18.

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Gerade haben wir die Versammlung beendet und ich laufe Finn hinterher. Ich muss ja noch ihm die Nachricht zum Treffen mitschicken.

,,Hey Finn! Warte mal!", rufe ich.

Überrascht dreht er sich um und verschränkt die Arme: ,,Ja?"

,,Vielleicht hast du schon bemerkt, dass Christian Bellum angeblich beschuldigt, etwas geklaut zu haben und ich-"

,,Was heißt hier angeblich? Bellum hat Fortiter beklaut. Wieso sollte Christian Bellum sonst beschuldigen? Denkst du, das er auf Krieg aus ist? Kurz nach einem Krieg? Ich bitte dich, das wäre viel zu dumm.", unterbricht er mich forsch.

,,Ich denke das ist Ansichtssache. Jedenfalls soll ich dir von Devon die Nachricht mitgeben, dass er mit Christian hier gerne ein Treffen haben möchte, um die Streitigkeiten aus der Welt zu schaffen.", erkläre ich schnell.

,,Mhm-hm."

,,Was ist?", frage ich zögernd.

,,Sehe ich aus, wie Christians Briefträger? Oder - um die Frage für dich interessanter zu machen, siehst du aus wie Devons Briefträgerin? Wenn ich das richtig verstanden habe, bist du die Ductrix von Bellum und nicht Devons persönliche Dienerin.", meint Finn.

,,Das bin ich nicht!", widerspreche ich harsch.

,,Wirklich? Wann durftest du wirklich die Kontrolle übernehmen?"

,,Als Devon zur Besprechung gegangen ist.", sage ich stolz.

,,Da bin ich aber beeindruckt", seine Stimme trieft nur so von Ironie ,,Ich würde niemals meine Ductrix etwas machen lassen, wenn ich nicht da bin."

,,Wie jetzt?", nun bin ich vollkommen verwirrt.

,,Denk doch mal nach Saphira. Er will doch eigentlich gar nicht, dass du Ductrix bist. Vielleicht wollte er dich so nur beeindrucken, indem er solch ein Opfer fällt. Oder er wollte euch zwei einfach nur binden, so das du nicht wegkannst. Sehr geschickt Devon, sehr geschickt.", höhnt Finn.

Danke, Finn. Jetzt kommen meine Zweifel wieder hoch.

Aber er hat doch eigentlich Recht. Warum sollte Devon mich zur Ductrix ernennen, wenn er mich rein gar nichts machen lässt? Wieso sollte er das machen? Ich verstehe gar nichts mehr, aber irgendwie habe ich gerade das Gefühl, dass ich sauer auf Devon sein sollte.

,,Also ich würde über eure Beziehung noch einmal nachdenken. Trennen ist ja jetzt sowieso so gut wie ausgeschlossen.", meint Finn.

,,Wieso sollte es ausgeschlossen sein? Es ist nur so gut wie ausgeschlossen, dass ich von Ductrix wieder zurück gehen kann.", sage ich nun vollkommen verwirrt.

,,Glaubst du das? Dadurch wirst du immer wieder zurückgeholt. Du wirst gar nicht richtig von ihm wegkommen. Mach die Augen auf, dann siehst du, was die Wahrheit ist.", meint Finn trocken.

,,Warum denkst du das? Glaubst du nicht, dass es einfach nur deswegen ist, weil er mich liebt? Er wollte, dass ich Ductrix werde, weil er mich liebt! Das hat er mir versichert.", verteidige ich Devon, fühle mich dabei allerdings nicht allzu sicher.

,,Wirklich? Glaubst du das wirklich? Du bist schon etwas naiv.", grinst Finn spöttisch.

,,Du bist bloß eifersüchtig.", fauche ich beleidigt.

,,Wieso sollte ich eifersüchtig sein?"

Jetzt fängt Finn endgültig an zu lachen. Über mich. Irgendwie fühle ich mich gerade richtig dumm, während ich ihm beim Lachen zusehe. Es ist schon ein wenig verzweifelnd.

,,Hör zu. Vielleicht bin ich nicht mit allem zu hundert Prozent zufrieden. Aber ich würde nie auf einen Titel eifersüchtig sein. Dux zu sein ist nichts für mich. Außerdem würde ich - unter uns gesagt - nicht sehr gerne was mit Christian anfangen. Er ist ein Kumpel, aber ich bin nicht schwul. Frauen liegen eher in meinem Interesse.", erklärt Finn, mit leichten Lachtränen in den Augen.

In diesem Moment beneide ich mich dafür, so blasse Haut zu haben. Denn auf diese Weise, erröte ich so gut wie nie. Außer wenn ich grade eine weite Strecke gelaufen bin, oder sonst eine Art an anstrengendem Sport hinter mir habe.

,,Ehh.. Ja.", antworte ich zögernd.

,,Was ich dir einfach damit sagen will: Lass dich nicht von Devon manipulieren. Auch wenn du ihn liebst. Oftmals sind es deine Liebsten, die dich hintergehen.", warnt Finn.

,,Wieso sollte er mich manipulieren? So etwas hat er doch nicht nötig.", sage ich spöttisch.

,,Ich bin kein Hellseher, weißt du. Außerdem bin ich nicht rund um die Uhr um Devon herum und weiß genau wie er tickt. Aber aus normalen Menschenkenntnissen heraus weiß ich, dass so ein Verhalten dir gegenüber nicht so ganz normal ist."

,,Das ist es ja. Devon ist speziell. Er ist nicht wie jeder normale Junge auf der Straße. Er weiß was er tun muss und wie er es tun muss."

,,Da liegst du goldrichtig. Er weiß genau was er tun muss und wie er es tun muss. Im übersetztem Sinne, hast du gerade selber gesagt, das er genau weiß, wie er dich manipulieren kann."

Finn legt den Kopf leicht schief und beobachtet mich. Warum weiß ich nicht, aber ich fühle mich dabei nicht unwohl. Im Moment finde ich es beruhigend.

Ihm gegenüber würde ich es nicht zugeben, aber er hat Recht. Genau das ist der Gedanke, mit dem ich schon so lange spiele; das er mich nur manipuliert.

,,Er liebt mich.", sage ich leise.

,,Mhm-hm.", antwortet er zweifelnd.

Finn weiß nicht, dass ich das eigentlich zu mir selber gesagt habe, statt zu ihm. Wahrscheinlich komme ich ihm gegenüber gerade vor, wie eine verzweifelte Ehefrau, die nur gerade so an ihrem Mann festhält, um nicht zu fallen. Wo sie eigentlich schon längst gefallen ist.

Energisch schüttele ich meinen Kopf, um die Gedanken darüber zu verscheuchen: ,,Wie auch immer. Könntest du Christian also bitten, sich mit Devon hier zu treffen, damit beide über die Situation reden können?"

Auch wenn ich in Finn einen (zugegebenermaßen) guten Gesprächspartner gefunden habe, ist es trotzdem auf irgendeine Art und Weise unangenehm, mit jemandem aus Fortiter darüber zu reden, und dann auch noch mit einem Dux.

,,Wenn du das willst.", meint er überrascht.

Wahrscheinlich ist er gerade ein wenig davon überwältigt, wie schnell ich meine Stimmung von verzweifelt zu bestimmend gewechselt habe.

,,Ja, bitte. Devon und ich, wie auch ganz Bellum möchten dieses Problem so schnellstens wie möglich aus der Welt geschafft kriegen.", erkläre ich so ruhig wie es auch nur geht.

Wir nicken uns noch gegenseitig zu, ehe wir uns umdrehen und gehen.

,,Und Saphira!", ruft er mich zurück.

Erwartungsvoll drehe ich mich um.

,,Lass dich nicht manipulieren! Von niemandem!", warnt Finn mich noch einmal ernst.

,,Keine Angst. Werd' ich nicht."

,,Vertrauen ist keine Eigenschaft. Es ist ein Privileg. Doch schenkt man es dem Falschen, kann es sich leicht zur Katastrophe umwandeln.", sagt er ganz ruhig, ehe er sich schließlich ganz umdreht und verschwindet.



Regina Bellum - Schrammen der VerzweiflungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt