Ich führe mir den inzwischen gefühlt hundertsten Shot an die Lippen, und so langsam aber sicher zeigt der Alkohol in meinem Blut seine Wirkung. Von dem Kerl, an dessen Namen ich mich nicht mehr erinnern kann, oder will, aber ich schätze im Prinzip bleibt das Resultat in beiden Fällen unverändert, fehlt auch weiterhin jede Spur.
Ich würde sagen, Sau gehabt, dennoch, ich habe oft am eigenen Leib erfahren müssen, wie sich meine Situation noch um 180 Grad gedreht hat, nur weil ich voreilig den Tag vor dem Abend gelobt habe. Ob ich abergläubig bin, wie wo, ich glaube bloß an Beweise, an unwiderlegbare Fakten, und es war nun einmal in allen Fällen Fakt, dass irgendetwas ganz unsäglich schief gelaufen ist, nachdem ich mich zuvor jedes Mal ausgelassen an meinem vermeintlich unsäglichen Glück erfreut habe.
Apropos, da fällt mir ein, von Hobbs habe ich auch schon lange nichts mehr gehört, und gesehen. Aber ich vermute, er wird sicher genau dort sein, wo geplant - in irgendeiner schattigen Ecke sein Zeug an die Leute bringend. Während er seiner selbstauferlegten Verantwortung für meine Wenigkeit nicht nachkommt, obwohl er das doch zunächst so groß angekündigt hat.
Eigentlich hätte er schon längst an meine Vernunft appellieren müssen, anstatt sich zu verdünnisieren, und mich mit hochprozentigem Alkohol und einem Haufen kleingeistiger Chaoten zurückzulassen.
Mir bleibt also schlichtweg keine andere Wahl, als mich hoffnungslos zu betrinken, sofern ich beabsichtige den Abend den Umständen entsprechend mehr oder minder unbeschadet zu überstehen. Und das ohne mich ebenso hoffnungslos langweilen zu müssen, wie wenn ich allein nachts draußen auf dem Campusgelände mein Unwesen treibe.
Irgendwann in den nächsten paar Minuten beschließe ich spontan, das Tanzbein zu schwingen. Wieso und weshalb ist mir selbst ein Rätsel. Aber ich meine, wenn ich schon einmal dazu verdammt bin, an diesem Ort zu sein, darf ich mir zumindest auch ebenso wie alle anderen Anwesenden das Recht herausnehmen, mir ein wenig Spaß zu gönnen. Wenigstens ein klitzekleines bisschen.
Der Aufstehensakt präsentiert sich zwar doch unerwartet als eine ziemlich wacklige und mühselige Angelegenheit, aber ich schaffe es schließlich irgendwie, das Hindernis 'Treppe' mehr oder minder erfolgreich zu meistern. Ich wundere mich zwar noch über meinen beachtlichen Alkoholpegel, da ich nicht unbedingt das Gefühl habe, so viel getrunken zu haben, dass sich mein Koordinationsvermögen zwischenzeitlich mit Pauken und Trompeten verabschiedet hat, but whatever.
Ich schüttle darüber gerade noch verwundert den Kopf, ehe ich mich mit Gebrüll ins feierwütige Getümmel stürze - nein, ohne Gebrüll, ich kann mit gutem Gewissen von mir behaupten, doch noch gerade so zu wissen, wie ich mich zu benehmen habe, um mich nicht bis auf alle Ewigkeiten nie wieder auf die offene Straße trauen zu können. Zumindest nicht, ohne mir eine Papiertüte über den Kopf zu stülpen.
Aus den Boxen drängen auch schon die ersten verheißungsvollen Auswüchse eines bekannteren Oldskool Hip Hop Tracks, der auch mir relativ geläufig ist, oh Wunder. Meine Stimmung hebt sich augenblicklich, und eine mir normalerweise unbekannte starke Macht ergreift von mir Besitz. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals derartig tanzwild, geschweigedenn jemals ein großartiger Verfechter dieses Musikgenres gewesen zu sein. Doch jetzt gerade genau in diesem Moment, verspüre ich eine wildbrodelnde Lust in mir aufkeimen, so richtig die Sau rauszulassen. Und dafür scheint mir - wenigstens gerade - kein anderer Beat besser geeignet zu sein als dieser.
Ich möchte dennoch nicht ausschließen, dass mein Alkoholpegel nicht eine wesentliche Mitschuld daran trägt, dass ich meine Prinzipien so mir nichts dir nichts einfach über Bord werfe. Bliebe schlussendlich nur die Frage zu klären, welche Prinzipien das auch immer sein sollen, denn ich habe nicht den blassesten Schimmer, weil ich in meinem Leben noch nie einem festen Plan gefolgt bin, mir noch nie selbst Regeln auferlegt habe, an die ich mich hätte halten können. Ich bin schon immer eher der Freigeist gewesen, der sich nicht einschränken lässt. Immer die, die mit Vorliebe gegen auferlegte Vorschriften verstoßen hat. Also wenigstens mit meiner ausgeprägten Vorstellungskraft, denn ich habe in der unbeschönigten Wirklichkeit immer getan, was man von mir verlangt hat, ohne Widerrede, ohne wenn und aber, ohne die Vorschriften zu hinterfragen, weil ich es nicht anders gewohnt gewesen bin.
![](https://img.wattpad.com/cover/65571849-288-k278872.jpg)
DU LIEST GERADE
Blackshattered ▪ H.S. #everlight2k20
Fanfiction❝Wir waren wie der zerstörerische Romeo und die gebrochene Julia, wie der todgeweihte Jack und die zu Tode betrübte Rose. Wie wir es auch drehten und wendeten, unsere Geschichte konnte niemals ein gutes Ende nehmen.❝ Stella und Harry, zwei Wege...