Kapitel 12

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Am nächsten Morgen stand ich pünktlich am Tor. Herdur tat einfach so, als wäre nichts gewesen und machte ganz normal weiter.

„Sagt mal, was ist mit euch los? Warum redet ihr nicht mehr mit mir?", fragte ich die jungen Elben, als Herdur uns wieder zur Lichtung führte.

„Wir dürfen nicht mehr mit dir reden. Tut mir leid.", sagte Lilra traurig.

„Wer sagt das denn?", fragte ich überrascht.

„Unsere Eltern.", sagte jetzt Delén.

„Sie verbieten euch mit mir zu reden?"

„Ja und uns mit dir zu treffen. Wir sollen uns von dir fernhalten.", sagte Dennon.

„Warum das denn?", fragte ich.

„Na, weil du eine Halbelbin bist.", sagte Rhiwe und ich blieb schockiert stehen. Ich fing mich wieder und folgte ihnen schweigend. Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Jetzt wurde den Kindern schon verboten, sich in meiner Nähe aufzuhalten. Es war schon traurig. Immerhin geschah dass alles nur weil ich eine Halbelbin bin. Sie kannten mich nicht mal. Wer ich eigentlich war interessierte hier nicht. Ich war keine richtige Elbin, also behandelten sie mich schlecht.

„Wir trainieren heute im Nahkampf.", sagte Herdur und riss mich aus meinen Gedanken. Teilt euch in zweier Gruppen auf. Da wir mit mir dreizehn Schüler waren, blieb einer übrig und drei Mal könnt ihr raten wer. Ich natürlich.

Herdur, der das ebenfalls bemerkte deutete neben sich und meinte: „Wir beide bilden ein weiteres Paar." Innerlich stöhnte ich auf, ließ mir jedoch nichts anmerken. Herdur würde nicht gerade zimperlich mit mir sein. Wahrscheinlich werde ich heute Abend lauter blaue Flecken haben.

„Fangt an.", sagte Herdur und bevor ich reagieren konnte, zog er mir schon das Bein weg. Ich landete auf dem Hintern und drehte mich schnell zur Seite weg. Dann stand ich wieder auf und stellte mich Herdur gegenüber. Wie ich erwartet hatte, hielt er sich nicht zurück. Er schlug und trat nach mir und ringte mich immer wieder zu Boden. Aber anstatt mir zu sagen, was ich besser machen konnte, stürzte er sich immer wieder erneut auf mich.

Auch Sauron und Maereth waren keine wirkliche Hilfe. Sauron warf die ganze Zeit nur äußerst hilfreiche Kommentare wie „So wird das aber nichts" oder „Oh, dass sah schmerzhaft aus" ein, während Maereth daneben stand und immer wieder „Du schaffst das! Ich glaub an dich" rief. Beides half nicht wirklich, wobei ich Maereth Kommentare dann doch noch bevorzugte.

Herdur bekam von dem ganzen natürlich nichts mit und warf mich immer wieder zu Boden.

„Wie ich sehe bist du im Nahkampf genauso talentiert wie im Bogenschießen.", sagte Legolas und trat auf die Lichtung, als ich mal wieder vor Herdur am Boden lag. Hatte er etwa schon wieder zugeschaut?

„Mein Prinz.", sagte Herdur und verbeugte sich leicht. Ich stand wieder auf und sah stirnrunzelnd zu Legolas.

„Vielleicht solltest du es mal gegen eines der Kinder versuchen.", sagte dieser jetzt grinsend und deutete auf die anderen, die fleißig weiter übten. Bei ihnen sah das Ganze nur nicht so brutal und schmerzhaft wie bei mir aus.

„Das geht nicht.", sagte ich schnippisch. „Ihre Eltern haben ihnen den Kontakt mit einer Halbelbin verboten."

Legolas sah mit gerunzelter Stirn zu den Kindern, die ihn jetzt auch bemerkt hatten und ihn ehrfürchtig ansahen.

„Das ist auch nicht verwunderlich oder?", meinte Herdur zu mir.

„Da wo ich herkomme behandelt man Fremde nicht so wie hier.", sagte ich genervt.

AmaliaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt