Kapitel 2

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In die Decke eingekuschelt und mit dem Laptop auf den Knien, schaue ich mir unsere Videoaufnahmen an. Unscharf und verwackelt, aber der Ton ist gut. Ich muss lachen. Einen Oskar werden wir für diese Aufnahmen nicht bekommen. Aber der gute Leo hat es bis jetzt auch noch nicht geschafft, also was soll's. „Meine Lieblingsfarbe ist genau genommen gar keine Farbe. Es ist...", als ich diesen Satz höre kann ich mir ein kichern nicht verkneifen. Minoh mag wohl Kameras nicht besonders, aber seine Reaktion ist einfach so süss. Ich pausiere das Video und lehne mich zurück. Intuitiv greife ich nach meinem Handy, welches neben mir auf dem Bett lieg. Ich entsperre es und öffne Whatsapp. Schnell scrolle ich durch meine wenigen Kontakte. Einer sticht mir sofort ins Auge. Minoh. Ich wähle unseren Chat. Das einzige was wir geschrieben haben ist: Wo und wann ich ihn abholen soll. Neugierig klicke ich auf sein Proflibild. Es zeigt ihn und ein Mädchen, das vermutlich seine Schwester ist. Ich gehe wieder auf den Chat und schreibe: Lust auf ein Abenteuer?

Nach zwei Minuten kommt die Antwort: Nur weil du es bist.

Ich antworte ihm, dass er zehn Minuten warten soll. Schnell springe ich auf, zieh mir meine Jeans wieder an und greife nach dem Shirt von heute Morgen. „So und meine Schuhe sollten auch noch irgendwo hier herumliegen", murmle ich und halte Ausschau. Aus einem Impuls heraus, schaue ich unter mein Bett. Und siehe da wer sucht der findet. Mit meinem linken Arm fische ich das Paar unter dem Bett hervor, ziehe sie an, stolpere dabei und falle der Länge nach hin. Wow, Nicky dein zweiter Name ist bestimmt Eleganz oder? Ich rapple mich auf. Hab ich alles? Hose? Check. Schuhe? Sie sind zwar verschiedenfarbig, aber check. T-Shirt? Check. Rucksack? Che...warte mal, wo ist mein Rucksack? Ich blicke mich in meinem Zimmer um, aber ich sehe ihn nicht. Den habe ich im Auto gelassen, fällt mir ein.

Dann habe ich ja alles. Leichtfüssig wie eine Katze klettere ich aufs Fensterbrett und steige dann aus dem offenen Fenster. Die kühle Nachtluft schlägt mir entgegen. Es riecht nach einer Mischung aus Salz und Fisch. Ein Nachteil wenn man in der Nähe eines Hafens wohnt. Mit einem dumpfen Knall lande ich auf dem Dach der Garage. Von dort aus kann ich direkt auf den Rasen hinunterspringen. Den Bruchteil einer Sekunde später liege ich stöhnend im Grass. An der Landung muss ich noch feilen. Mit dieser Erkenntnis erhebe ich mich und schleiche mich zum Oldtimer. Es wäre gut wenn mein Vater von dieser Aktion nichts mitbekommt.

Ein paar Minuten später, in denen ich mich dreimal verfahren habe, komme ich endlich bei Minoh an. Ich ziehe mein Handy hervor und schreibe ihm, dass ich da bin. Während ich warte, beobachte ich sein Zuhause. Das Haus an sich ist nicht besonders gross, die Fassade muss einmal weiss gewesen sein. Doch jetzt liegt ihr Farbton zwischen weiss und grau. Um das Haus herum befindet sich ein Garten, mit wenigen Blumen. Auf der Veranda geht das Licht an, dann öffnet sich die Haustür. Jemand tritt hinaus. Minoh nähert sich zügig dem Oldtimer und lässt sich wie schon vor ein paar Stunden auf den Beifahrersitz fallen. Ich lächle ihn an und sage: „Auf geht's!" Er erwidert mein lächeln. Ich fahre los.

Das Auto habe ich an einem sichern Ort parkiert. Niemand soll das Auto mit unserer Tat in Verbindung bringen können. „Und was machen wir jetzt hier?", fragt Minoh und streicht sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Wir warten", antworte ich und lehne mich an die Fassade eines alten Gebäudes. Minoh ist anscheinend mit dieser Antwort zufrieden, denn er fragt nicht weiter nach. Als ich das Gefühl habe, dass die Luft rein ist, werfe ich meinen Rucksack vor mir auf den Boden. Dann hole ich mehrere Dosen heraus. „Du willst doch nicht etwa...?", fragt Minoh entsetzt, nachdem er gesehen hat, was sich in meinen Armen befindet. „Und ob ich das will", grinse ich, „ und du wirst mir dabei helfen." „Nie im Leben!", entgegnet er. Irgendwann kommt der Tag an dem du auch mitmachen wirst. „Ok, dann eben nicht, bleibt mehr Farbe für mich übrig", antworte ich, während ich den Deckel der blauen Spraydose entferne. „Hat diese Aktion irgendeine höhere Bestimmung oder so?" „Nope, sie dient nur zu unserer Belustigung", antworte ich und beginne zu sprayen. Ich bin voll in meinem Element. Künstlerische Tätigkeiten lagen mir schon immer. In der Zeit in der ich das Graffiti spraye, hält Minoh nach gefahren, in Form der Polizei, Ausschau. Wir funktionieren wie ein perfektes Team. Nach ein paar Minuten bin ich fertig. Ich trete ein paar Schritte zurück um mein Werk zu betrachten. Es zeigt eine Ameise die ein Raumschiff steuert. Nicky du hast zu viel Fantasie, denke ich grinsend. „Bist du fert...wow ich wusste gar nicht das du so gut bist, Nikolaj", stellt er fest und starrt das Graffiti an. „Nicky", sage ich lächelnd und halte ihm die Hand hin. Er ergreift sie ebenfalls lächelnd

Nur weil du es bist (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt