Sirius #6

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Ich biss meine Zähne zusammen und knallte mein Handy auf den Esstisch. Ich würde nicht aufgeben, alleine schon die Genugtuung würde ich ihm nicht gönnen, aber es ärgerte mich. Seine Art, die Selbstverständlichkeit mit der er Menschen verächtlich gegenüber trat. Ich ging vor einem der Küchenschränke in die Knie und durchforstete seinen Inhalt. Nudelpackungen von denen ich gar nicht wissen wollte wie lange sie dort schon standen, Mehl, Zucker... Ich seufzte und meine Kniegelenke knackten, als ich mich wieder aufrichtete. Am Handy blinkte ein Licht schwach rot. Der Akku war beinahe leer, aber ich wählte trotzdem die Nummer. "Hm?" Er klang neutral. Wenigstens einer von uns beiden sollte nicht in der Stimmung sein jemandem gleich in Fetzen zu reißen. "Sev? Kannst vorbeikommen?" Kurzer Schweigen und Klappern im Hintergrund. "Was soll ich mitbringen?" "Sprühsahne und Brownies." "Gut. Bin in zehn Minuten da." Ich legte auf und ließ mich auf mein Bett fallen, dessen altersschwache Federn leise quietschen. Wieso brachte mich dieser Junge so durcheinander?
Als es klingelte lag ich immer noch auf dem Bett und stellte mir diese Frage. Weshalb -weshalb um Himmels Willen tat ich mir diesen Jungen an, der mich nichts als Zeit und Nerven zu kosten schien? Ich stand auf und öffnete die Türe. Sev lächelte nicht, sondern ging wie selbstverständlich die Treppen hoch und ließ die Türe am Kopf von ihnen einladend offen stehen, als sei er und nicht ich hier zu Hause. Manchmal wünschte ich es wäre nicht diese Selbstverständlichkeit zwischen uns. Ich folgte ihm und schloss die Türen. Sev stellte gerade die Sachen ab. "Du solltest hier mal wieder putzen.", sagte er ohne mich anzusehen und hob ein bei meiner kürzlichen Suchaktion herunter gefallenes Buch auf. "Mhm." Ich legte über seine Schulter und entdeckte die Zutaten. "Es gab keine Brownies. Deshalb hab ich Milch, Eier und die Backmischung gekauft." "Danke.", sagte ich abwesend. Vielleicht hätte ich nicht aus einer Eingebung heraus den ersten Mensch anrufen sollen, von dem ich wusste, dass er kommen würde und mir helfen könnte. In Anbetracht zu der Vermutung, die ich zu ihm hatte war es unfair ihm gegenüber. "Also. Was ist vorgefallen?" Er sah mich mit einer hochgezogenen Augenbrauen an. "Wollen wir nicht zuerst die Brownies machen?" Die Muskeln seiner zusammengebissenen Zähne zeichneten sich unter seiner Wange ab. "Nein. Ich will das jetzt wissen. Ich hab auch noch ein Leben neben dir." "Sev... Wenn du etwas vorhattest dann hättest du nicht kommen müssen." Seine Hände lösten die Laschen am oberen Ende der Browniemischungschachtel, ohne mich anzusehen. Er grummelte etwas in sich rein, das klang wie "Das ist ja das Schlimme..." Ich sah ihn irritiert an und lehnte mich mit verschränkten Armen an die Fensterbank. "Also habe ich dich nicht gestört?" Er faltete die Form mit flinken Fingern, während er auf seiner Unterlippe herum kaute. "Hast du nicht." Ich nickte und ließ meinen Blick weiter schweifen. "Wieso bin ich hier?" Jetzt klang er ungeduldig, während er das Pulver in die Schüssel schüttete. "Erinnerst du ich an den Jungen, den ich geküsst habe? Am Freitag." Seine Hand verkrampfte sich, aber er zerknüllte schließlich nur die Packung. "Ja. Wie könnte man ihn auch vergessen?" Ich nickte und beobachtete ihn genau. Es ging ihm nicht gut, aber ich wusste, dass ich im Moment zu egoistisch war, um auf ihn einzugehen. Meine Wange tat weh, als ich mir auf die Innenseite davon biss. "Ich bin über Umwege zu seiner Nummer gekommen und er weigert sich mit mir auszugehen." Er ging vor einem Schrank in die Knie. "Und du bist zu stur das zu akzeptieren.", stellte er fest und tauchte wieder mit einer Flasche Öl oberhalb der Arbeitsfläche auf. "Stimmt." Es wunderte mich manchmal, wie gut er mich einschätzen konnte. "Und ich wollte wissen, was ich tun soll. Ich kann nicht aufgeben, geschweige denn ihn vergessen." Er nickte und schlug ein Ei am Rand der Schüssel auf. "Wenn du das nicht kannst, solltest du dir die Frage stellen wieso." "Ich glaube er macht mich neugierig." Ich drehte meinen Kopf und sah auf die Straße herunter. Eine ungepflegt aussehende, schwarze Katze sonnte sich auf dem Deckel einer Mülltonne. "Und die Mädchen mit denen du sonst flirtest? Du bist doch nicht schwul." Ich zuckte meine Schultern. Die Katze streckte sich und spreizte dabei ihre Zehen. "Sie langweilen mich. Er hat etwas..." "Du bist etwas arrogant." Sie sprang von dem Deckel und stolzierte mit erhobenem Schwanz die Gasse entlang. Ob sich meine Katze wohl mit ihr verstehen würde? Ich wandte Sev wieder meinen Blick zu. Er rührte in der Schüssel herum. "Ich fange mit ihnen nicht immer etwas an, weil ich sie so hübsch finde. Ich spreche sie an, weil ihr Äußeres etwas verspricht. Und..." "Du meinst es verspricht mehr, als die Tatsache, dass sie gut im Bett sind?" Ich seufzte. "Du weißt, dass ich mit keiner geschlafen habe." "Das klingt den anderen gegenüber aber nicht so bescheiden." Ich verdrehte die Augen und sah ihm vermutlich das erste Mal heute tatsächlich ins Gesicht. "Du weißt das doch." Er seufzte. "Ja." Er schob die Form in den Ofen, wobei er leise fluchte, als etwas von dem Teig heraustropfte. Er lehnte sich mir gegenüber an die Arbeitsfläche. "Deine Strategie besteht daraus ihn so lange zu nerven bis er ja sagt?" Er kannte mich wirklich gut. Ich grinste schräg. "Genau." Er nickte langsam und sah an mir vorbei aus dem Fenster. "An sich ist das keine schlechte Idee, solange er dich nicht anzeigt." "Wird er nicht." Eine seiner Augenbrauen wanderte in die Richtung seines Haaransatzes. "Wieso bist du dir da so sicher? Kennt ihr euch schon so gut?" "Er ist nicht der Typ dafür." Er schnaubte leise. "Und du bist nicht der Typ dafür einem wildfremden Jungen nachzurennen. Es gibt immer wieder Überraschungen." Ich war mir nicht sicher, ob er das ernst oder als Scherz meinte, aber ich fragte nicht nach.

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Entschuldigt, dass dieses Kapitel so lange auf sich hat warten lassen und entschuldigt, dass es eigentlich zu kurz ist, aber ich hoffe dennoch dass es gut ist und deshalb euch vielleicht ein wenig entschädigt.

Curiosity and Fortune.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt