38. Cross-Examination

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Niall


Der Tag der Verhandlung; wie lange hatte ich darauf gewartet und nun rückte er in greifbare Nähe. Als Alistair mich in Irland abholte, nahm ich zum allerletzten Mal Abschied von der grünen Insel, die ich vermutlich niemals wiedersehen würde.

Es war bereits dunkel, als wir am späten Abend in London eintrafen. Wie schon zuvor, nächtigten wir beide in der Wohnung, in welcher ich mich nach meinem Unfall ein wenig erholen durfte. Nach wie vor fühlte ich mich hier sicher, was natürlich auch mit Alistairs Anwesenheit in Zusammenhang stand.

Wir gingen früh zu Bett und obwohl mein Körper den Schlaf für eine gewisse Zeit verweigerte, dämmerte ich trotzdem irgendwann in das Reich der Träume hinüber. Die innere Unruhe, von welcher ich befallen wurde, gestattete es jedoch nicht, dass ich länger schlief.

Bereits um sechs Uhr morgens schwang ich mich aus dem Bett, öffnete die Balkontür und trat nach draußen, um eine Zigarette zu rauchen. Hypernervös und mit zerzausten Haaren stand ich dort, meinen Blick auf die Straße gerichtet. Was würde mich heute erwarten?

Gierig an dem Glimmstängel ziehend, bemerkte ich zunächst nicht, dass Alistair nun ebenfalls den Balkon betrat. Seine Stimme ließ mich augenblicklich zusammenfahren.

„Guten Morgen, mein Junge."

„Oh Gott, hast du mich erschreckt! Tu das nie wieder!", brachte ich mit klopfendem Herzen hervor.

„Keine Sorge. Heute stehen wir zum letzten Mal auf diesem Balkon, um eine zu rauchen", erwiderte er lässig und zündete sich im Anschluss eine Zigarette an.

Nachdem er einen tiefen Zug genommen hatte, glitten seine Augen prüfend über mein Gesicht.

„Wie geht es dir? Ich nehme an, du bist nervös."

„Und ob ich das bin", platzte ich heraus. „Ich habe nicht die geringste Ahnung, was mich dort erwartet und ob ich nicht vielleicht im Gerichtssaal erschossen werde. Immerhin gab es solche Vorfälle schon."

„Du schaust dir eindeutig die falschen Filme an", lautete die Antwort meines Ziehvaters.

„Aber solche Dinge sind in der Realität bereits passiert", warf ich hektisch ein.

„Ja, mein Junge. Doch du solltest nicht vergessen, dass der Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. Das wurde von uns so beantragt. Außer den Geschworenen, dem Protokollführer, dem Richter, dem Angeklagten, seinem Verteidiger, sowie deiner und meiner Wenigkeit, darf niemand den Gerichtssaal betreten. Du bist dort sicher."

Ich schluckte kurz, bevor ich noch etwas dazu sagte.

„Und wenn sie mich davor abknallen?"

Das war der Moment, in welchem Alistair vollkommen sarkastisch reagierte.

„Dann hast du eben Pech gehabt."

Deutlich hörte ich seine Ironie heraus und während ich über eine Antwort nachgrübelte, schlug er mir kurz auf die Schulter.

„Du schaffst das, mein Junge. Lass dich nicht verrückt machen. Du wirst unter den größten Sicherheitsvorkehrungen zum Prozess gebracht und auch wieder dort abgeholt."

Seufzend drückte ich den Rest der Zigarette im Aschenbecher aus. Trotz Alistairs Beteuerungen nistete sich ein mulmiges Gefühl in meinem Magen ein.

Während ich unter der Dusche stand, bereitete der laufende Meterfünfzig seine leckeren Rühreier zu, welche ich trotz meiner großen, inneren Anspannung buchstäblich verschlang. Man konnte nie wissen, ob dies vielleicht meine Henkersmahlzeit sein würde.

Black RoomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt