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,,Was passiert hier, Saphira?", fragt Eléonore mich skeptisch.

,,Ich sags mal so. Jetzt kommt Gerechtigkeit.", grinse ich.

Ich denke, mein Grinsen geht hier jedem schon auf die Nerven, denn jeder sieht verwirrt aus und hat keine Ahnung worum es geht. Die Einzigen, die es wissen, sind Devon und ich.

Lena wird endlich verbannt.

Ich habe mein Ziel erreicht und ich bin mehr als stolz drauf. Man sollte sich lieber nicht mit der Ductrix anlegen, liebe Lena. Schon gar nicht, wenn ich die Ductrix bin.

Wir haben jetzt festgelegt, wo der offizielle Versammlungsplatz sein wird; vor dem Verarbeitungs- und Medizinhaus und rechts von dem Materiallager, links von der Brücke. Das war einfach der einzig freie Platz beim auf dem Arbeitsviertel und wir wollten nicht, dass der Versammlungsplatz auf dem Wohnviertel liegt, wo auch schon Platz für den Bogenschieß- und Kampftrainingsplatz beansprucht wird.

,,Versammelt euch alle bitte!", ruft Devon.

Es wurde sogar ein kleines Podest aus Holz angefertigt, damit man den der redet besser sehen kann. Oder - um Devons Ego zu unterstützen - um jemanden geistig höher zu stellen als die anderen.

Wie auf Befehl versammeln sich alle vor diesem Podest, auf das ich mich, wie Devon, raufstelle.

Ein eigenartiges Gefühl, auf die ganzen Leute runterzusehen, die einen erwartungsvoll runtersehen.

Ich bin ja gespannt, wie Devon seine Verbannung von Lena erklären will. Denn was soll man da sagen? Joa, ich hab mit ihr gevögelt und dabei hat mich Saphira, die vor Kurzem ernannte Ductrix erwischt und naja.. jetzt will Saphira halt, dass ich Lena verbanne.

Ganz bestimmt wird er es so machen.

,,Ihr fragt euch bestimmt alle, wieso diese Versammlung einberufen wurde. Lena Burkhoff, ich verbanne dich hiermit aus Bellum."

Wow. Das war.. kurz und knackig.

Ehrlich gesagt hätte ich eine etwas längere Rede erwartet und vielleicht auch noch einen Grund.

Natürlich geht sofort das Getuschel unter den Leuten los. Grundsätzlich fragen alle das Gleiche: Warum?

Devon scheint auf die Unruhe jedoch kein Stück zu reagieren und sieht einfach starr auf irgendeinen Fleck am Horizont.

Plötzlich ruft eine laute und wütende Stimme aus der Menge: ,,Dürfte ich auch bitte fragen warum? Immerhin würde mich der Grund schon interessieren, wieso ich aus heiterem Himmel verbannt werde!"

Devons Augen fahren langsam von diesem Fleck am Horizont zu Lena, die wutentbrannt in der Menge steht. Mittlerweile ist es sogar etwas ruhiger geworden und viele Augen richten sich neugierig abwechselnd auf Lena und Devon. Diese Geier.

Nun fahren Devons Augen langsam zu mir, auf seinem Gesicht ein deutlicher Hilfeblick. Nein, Devon, dass kannst du schön alleine machen. Du hast dich erst in diese Situation gebracht, sieh zu, dass du wieder rauskommst.

,,Lena, wir besprechen das im Dux-Büro. Doch vorerst ist die Versammlung beendet. Lena Burkhoff wird ein Pferd zur Verfügung gestellt und Proviant. Doch Lena, lass dich, sobald du Memphis, oder besser gesagt Bellum verlassen hast nie wieder hier blicken. Solltest du dennoch wiederkommen, werden Kämpfer dich höchstpersönlich ganz weit weg verfrachten und den Dux dieser Nation besonders darum bitten, auf dich ein Auge zu werfen. Was dann mit dir geschieht, entscheidet dein zukünftiger Dux.", spricht Devon fest und sieht Lena dabei direkt in die Augen.

,,Nein, Devon! Ich möchte hier an Ort und Stelle wissen, wieso ich verbannt werde. Das ist doch mein gutes Recht!", protestiert Lena wütend.

,,Es reicht," schreit Devon ebenfalls wütend ,,Du hörst jetzt mit diesem Kasperletheater auf und verhältst dich einmal vernünftig. Außerdem von welchem Recht sprichst du? Schon vergessen, alles von unserem alten Leben ist weg. Rechte und Gesetze wurden noch nicht ausführlich verfasst, nur grobe Sachen und das weißt du, also führ dich nicht so auf. Wenn du wirklich darüber reden willst, komm mit uns mit in das Dux-Büro, oder geh gleich. Wie schon gesagt: die Versammlung ist vorbei, ihr könnt jetzt euren Arbeiten wieder nachgehen!"

Anerkennend nicke ich Devon zu. Ich hätte nicht gedacht, dass er das packt. Ehrlich gesagt habe ich gewartet, bis er hilflos ist und mir nichts anderes übrig bleibt, als ihm zu helfen, aber so geht es auch.

Tatsächlich löst sich dann auch langsam die Menge auf und Lena geht, beziehungsweise rennt geradewegs auf uns zu, und sie sieht ziemlich sauer aus.

Devon und ich steigen erst einmal von dem Podest runter und sehen dabei in die fassungslosen Gesicht von Steven, Daniel und Eléonore.

,,Ich glaubs ja nicht. Hast du gerade ernsthaft jemanden verbannt?", fragt Daniel ungläubig.

,,Ja, nicht? Unglaublich! Zuerst macht er einen auf 'Ich liebe dich' und danach wird man verbannt!", faucht Lena Devon regelrecht an.

,,Komm mit Lena, ich kann dir das erklären.", seufzt Devon und macht eine Handbewegung, die bedeutet, dass sie ihm folgen soll.

Sobald sich Lena in Bewegung gesetzt hat, laufen wir anderen ebenfalls hinterher. Ich sehe, dass Lena das nicht passt, aber sie sagt nichts, da wir immernoch Dux sind und somit auch etwas mehr zu sagen haben.

Beim Dux-Büro angekommen, treten wir alle erst mal ein, ehe sich alle Dux, außer Devon an den Tisch setzen. Lena bleibt ebenfalls stehen und sieht ihn erwartungsvoll an: ,,Und?"

Es hat eher den Eindruck, als ständen sie gerade auf der Bühne und wir wären nur das gaffende Publikum. Naja, jeder beschreibt es so, wie er es möchte.

,,Es ist so Lena.. Du weißt ja, dass Saphira letztens mitbekommen hat, wie wir etwas intimer waren..", fängt Devon an.

Hätte ich nicht eine enorme Selbstkontrolle, wäre ich schon aufgesprungen und hätte ihm richtig eine übergehauen.

Es ist nicht, weil es mich verletzt, sondern weil es mir auf irgendeine Weise peinlich vor den anderen ist.

,,Ja, und?", fragt sie.

Wie kann sie das so gleichgültig sagen? War sie früher etwa auch nur die Affäre von irgendwelchen Männern? Ich will mir das gar nicht mal vorstellen, dass Devon eine Affäre hatte..

,,Da sie gerade erst Ductrix geworden ist und sie davon erst mal so schnell nicht weg kommen kann, hat sie mich vor die Wahl gestellt. Sie oder du und ich hab mich für Saphira entschieden.", sagt Devon zögernd.

Dafür hätte ich ihm jetzt auch gerne eine reingehauen. Erstens, da man so etwas nicht auf diese Weise zu einer Frau sagt, andererseits ist es Lena, da lass ich es nochmal durchgehen, und zweitens stellt er mich jetzt wieder als Buhmann da.

Wer ist denn jetzt der, dem wir diese Situation zu verdanken haben?

,,Tschüss.", sagt sie zähneknirschend, dreht sich um und geht.

Das hätte ich jetzt wirklich nicht erwartet..

Regina Bellum - Schrammen der VerzweiflungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt