Ich lasse mich im Schneidersitz auf mein Bett fallen, lenke meinen Blick auf Hobbs, der gerade die Tür hinter sich schließt. "Das ist deine Schuld, du hast ihm an dem Abend auf der Party gesagt, wo ich wohne!"
"Das passt zu dir, du fackelst nicht lange, kommst direkt zur Sache", meint Hobbs augenverdrehend, und leistet mir auf meinem Bett Gesellschaft.
"Lenk nicht vom Thema ab", beschwere ich mich.
"Wieso nicht?", will Hobbs wissen. Um seine Mundwinkel spielt ein unschuldiges Lächeln, die Art Lächeln, die ein Dreijähriger für sich perfektioniert hat, um seiner Mutter ein Bonbon zu entlocken. Die Art von Lächeln, die Frauen in den Zwanzigern nicht ernst nehmen, mich eingeschlossen.
"Ist das eine ernst gemeinte Frage, auf die ich wirklich eine Antwort geben soll?"
"Vielleicht."
Nun bin ich an der Reihe, die Augen zu verdrehen und ihm gegen die Schulter zu boxen. "Lass den Scheiß, kommen wir zurück zum Thema. Ich muss die Scheiße, die du verzapft hast, jetzt schließlich ausbaden."
"Was heißt hier 'Scheiße verzapft'?" Hobbs fährt sich durch die Haare, die heute noch wilder und ungezähmter von seinem Kopf abstehen, so als hätte er nicht nur ein Mal die Steckdose mit der Tür verwechselt. "Was ist denn vorgefallen, außer dass der Typ es gewagt hat, ungefragt bei dir auf der Matte zu stehen?" Auf seine Lippen legt sich ein anzügliches Grinsen. "Oder hat er dich etwa unanständig berührt?"
"Hä?", stoße ich hervor, und spüre wie mir eine unangenehme Hitze ins Gesicht schießt. Mir bleibt keine Möglichkeit mehr, rechtzeitig etwas gegen die Röte zu unternehmen, die meine Wangen unweigerlich einfärbt. "Nein, natürlich nicht. Wie kommst du auf den Unsinn?!"
"Nur so", entgegnet Hobbs schulterzuckend, und zwinkert mir sichtlich amused zu. "Aber kein Grund gleich so rot anzulaufen wie eine Tomate, Sweetheart."
Ich wende mich ab, fische wütend mein Tagebuch aus der obersten Schublade meines Nachttisches. Ich ziehe das Buch heraus, das seinen ursprünglichen Zweck eingebüßt hat, dessen ehemaliger Glanz verblasst ist. Ich habe kein Tagebuch mehr. Es ist Geschichte, das Ex-Tagebuch, vollgeschriebene Seiten mit meinen Gedanken, mit meinen niedergeschriebenen Gefühlen, jedoch beschmutzt durch seine neugierigen Blicke, die begierig über die Zeilen geflogen sind, seine schmutzigen Finger, die an den Seiten entlanggefahren sind, die neugierig immer weitergeblättert haben, seine Worte, die meine Gedanken verhöhnen.
Dank ihnen beiden hat dieses Buch für mich seine Bedeutung verloren. Dank Harry, dank Hobbs. Denn indirekt trägt auch letzterer unleugbar an diesem unglücklichen Umstand Mitschuld.
"Willst du bestreiten, dass er mich erst nach Hause bringen konnte, weil du ihm gesagt hast, wo ich wohne, und willst du auch leugnen, dass er nur deswegen mein Tagebuch mitgehen lassen konnte, weil du ihm gesagt hast, wo ich wohne, und dass du mich nicht nach Hause gebracht hast, obwohl es doch deine selbst auferlegte Aufgabe gewesen ist? So wie du es versprochen hast. Auf mich aufzupassen. Deine Worte, erinnerst du dich?"
Hobbs macht auf einmal einen etwas zerknirschten Eindruck. Er stemmt sich hoch, sieht mich eindringlich mit einem langen Blick über die Schulter an. "Ich weiß, ich habe gesagt, ich fühle mich für dich verantwortlich, und das tue ich nach wie vor. Und dazu hätte sicher auch gehört, dass ich ein Auge auf dich habe. Ich habe es verbockt. Das tut mir leid."
Ich bin im ersten Augenblick regelrecht sprachlos, denn mit einer Entschuldigung habe ich nicht gerechnet, mir ist nicht in den Sinn gekommen, dass er einlenkt, dass er Einsicht zeigt. Und doch hat er mir entgegen meiner Erwartung das Gegenteil bewiesen.
Er hat mich außer Gefecht gesetzt, zumindest für diesen einen Augenblick. Denn im nächsten sprudelt wieder ein weiterer Wortschwall aus meinem Mund, den ich mir nicht verkneifen kann - aber ich hätte es wohl auch nicht versucht, wieso auch?
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Blackshattered ▪ H.S. #everlight2k20
Fanfiction❝Wir waren wie der zerstörerische Romeo und die gebrochene Julia, wie der todgeweihte Jack und die zu Tode betrübte Rose. Wie wir es auch drehten und wendeten, unsere Geschichte konnte niemals ein gutes Ende nehmen.❝ Stella und Harry, zwei Wege...