Kapitel 23 - Unwissenheit

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Stumm sitzen wir auf dem Verdeck und sehen New York dabei zu, wie die riesen Metropole in Schnee gehüllt wird. Mein Kopf ruht auf Federicos Schulter und meine Arme habe ich um seinen geschlungen. Meine Klamotten sind bereits durchnässt und ich werde mich sicherlich erkälten, aber das ist im Moment nebensächlich. Meine Finger gleichen mittlerweile Eiszapfen. Mein Freund wusste schon, was er mit warm anziehen meinte. Als der Wind beginnt zu heulen, bekomme ich eine Gänsehaut. Ich fange an leise zu bibbern, was nicht unbemerkt bleibt. „Vielleicht sollten wir lieber rein gehen? Du frierst schon", merkt er an und zieht mich auf die Beine. Auch wenn ich ein laufender Eisblock bin, beende ich diesen schönen Moment nur sehr ungern.

„Was hältst du davon wenn wir zurück fahren? Wir sind beide völlig durchnässt. Wir fahren zurück ziehen uns um und..." „Und?", unterbreche ich Federico. Er zuckt mit den Schultern:„Keine Ahnung. Auf was hast du Lust?" Gute Frage. Ich fange an zu überlegen, was mir mein Bauch abnimmt. „Ich habe Hunger. Wie wär es mit Essen?" Fede grinst mich an: „Essen ist immer gut."

Wir fahren wieder an das Ufer des Hafens und fahren dann in Fedes Auto zuerst zu mir und dann zu ihm, um uns umzuziehen. Schließlich sitzen wir dann in einem kleinen Diner im Herzen Manhattans. Wir setzen uns an einen Tisch und schauen in die Karte. „Hey!", ruft plötzlich eine weibliche Stimme und wir schauen hoch. Francesca steht mit Diego vor uns und lächelt. „Was macht ihr denn hier?", fragt sie neugierig. Federico grinst mich an und antwortet dann: „Hunger." „Können wir uns vielleicht zu euch setzen?", fragt Fran leicht schüchtern und schaut zu Diego, der zustimmend nickt. Ich nicke und mache ihnen Platz: „Klar." Sie nehmen neben uns Platz, Diego neben Fede und Fran neben mir. „Na, wie ist dein Eigenheim?", fragt Fran und lächelt mich warm an, was ich erwidere: „Es ist toll, aber ich vermisse eure Couch", scherze ich leicht. Fran grinst mich an: „Sie dich auch." Ich verziehe meine Lippen zu einem schiefen Grinsen und sehe zu meinem Freund: „Eifersüchtig?" Fede schüttelt lachend den Kopf. Dann eben nicht. Wir bestellen uns jeweils etwas zu Essen und kommen dann schließlich auf das Thema Naxi. Während ich und Francesca da mehr als Freundschaft sehen, sind Federico und Diego der Meinung, wir würden etwas übertreiben. Was wiederum meiner Meinung nach Quatsch ist. Männer. Was verstehen die schon davon? Ich meine, okay Fede hat mit unseren Dates, wenn man das überhaupt so nennen kann, zwar ins Schwarze getroffen, aber das heißt noch lange nicht, dass er was davon versteht. Ich, zum Beispiel, hatte zwar jahrelang Geschichte, trotzdem habe ich keine Ahnung von den Kriegen dieser Welt. Ist das ein guter Vergleich? Liebe und Geschichte? Naja, laut den Jungs ist es ja keine Liebe. Aber laut denen ist Mascara ja auch was zum Essen, oder so. Naja okay, ich habe noch keinen Jungen ‚lecker Mascara' sagen hören, aber ein paar würde ich die Verwechslung zu trauen. Unsere Bestellungen kommen uns wir beginnen zu Essen. „ Apropos Liebe", beginne ich, werde allerdings von Diego verbessert: „Eventuelle Liebe." – „Wie auch immer", meine ich und fahre fort, „Ihr zwei." Ich deute auf meine Freundin und ihren Begleiter. Fragend sehe ich sie an. „Wir zwei was?", fragt Diego lachend. Ich beige mich leicht vor und frage: „Ihr zwei seid doch zusammen, oder?" Sie beiden werfen sich einen kurzen Blick zu und nicken dann kaum merklich. „Was? Wann? Wie?", schieße ich wie aus der Pistole. Lachend lehnen sich die zwei zurück. „Ludmila, manchmal ist Unwissenheit doch was Schönes, was?", meint Fede und schmunzelt. Ich seufze ehe ich ihnen meinen Glückwunsch ausspreche. Naja, dann eben keine Infos – noch nicht. Insgeheim plane ich schon Francescas Verhör, diese Gedanken verwerfe ich dann aber wieder aus dem einfachen Grund: Privatsphäre. Fran weiß ja auch nicht alles über mich und Fede, von jedem gemeinsamen Moment, also warum sollte ich sie dann ausfragen? Vielleicht ist Ungewissheit ja gar nicht so schlimm. Ich meine, wenn alle alles wissen, wo wäre dann die lesenswerten Geschichten, denen den man gerne zu hört? Genau, wir würden nicht mal von ihrer Existenz wissen. Also bleibe ich vielleicht doch lieber unwissend.


Ludmila Story - In my mind I call you home.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt