Kapitel 1

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„Oh Mann!", stöhnte Madlyn. „Es ist mal wieder gefühlte minus zehn Grad und trotzdem kein Schnee! Das ist doch mal wieder typisch!" Sie hatte viele Sommersprossen auf der Nase, blaue Augen, dunkelblonde, schulterlange und lockige Haare und saß im Moment mit Myrell und Sienna an der Heizung in der Ecke, in der ihre Klasse jede Pause saß. Die beiden waren ihre besten Freundinnen. Myrell war klein, hatte auch blaue Augen, schulterlange, eher glatte blonde bis dunkelblonde Haare und auf ihrer Nase saß der Bügel einer schwarzen Brille. Sienna hatte ebenfalls blaue Augen, blonde, etwas längere, auch eher glatte Haare und die ein oder andere Sommersprosse war auf ihrer Nase zu sehen.

Der Rest ihrer Klasse redete über Den kleinen Hobbit (den lasen sie gerade im Deutschunterricht) oder über Der Herr der Ringe. Plötzlich fiel das Wort Aragon. Madlyn sprang auf und lief zu den Jungs hinüber. Natürlich, Toby, der gar keine Ahnung davon hatte, hatte Aragon gesagt.

„Das heißt Aragorn. Nicht Aragon", sagte sie zu ihm. „Außerdem, was ist mit ihm?" In diesem Moment kam Finnegan, griff nach ihrem Arm und zog sie aus dem Gedränge. Finnegan war ein guter Kumpel von ihr hatte braune Augen und aschblonde Haare.

„Ach, ich mag Herr der Ringe", fing Madlyn plötzlich aus heiterem Himmel an zu plaudern. „Vor allem Legolas und das Ende, das ist so schön. Wie Aragorn Arwen heiratet, Sam Rosi und Faramir Éowyn. Ach! Aber leider passiert bei uns nie so ein Abenteuer. Ganz ehrlich, ich bin manchmal richtig neidisch auf die Personen in den Geschichten, weil sie immer etwas Spannendes erleben. Hier, bei uns, ist alles normal; hier bekommt man noch nicht einmal die Chance auf etwas Mysteriöses oder Geheimnisvolles zu stoßen." Finnegan führte sie um die letzte Ecke und dort stand er, der der ihr ganzes Leben auf den Kopf stellte. Und sie dachte, Finnegan will ihr nur wieder irgendetwas Unwichtiges erzählen... Aber, nein. Dort stand jemand, der ganz und gar nicht unwichtig war. Es war Aragorn! Sie schrie auf und ging ein paar Schritte nach hinten.

„Nun, wie ich sehe magst du meine Geschichte", sagte Aragorn mit einem kleinen Lächeln. „Da wären noch zwei Sachen die ich dir erzählen muss. Als erstes: Ich bin echt! Ich weiß, ich weiß, im Film sehe ich genauso aus. Das liegt daran, dass Tolkien nicht irgendein Autor war sondern ein spezieller. Er hat die Geschichte nicht erfunden (auch wenn er das vielleicht dachte), nein. Er hat sie nur zum Leben erweckt. Er hat die Welt dazu gebracht diese Geschichte wieder zu kennen. Wir Figuren können zwischen den beiden Welten, mit Hilfe von Gandalf, reisen. Bis jetzt wusste nur das Filmteam dieses Geheimnis; nun auch ihr. Alle sind sie echt Frodo, Samweis, Meriadoc, Peregrin, Gandalf, Bilbo, Gimli, Legolas, Boromir war es, Faramir, Tom Bombadil, Elrond, Baumbart, Denethor war es, Éomer, Haldir, Galadriel, Celeborn, Théoden war es, Éowyn und natürlich auch Arwen. Nur die bösen wie Saruman, Sauron, Schlangenzunge, Gollum, die Orks, Nazgûl, Kankra und die anderen, die haben Schauspieler gespielt. Oder sie wurden von Computern in das Bild eingefügt.

Als zweites: Du bist gerade eben in ein Abenteuer hineingeraten. Von der Schule sind du und Finnegan anderthalb Jahre freigestellt und mit deinen Eltern ist auch alles abgemacht - am Telefon. Komm jetzt, wir müssen zu Gandalf und den anderen sechs." Madlyn holte ihre Jacke und ihre Schultasche und ging. Sie ging einfach. Als ob sie in Trance wäre... Es fühlte sich für sie fast so an, als ob es ganz normal wäre. Sie musste das ganze irgendwie erst einmal richtig verarbeiten und das ging beim Gehen immer gut. Sie waren nicht weit gekommen, da sprangen hinter einer Ecke Sienna und Myrell, ihre beiden besten Freundinnen, hervor.

„Wo wollt ihr denn hin? Etwa zu einem anderthalb Jahre langem Date?", fragte Sienna verschmitzt.

„Wenn nicht dann um so besser, denn wir sind auch freigestellt und kommen mit! Ach übrigens, wer ist das?", ergänzte Myrell. „Er sieht fast so wie Aragorn, aus Herr der Ringe, aus. Sogar eigentlich gleich..." Madlyn starrte die beiden mit großen, erschrockenen Augen an. Sie wusste, dass alles sehr verrückt war, und gerade weil sie selber noch nicht richtig wusste, ob sie das glauben solle oder nicht, war es fast verstörend wie Sienna und Myrell einfach losplapperten. Myrell und Sienna standen mit Mütze, Jacke und Schultasche vor ihr und es schien als hätten sie nichts vergessen. Doch zu fragen ob es gefährlich, langweilig, spannend, gruselig, kalt, traurig oder schrecklich wird, das hatten sie vergessen. Insgesamt hatte nie irgendjemand eine Garantie gegeben, dass sie von diesem Abenteuer lebendig heimkehren würden...

„Das was ich vorhabe ist ganz bestimmt kein Date, denn Finnegan und ich sind nur gute Freunde!", sagte Madlyn protestierend, obwohl sie wusste, dass es nur als Spaß gemeint war. „Und das dort ist Aragorn aus Herr der Ringe. My (Spitzname von Myrell) du kennst die drei Filme und weißt was Elben, Hobbits und Orks sind und du weißt auch wer Aragorn ist. Du, Sien (Spitzname von Sienna), kennst das alles aus einem bestimmten Grund nicht: das alles ist fantasy. Ich reise mit Finnegan, Aragorn und den anderen Gefährten nach Mittelerde. My, du fandst die Geschichte toll und kannst dann auch meinetwegen mitkommen, doch bei dir, Sienna, bezweifle ich, dass du willst. Ich kann dir aber trotzdem die Geschichte von Frodo, Sam und den anderen erzählen." Es ließ Madlyn fast selber erschrecken, wie erwachsen und vernünftig sie sich anhörte...

Sie gingen alle fünf durch den strömenden Regen zur Bushaltestelle. Sie hatten Glück, sie bekamen gerade einen Bus. Sien hörte Madlyn aufmerksam zu und stellte manchmal Fragen. Sie schien die Geschichte wirklich sehr zu interessieren. Finnegan und Myrell überschwemmten inzwischen Aragorn mit Fragen; doch auch Aragorn hatte viele Fragen zu ihrer Welt, denn er fand die Autos und die Elektrischen Dinge immer noch sehr - sagen wir spannend.

Nach einer Stunde kamen sie dann bei Madlyns Zuhause an und dort warteten schon Frodo Beutlin, Samweis Gamdschie, Peregrin Tuk, Meriadoc Brandybock, Gimli Gloins Sohn, Legolas Grünblatt und der alte Gandalf der Weiße. Sie hatte Glück denn heute war Dienstag, genauer gesagt der 21.01. Dienstags waren beide von Madlyns Eltern arbeiten und sie war allein zuhause. Nur ihre Oma war noch da, doch auch die war heute weg. Sie gingen alle rein und setzten sich in die kleine Stube. Auf dem Stubentisch lag ein Zettel für Maddy (Spitzname von Madlyn) von ihren Eltern:

Liebe Madlyn,

wir erlauben es dir, nach Mittelerde zu gehen (ja, wir wissen was du vorhast). In deinem Zimmer liegen drei Rucksäcke mit Wechselwäsche und Küchengeschirr. Einer für Myrell und Sienna ist auch dabei. Ihre Eltern sind auch einverstanden, Siennas Eltern haben wir es schonend beigebracht. Finnegan müsste seine Sachen schon dabei haben.

Hab viel Spaß und komm wieder.

Wir denken an dich,

Mama und Papa.

Der Brief von ihren Eltern stimmte sie irgendwie traurig. Sie hatte Angst, sie würde die beiden nie wieder sehen... Doch es blieb ihr keine Zeit, noch an ihre Eltern zu denken, denn Gandalf drängte zum Aufbruch. Sie ging in ihr Zimmer, holte die Rucksäcke und gab sie Sien und My. Gandalf schob sie zu den anderen. Er sprach ein paar seltsame Worte an die sich Madlyn und die anderen nie mehr erinnern konnten, dann tauchte vor allen blauer Nebel auf und sie wurden schläfrig. Maddy sank auf den Boden und schlief ein. Das Einzige was sie noch merkte war, dass alle anderen um sie herum auch in tiefen Schlaf fielen und dass die Vögel plötzlich anfingen zu zwitschern.

Abenteuer in MittelerdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt