Noch vor einem Monat war meine Welt in Ordnung. Ich war ein meist glücklicher, pubertierender Teenager mit einer größtenteils intakten Familie. Mit meiner Tante hatten wir unsere Probleme und mit meiner Oma gab es auch manchmal Streit, aber sonst war alles gut. Ich hatte gute Noten, gute Freunde und eine perfekte Beziehung. Jedenfalls dachte ich das. Und jetzt? Jetzt stand ich nach einer zweistündigen Zugfahrt am Bahnhof und wartete auf meinen Bruder der mich vor einer Virtelstunde abholen wollte. Ich stand also allein im Regen, in einer Stadt, in der ich noch nie zuvor gewesen bin und hatte nichts, außer einer Reisetasche und einem Trolli, den ich als Sitzgelegenheit missbrauchte.
Wie konnte sich ein Leben nur so schnell verändern?
Eine Hupe riss mich aus meinen Gedanken. Verwirrt blickte ich vom Boden auf und entdeckte Max in dem silbernen Auto, das direkt vor mir zum Stehen kam. Schnell stand ich auf und hievte den Henkel meiner Tasche auf meine Schulter und packte den Griff meines Koffers.
Hecktisch stopfte ich alles in den Kofferraum, um möglichst schnell diesem nassen Zeug, das vom Himmel fiel, zu entkommen. Ich sprang förmlich auf den Beifahrersitz. Mein Bruder begrüßte mich nur mit einem Nicken und stellte dann das undefinierbare Geräusch lauter, das aus den Lautsprechern dröhnte und fuhr los. Er war in letzter Zeit kein Mann der Gefühle. Ich konnte es ihm aber auch nicht verübeln. Ich selbst war zur Zeit schließlich auch nicht viel besser.***
Die Fahrt zu seiner Wohnung dauerte nur wenige Minuten, worüber ich ziemlich froh war. Nachdem er sein Auto geparkt hatte, stieg er aus und ging zum Kofferraum, um meine Sachen rauszuholen. Ich tat es ihm gleich, um ihm was abnehmen zu können. Als er mich neben sich bemerkte, richtete er sich auf und sah mir zum ersten Mal, seit er mich abgeholt hatte, richtig in die Augen. Er konnte es zwar gut verstecken, doch ich erkannte die Trauer in seinen Augen.
Wie geht's dir? Fragte er und verlor für einen kurzen Moment seine undurchdringbare Mauer, hinter der er seine Gefühle zu verstecken versuchte.
Naja, es ist hart, doch man überlebt's wohl. Entgegnete ich und lächelte ihn schwach an.
Er erwiederte mein falsches Lächeln mindestens genauso gefaked und wendete sich wieder meinem Zeug zu.
Stimmt wohl. Murmelte er leise in das Wageninnere hinein, sodass ich ihn fast nicht gehört hätte.***
Während wir in das riesige Hochhaus gingen, (ok, so riesig war es bestimmt gar nicht, aber zuhause gab es fast nur Einfamilienhäuser) und die Unmengen an Stufen bezwangen, merkte man Max an, dass ihn beide Taschen etwas überforderten. Er wollte sich einfach nicht von mir helfen lassen. Da kann man ihm dann aber auch nicht helfen.
In seinem Stockwerk angekommen stellte er die Tasche ab und kramte in seiner Tasche nach dem Schlüssel. Währenddessen beugte ich mich über das Geländer und sah nach oben. Es schien unendlich so weiter zu gehen. Wie viele Stockwerke es da oben wohl noch gibt?
Als ich mich weiter im Treppenhaus umsah fragte ich mich warum es in einem so hohen Haus mit einer Trilliarde Stufen keinen Aufzug gab.
Ich beugte mich zur Seite, damit ich um eine Ecke sehen konnte.
Da ist doch ein Aufzug! Warum haben wir den nicht benutzt?Scharf beobachtet Sherlock. Der war schon kaputt, als wir hier eingezogen sind. Keine Ahnung, ob und wer den mal repariert.
Ich hörte das Schloss klicken und die Tür öffnete sich.
Willkommen in deinem neuen Zuhause.
Ich folgte ihm etwas unsicher. Er ging vor und stellte mein Gepäck im Gang neben einer Tür ab.
Das ist ab jetzt wohl dein Reich.
Dann ging er weiter den Gang entlang und sagte über die Schulter:
Und das wo ich jetzt hingehe ist das Bad.Mit diesen Worten verschwand er.
Na toll. Jetzt steh ich hier allein mit meinem Krempel in einer praktisch fremden Wohnung.
Also entschloss ich mich dazu, mir als erstes mal mein Zimmer anzusehen.
Ich öffnete die Tür und das erste, was mir sofort auffiel war die Balkontür mit zwei großen Fenstern rechts und links davon, die circa sie selben Maße hatten wie die Tür selbst.
Das Zimmer an sich war nicht sonderlich groß aber es reichte definitiv um vernünftig darin zu hausen.
Was Möbel anging sah es allerdings schlecht aus. Das einzige, was darin stand, war ein Bett mit Matratze, Kissen und Decke. Na wenigstens dafür war schon gesorgt.Hinter mir öffnete sich die Tür und Max kam herein. Das ist mal wieder typisch.
Wie oft hab ich dir schon gesagt du sollst klopfen.Seinen nassen Haaren nach zu urteilen, war er wohl gerade duschen gewesen. Es ist immer wieder erstaunlich wie schnell manche Kerle duschen können.
Ja ja. Jace und Mike sind noch in der Uni, also kannst dich ruhig umschauen. Ich muss jetzt auch in die Uni. Ich will nicht den ganzen Tag verpassen. Hier ist dein Schlüssel, falls du wo hin willst. Aber tu mir bitte einen Gefallen. Verlauf dich nicht!
Er warf den Schlüssel auf das Bett und schloss die Tür wieder.
Ich komm warscheinlich so gegen vier wieder.
Drang es nochmal gedämpft durch die Wände hindurch. Dann hörte ich die Wohnungstür ins Schloss fallen.Na toll, jetzt bin ich völlig allein in dieser Wohnung.
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Nichts ist für immer
Teen FictionIch glaube nicht an für immer. Ich denke, dass jede Beziehung zum scheitern verurteilt ist, sei es auf die eine oder andere weise. Vor allem in meinem Alter wäre es dumm zu glauben, dass man den Rest seines Lebens mit ein und der selben Person verbr...