The old chest

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Der Glaube an eine übernatürliche Quelle des Bösen ist unnötig. Der Mensch allein ist zu jeder möglichen Art des Bösen fähig.

-Joseph Conrad

Chloe P.O.V

"Miss Black! Sie wissen das wohl alles schon, wenn sie sich in meinem Unterricht mit etwas anderem als dem Lernstoff beschäftigen!"

'Ja', dachte ich genervt. Irgendwie schon. Also nur damit ihr Bescheid wisst: Wir hatten gerade Spanisch. Und da ich das ja schon fließend beherrschte war das natürlich langweilig.

Da ich keine Probleme wollte, hielt ich aber meine Klappe und schaute unseren wütenden Lehrer nur dumm an.

"Da sie ja schon alles wissen, sagen sie mir doch mal was auf Spanisch 'Ich werde ab jetzt im Unterricht aufpassen' heißt"

Kinderspiel für mich. Und das wusste mein Lehrer. Aber er versuchte immer wieder mich vor der Klasse zu blamieren.

"Yo me encargo de Ahora en adelante en el aula" (Keine Ahnung ob das so richtig ist. Ich spreche kein Spanisch. Wenn jemand spanisch kann und Fehler findet: Bitte in die Kommis)

Zufrieden mit mir selbst sah ich meinen Lehrer an, der sich nun eingeschnappt wieder zur Tafel drehte und den Unterricht fortführte. So ungefähr lief das in allen Stunden ab.

Meine Mutter sagte mir immer ich wäre wie mein Vater, wenn ich aus einer einzelnen Frage einen ganzen Vortrag über das Thema formulierte. Einerseits machte mich das stolz, aber andererseits auch traurig. Denn ich hatte meinen Vater nie kennen gelernt und er wusste wahrscheinlich auch nichts von mir. Auch meine Mum erzählte nicht viel über ihn.

Trotz der Tatsache, dass ich 2 Schuljahre übersprungen hatte, fand ich die Schule ziemlich langweilig. Viel lieber würde ich jetzt schon zum FBI gehen.

Das hatte ich auch schon meiner Mutter gesagt, doch sie hatte nur scharf die Luft eingesogen und das Thema gewechselt. Danach hatten wir nicht mehr darüber gesprochen.

Die Schulglocke läutete und alle meine 17- jährigen Klassenkameraden sprangen auf und packten ihr Zeug zusammen. Manche machten sich noch aus, wann und ob sie sich am Nachmittag treffen würden. Mit mir wollte sich nie jemand treffen. Aber da konnte ich sie schon verstehen. Schließlich lagen 2 Jahre Altersunterschied zwischen uns, weshalb wir nicht gerade die selben Interessen hatten.

Seufzend machte ich mich auf den Weg nach Hause. Ich schlenderte durch die viel befahrenen Straßen der New Yorker Innenstadt, bis ich an unserer Wohnung ankam.

Ich suchte meinen Schlüssel, schloss auf und quälte mich die vielen Stufen bis ganz nach oben zu unserer schäbigen Wohnung hinauf. Endlich zu hause.

Meine Mum war bis spät Abends immer arbeiten, weshalb ich mich wunderte, dass das Handy meiner Mutter in der Küche lag.

"Mum?", fragte ich in die Stille der Wohnung hinein, doch ich bekam keine Antwort.

Wahrscheinlich hatte sie einfach ihr Handy vergessen. Gedankenverloren machte ich mir einen Tee, mit dem ich mich in mein Zimmer ans Fenster setzte und hinaus schaute. Dort konnte ich ein kleines Mädchen und ihren Vater dabei beobachten, wie sie zusammen spielten.

Sowas hatte ich immer nur mir meiner Mutter gemacht. Ich wollte endlich auch einen Vater, denn ich wusste, dass er noch lebte. Wenigstens das hatte Mum mir erzählt.

Heute hielt ich es nicht mehr aus. Ich stellte die Tasse mit dem Tee auf meinen Schreibtisch und schlich so leise wie möglich in das Schlafzimmer meiner Mutter, obwohl ich wusste, dass sie nicht Zuhause war.

Auf Zehenspitzen ging ich zu der Großen, braunen Truhe, die meine Mom immer als die verbotene Kiste bezeichnet hat. Ich kniete mich davor und klappte den großen Deckel hoch. In dem Deckel war ein Foto von meiner Mutter und einem Jungen geklebt. Damals musste sie vielleicht 15 oder 16 gewesen sein. Sie sahen glücklich aus. Ich nahm mal stark an, dass das mein Vater war.

In der Truhe legen unzählige Zeitungsausschnitte.

'SERIENMÖRDER AUS BROOKLYN GEFASST'

'SPECIAL AGENTS RETTEN NEW YORK VOR MYSTERIÖSEM KILLER'

'TEAM UM SSA AARON HOTCHNER RETTET BEVÖLKERUNG'

'MORD AUFGEKLÄRT'

Es waren hunderte solcher Schlagzeilen, doch eine fiel mir ins Auge:

'SPECIAL AGENT DR. SPENCER REID ANGESCHOSSEN!'

Darunter war ein Bild von einem jungen Mann abgebildet, welcher dem auf dem Foto von dem Deckel der Kiste unglaublich ähnlich sah. Also entweder hatte der Mann einen Zwillingsbruder oder mein Vater war ein Special Agent.

Ich nahm mal dass Variante 1 unwahrscheinlich gewesen wäre. Sofort sprintete ich in die Küche und machte mich ein paar Minuten an Mamas Handy zu schaffen. Und tatsächlich: In ihrer Kontaktliste fand ich seinen Namen. Er stach mir sofort ins Auge:

SPENCER REID

Think like a MurdererWo Geschichten leben. Entdecke jetzt