Alexander Hendrix

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Wenn die Liebe zu stark wird, bringt sie dem Mann keine Ehre ein, nur Schmerzen.

-Euripedes

Chloe P.O.V

Morgan klingelte an der Wohnungstür eines sehr schäbig aussehenden Hauses.

Ich rümpfte die Nase und meinte dann zu Reid:

"Also ganz ehrlich ich habe nie verstanden warum Menschen freiwillig in solchen bakterienverseuchten Häusern wohnen. Hier überträgt bestimmt jeder Zentimeter irgenwelche Krankheiten"

Überall an den Wänden klebte Schimmel und vor fast jeder Wohnungstür stand ein Müllsack mit verwesenden Essensresten um die sich keiner kümmerte.

"Ich meine unsere Wohnung sieht auch nicht gerade so aus als wären wir reich aber wenigstens machen wir regelmäßig sauber"

"Tja das ist halt New York", erklärte Spencer.

Empört sah ich ihn an und fragte:

"Was soll das denn jetzt bitte heißen? Schließlich komme ich auch aus New York!"

"Oh"

Bevor ich noch etwas sagen konnte wurde die Wohnungstür geöffnet und zum Vorschein kam eine Frau in Mittlerem Alter.

"Was wollen sie?", fragte sie genervt.

Morgan zeigte ihr seine Marke und meinte:

"FBI. Wir ermitteln in dem Mordfall ihres Sohnes. Könnten wir Ihnen ein paar Fragen zu ihm stellen?"

Verwirrt schaute die Frau ihn an.

"Mein Sohn?"

Etwas verwirrt schauten Morgan, Spencer und ich uns nun an. Ich zuckte nur mit den Schultern.

"Alexander Hendrix ist doch ihr Sohn oder?"

"Ja schon, aber ich habe ihn nach der Geburt zur Adoption frei gegeben. Und ich habe ihn nach der Geburt auch nicht mehr gesehen"

"Okay.... Aber wie kommst es dann, dass das Kinderheim sich noch nicht bei der Polizei gemeldet hat. Wie erklären sie sich das?", blieb Morgan trotz allem skeptisch.

"Keine Ahnung und ganz ehrlich gesagt ist es mir auch egal. Guten Tag"

Mit diesen Worten schlug sie uns die Tür vor der Nase zu.

Wenige Sekunden später brach ich das Schweigen, dass sich zwischen uns dreien ausgebreitet hatte:

"Ist das normal?"

"Nein. Und ehrlich gesagt glaube ich auch nicht, dass sie die Wahrheit sagt. Diese Geschichte ist nämlich sehr unglaubwürdig wenn man mal davon absieht, dass es in ihr keine Gefühle auszulösen schien. Und selbst wenn eine Mutter ihr Kind sofort nach der Geburt abgibt, dann ist es für die Frauen trotzdem oft schwer darüber zu sprechen. Und bei ihr sah es nicht so wirklich aus als würde sie auch nur ansatzweise Trauer empfinden. Ich glaube hier ist mächtig was faul", antwortete mir Morgan ausführlich.

"Und was machen wir jetzt?", sprach ich meinen Gedanken aus.

"Jetzt im Moment können wir noch nichts machen, aber wir werden die Frau erstens genau im Auge behalten und zweitens werden wir wiederkommen wenn wir etwas mehr wissen", meinte nun Spencer.

Während wir uns wieder auf den Weg zum Auto machten, stellte ich eine Frage die ursprünglich an mich selbst gerichtet war:

"Warum lügen die Menschen eigentlich ständig bei Mordermittlungen? Es bringt ihnen doch gar nichts und behindert nur"

"Tja, manche Menschen wollen einfach verschiedensten kriminellen Dinge vertuschen, die eben ans Licht kommen könnten wenn sie uns die Wahrheit sagen", meinte Reid.

"Aber fast immer kommen die Behörden trotzdem dahinter. Was bringt es dann sich zusätzlich wegen Falschaussage und Behinderung der Ermittlungen angeklagen zu lassen?", bohrte ich weiter.

Morgan seufzte, beantwortete aber dennoch meine Frage:

"Die Menschen denken meistens wir würden sowieso nicht dahinter kommen oder aber sie versuchen es obwohl sie wissen welche Strafe sie erwartet"

Als wir alle im Auto saßen meinte Derek kurz bevor er den Motor anließ:

"Die Frage ist jetzt wie wir heraus bekommen ob sie gelogen hat. Man könnte in dem Waisenhaus nachfragen ob ein Alexander Hendrix verschwunden ist. Das Dumme daran ist nur, dass wir nicht wissen in welchem er untergebracht war und selbst wenn wir fragen, würde sie und glaube ich nicht antworten"

Verständnislos sah ich ihn durch den Rückspiegel an.

"Warum sollte sie die Aussage verweigern?"

"Hast du ihre Reaktion gesehen? Das hat sie nicht gemacht weil sie uns nicht mochte, sondern aus dem einfachen Grund, dass der Verlust eines Kindes bei einer Frau und manchmal auch bei Männern psychische Schäden hinterlässt. Bei den meisten kann man es durch psychologische Hilfe verringern und die anderen, bei denen es nicht klappt bekommen entweder Depressionen oder sie werden eben zu Psychos", erklärte mir Reid.

"Aber sie hat ihr Kind doch freiwillig weg gegeben"

"Ja schon aber die Bindung zu dem Kind ist trotzdem stark und die Trennung muss erst verarbeitet werden"

"Hmm"

Morgan hatte bereits den Motor gestartet und wollte gerade losfahren als mir eine Idee kam.

"STOPP!"

Ruckartig betätigte Derek die Bremse und schaute dann, genau wie Spencer, verärgert zu mir nach hinten. Ich ging jedoch nicht weiter darauf ein und meinte nur:

"Ich hab eine Idee. Wartet mal bitte kurz"

So schnell wie möglich stieg ich aus dem Auto und rannte über die Straße zu der Haustür, aus der wir eben noch gekommen waren.

Also Klingeln fiel schon mal ins Wasser. Allerdings fiel mir genau im richtigen Moment ein, dass ich, als ich einen kurzen Blick in die Wohnung erhascht hatte, die Feuerleiter durch das Fenster gesehen hatte.

Das war das praktischste an solchen Wohnungen: Wenn man mal den Schlüssel vergessen hatte, konnte man auch durchs Fenster in die Wohnung kommen.

Entschlossen verließ ich die Straße und bog links neben dem Haus in eine Seitengasse ein in der ich schon die Feuerleiter sehen konnte. Ich sprintete darauf zu und beeilte mich in den 5. Stock zu kommen. Als ich nach einer gefühlten Ewigkeit endlich mein Wunschstockwerk erreicht hatte, kniete ich mich hin und klopfte ohne weiter darüber nachzudenken an die Scheibe.

Sekunden später tauchte der Kopf der Frau von eben hinter dem Fenster auf, während sie dieses öffnete. Sie sah nicht gerade sehr erfreut darüber aus, als sie mich erkannte, doch bevor sie überhaupt dazu ansetzen konnte mich zu beschimpfen, stellte ich ihr die für mich alles entscheidende Frage:

"Wie war der Name des Krankenhauses in dem sie ihr Kind zur Welt gebracht haben?"

Ich schaute sie eindringlich an, als würde ich sie so dazu bewegen können mir die Wahrheit zu sagen.

Verwirrt schaute sie mich an und antwortete wie automatisch:

"St. Marys Hospital"

"Gut, danke. Mehr wollte ich gar nicht wissen. Ich wünsche ihnen noch einen schönen Tag"

Mit diesen Worten drehte ich mich um und sprintete die Metalltreppen wieder herunter wobei ich auch öfter die ein oder andere Stufe übersprang.

Ohne auf die Straße zu achten lief ich auf das Auto zu und setzte mich auf die Rückbank. Und ohne den Beiden Special Agents etwas zu erklären meinte ich nur:

"Wir müssen zum St. Marys Hospital. Jetzt. Sofort"

Think like a MurdererWo Geschichten leben. Entdecke jetzt