann würde ich ihn wirklich nicht so gerne sofort teilen. Denn er ist immer noch nur an mich gedacht, also öffne ich den Brief.
Saphira,
Ich weiß, du bist sauer. Aber hör mir zu: Bald wird das Treffen von Christian und mir sein und ich möchte, dass du dabei bist. Denn sonst komme ich wie ein Trottel rüber. Ein Dux, der nicht einmal seine eigene Freundin in der Stadt behalten kann. Also komm wieder her. Ansonsten wird Bellum echt dämlich dastehen, und du weißt wie schlecht das - gerade jetzt - ist.
Devon
Ich lese ihn noch ein weiteres Mal, um mich zu vergewissern, ob das jetzt wirklich wahr ist. Er schreibt mich ernsthaft an, weil er möchte, dass ich da bin nur um vor Christian nicht wie ein Trottel dazustehen?
,,Und?", fragt Tobias erwartungsvoll.
Wütend drücke ich ihm den Brief in die Hände und stehe auf. Während er sich in aller Ruhe den Brief durchliest, laufe ich wütend durch die Gegend und murmele Flüche und Beleidigungen gegen Devon vor mich hin.
,,Vielleicht kann er einfach seine Gefühle nicht zeigen?", vermutet Tobias.
,,Oh glaub mir. Wenn er sich anstrengen würde, würde das da ein verdammter Liebesbrief sein und nicht so ein scheiß Befehl! Der will mich nur als Puppe, als Trophäe neben sich haben, während er sich inzwischen mit dieser.. Lena beglückt."
,,Lena?", fragt Tobias verwirrt.
Stimmt ja. Bis jetzt habe ich ja nichts von ihr erzählt. Ich hab sie ja nur als Schlampe bezeichnet.
,,Die Schlampe.", fauche ich.
,,Achso. Aber vielleicht war es ja ein versteckter Liebesbrief?", man hört aus Tobias' Stimme die Unsicherheit ja schon raus.
,,Was soll daran bitte ein Liebesbrief sein?", knurre ich gereizt.
,,Ich weiß ja nicht."
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Regina Bellum - Schrammen der Verzweiflung
Science Fiction****WATTYS 2016 WINNER**** -TEIL 2.- »Vertrauen ist keine Eigenschaft. Es ist ein Privileg. Doch schenkt man es dem Falschen, kann es sich leicht zur Katastrophe umwandeln.« Seit sechs Monaten herrschen im Land die vier Nationen; Bellum, Fortite...