Das Erste, das ich denke, als ich mich aus der endlosen Dunkelheit hervorkämpfe und mit der einschläfernden Geschwindigkeit eines Faultiers die Oberfläche, die die Konsistenz von klebrigem, glitschigem Wackelpudding aufweist, durchstoße, ist: Scheiße, welcher hirnlose Trottel hat mir den Schädel eingeschlagen?Das Zweite, das ich denke, als sich meine Sicht trotz der verbleibenden hämmernden, Übelkeit erregenden Kopfschmerzen lichtet, ist: Scheiße, wo zum Geier bin ich?
Ich schlage ächzend die Decke zurück und richte mich soweit auf, wie ich mir sicher bin, dass mein Kreislauf nicht sofort wieder die Kurve kratzt, und ich nicht wieder mit Rakettenantrieb zurück ins Niemandsland geschossen werde. Mit einem weiteren Ächzen reibe ich mir über das Gesicht, als könnte ich so irgenwie den pochenden Kopfschmerz vertreiben. Mit mittelmäßig großem Erfolg.
Der Raum kommt mir bei nähernder Betrachtung zu meinem großen Glück doch sehr vertraut vor. Ich entdecke rechts von mir vor der Fensterfront meinern großflächigen, aber hoffnungslos zugemüllten Schreibtisch, den mir mein superspendabler Superdaddy damals zum Einzug geschenkt hat. Es verbucht für sich das selbe Schicksal wie das gesamte Mobiliar meines Wohnheimzimmers, an dem ich mich mit keinem einzigen wenigstens potentiell, also rein theoretisch, vielleicht eventuell selbstverdienten Groschen beteiligen musste.
Ich bin sogar so mutig - jawollja! -, und wage mich mit halb zusammengekniffenen Augen, und nichtsdestotrotz einem ziemlich mulmigen Gefühl in der Magengrube, an mir herabzuschauen. In meiner Vorstellung spielen sich eindeutige Szenen von der letzten Nacht ab, zwei erhitzte Körper, die sich nur noch rein von ihrem triebgesteuerten Instinkt leiten lassen. Vom Alkohol benebelt, der das beiderseitige Verlangen ins Unermessliche schießen lässt, und sich die Vernunft angetrieben von köstlicher Sensationsgier einverleibt. Ich kann sie vor meinem inneren Auge umeinander herumtänzeln sehen, hingebungsvoll wie die Tänzer in Schwanensee, zwei ineinanderverwobene, eng umschlungene Körper, die sich wie aufgescheuchte Hühner wild in den Laken wälzen.
Und obwohl ich schon das Schlimmste erwarte, und mir heiß und kalt zugleich wird, und ein Beben durch meinen Körper geht, werde ich letzten Endes doch von meiner eigenen Erwartung enttäuscht. Ich stoße die sekundenlang angehaltene Luft in einem Atemzug geräuschvoll aus.
Nein, Stella, halt, one Step back, du hast etwas übersehen!
Die Irritation kehrt blitzartig wieder zurück und überrollt mich wie eine Flutwelle, und auch das Gedankenkarussell in meinem Kopf dreht sich wieder. Ich hebe die Bettdecke noch einmal an, werfe einen zweiten Blick darunter und erstarre. Ich bin angezogen, doch trage ich über meiner Unterwäsche lediglich ein dünnes Trägerhemdchen, nicht gerade etwas, was ich mir für die Nacht selbst ausgesucht hätte. Aber nicht, weil diese Kleiderwahl für Anfang März bei den noch verhältnismäßig kühlen Außentemperaturen für den vernunftbegabten Menschen eindeutig zu luftig gewesen wäre - no way, für mich trifft das leider wahrlich weniger zu, ich trage meist nur Unterwäsche oder weniger, weil ich erstens zu faul bin, mich aus- und wieder anzuziehen, und zweitens weil jedes Mal, wenn meine entblößte Haut mit der kühlen Bettdecke in Berührung kommt, ein faszinierend berauschendes, elektrisierendes Kribbeln über meinen Körper wandert, I love it.
Mein Fazit lautet daher, dass mich irgendwer meiner Straßenkleidung entledigt und sich dann die Mühe gemacht haben muss, mir das Hemdchen überzuziehen. Ich war nicht allein, nicht die ganze letzte Nacht zumindest - ich hatte Gesellschaft, absolut. Also werden wohl der identitätslose Fremde oder ich mir selbst im alkoholisierten Dämmerzustand den dünnen Stoff übergestreift haben, nachdem das passiert ist, von dem ich nicht weiß, was genau es war, das passiert sein könnte, zumindest wenn denn überhaupt irgendetwas passiert ist, das in irgendeiner Weise erwähnenswert wäre.
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Blackshattered ▪ H.S. #everlight2k20
Fanfiction❝Wir waren wie der zerstörerische Romeo und die gebrochene Julia, wie der todgeweihte Jack und die zu Tode betrübte Rose. Wie wir es auch drehten und wendeten, unsere Geschichte konnte niemals ein gutes Ende nehmen.❝ Stella und Harry, zwei Wege...