Harry
Mit total überhöhter Geschwindigkeit rasten wir durch die Stadt. Louis, der hinter dem Lenkrad des Porsches saß, hielt dieses so fest umklammert, dass das Weiße aus seinen Fingerknöcheln hervortrat. Hochkonzentriert verfolgte er den aufgemotzten, schwarzen Van, den wir unbedingt erreichen mussten, bevor es zu einer Katastrophe kam. Unser Klient schwebte in dieser Sekunde in Lebensgefahr.
„Mach dich bereit, Newbie", knurrte Louis. „Gleich kannst du zeigen, was du gelernt hast."
Mein Puls beschleunigte kurz, als ich seine Worte vernahm. Jetzt wurde es ernst. Ohne einen Ton zu sagen, griff ich nach meiner Maschinenpistole des Herstellers Heckler & Koch, welche die Kurzbezeichnung MP7 führte. Ich liebte sie abgöttisch.
Dieses überaus handliche Arbeitsgerät vereinte nämlich die Vorteile mehrerer Waffentypen. Das Gewicht und die Handhabung einer normalen Maschinenpistole mit der Durchschlagskraft eines Sturmgewehrs. Mit ihren zweiundvierzig Zentimetern Länge und dem geringen Kraftaufwand, den man verwenden musste, um sie zu benutzen, war das Teil auch für das einhändige Feuern und bedingt auch für verdecktes Tragen geeignet.
Letzteres konnten wir uns im Moment sparen, aber auf das einhändige Feuern kam es genau jetzt an. Das Magazin der MP7 war mit vierzig Patronen bestückt, das sollte wohl reichen, um unsere Widersacher zu stoppen.
Aufgrund beruflichen Bestimmungen war es uns nicht gestattet, von einem Schalldämpfer Gebrauch zu machen, sodass unser Einsatz jede Menge Lärm veranstalten würde. Aber dies tat er auch bereits ohne Schießerei. Das ständige Quietschen der Reifen, wenn wir durch eine Kurve droschen, erzeugte von Natur aus eine gewisse Geräuschkulisse, die wohl jeder wahrnahm.
„Ok, Kleiner, wir nähern uns dem Feind. Ich werde versuchen, so nah wie möglich ranzufahren, ohne uns in Gefahr zu bringen. Den Rest musst du dann tun."
Der Rest, wie Louis sich nonchalant ausdrückte, bestand darin, den schwarzen Van unter Beschuss zu nehmen. Dafür eignete sich die MP7 mehr als hervorragend.
„Das werde ich", erwiderte ich knapp und konzentrierte mich vollends auf das bedrohlich wirkende Auto, welches immer näher in mein Blickfeld rückte.
Wenn Louis etwas wirklich gut konnte, dann war das einen Wagen mit halsbrecherischem Tempo durch eine Straße zu prügeln. Manchmal hegte ich den leisen Verdacht, dass er heimlich an illegalen Autorennen teilnahm, um seine Skills diesbezüglich zu verbessern.
Ohne ein Anzeichen von Nervosität malträtierte er weiterhin das Gaspedal und einer Rakete gleich schossen wir in Richtung des Vans. Das war der Augenblick, in welchem ich ins Spiel kam. Meine MP7 in der Hand, lehnte ich mich ein Stück aus dem Fenster, dessen Scheibe bereits heruntergelassen war und nahm den Van ins Visier. Dank dem aufgesetzten Zielfernrohr würde es ein Kinderspiel sein, die Munition in den Bestimmungsort zu jagen, nämlich die Reifen.
Wir mussten die Mafia unbedingt davon abhalten, an den dunkelgrauen Bentley heranzukommen. Dass sie diesem gefährlich nahe waren, sah ich in jener Sekunde. Sie befanden sich kurz davor, das Auto zu rammen und schossen gleichzeitig darauf.
Obwohl das Gefährt als kugelsicher galt, war höchste Gefahr im Verzug. Der Van konnte den Bentley mühelos gegen eine Hausmauer drücken und würde als Sieger hervorgehen. Dann brauchten die Typen, die der Mafia angehörten, nur noch aus dem Auto zu springen und unseren Klienten, sowie Preston einfach abzuknallen.
„Schiiiiiiiiiiiiiiiiiiieß, Harry!", drang Louis' lautes Sprechorgan in meine Ohren.
Eiskalt betätigte ich den Abzug der Waffe, so wie man es mir in der Ausbildung beigebracht hatte. Wir wurden darauf getrimmt, möglichst keine Gefühle hochkommen zu lassen, sobald eine Schießerei im Gange war. Trotzdem katapultierte sich mein Adrenalinspiegel wie von Geisterhand nach oben. Er zwang mich immer weiter zu machen, bis drei von vier Reifen platt waren, obwohl der Fahrer des Vans bereits nach dem zweiten Treffer die Kontrolle über das Auto verlor. Dieses kam von der Fahrbahn ab, wobei es jedoch unglücklicherweise gegen das Heck des Bentleys prallte, welcher dadurch gewaltig ins Schlingern geriet. Hoffentlich behielt Preston die Nerven.
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Black Room
FanfictionDunkel, aufregend und geheimnisvoll. - Sienna, jung und lebenslustig, entschließt sich, die Vorzüge eines sogenannten „Black Room" zu nutzen, in welchem man absolut nichts sieht. Dort trifft sie auf Niall, der ihr Leben binnen weniger Wochen komplet...