Kapitel 15

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„Ich sage sechs", gab Anna fachkundig ihre Wette ab.

„Fünf", sagte Danielle und notierte die Zahlen auf ihrem GC.

Ich konnte unmöglich nachvollziehen, dass die zwei wirklich dachten, wir würden so viele Städte innerhalb so weniger Stunden schaffen. Es war mittlerweile schon drei Uhr Nachmittags, früher war keiner von uns aus dem Training rausgekommen und Belle fehlte immer noch. Der Dienstag war schneller vorbeigegangen, als ich gedacht hatte, vor allem da wir das Ende des Trainingsjahres erreichten und der Prüfungsball leider nicht das einzige Fach war, in dem wir getestet wurden.

„Nicht mehr als drei", sagte ich. „Ihr müsste bedenken, dass die Läden um 9 schließen."

Doch Danielle schüttelte nur lächelnd den Kopf.

„Dann hast du Glück, dass wir die verschiedenen Zeitzonen mit eingeplant haben", sagte Anna mit einem Verweis auf ihren peinlich genauen Zeitplan.

„Ihr seid wahnsinnig", sagte ich lachend.

„Ja", stimmte Danielle mir zu. „Wahnsinnig genial."

In dem Moment stieß nun auch Belle zu uns:

„Na? Sind wir bereit?"

„So gut wie", antwortete Anna. ,,Du musst nur noch deinen Tipp abgeben wie viele der 10 Städte wir schaffen?"

Belle überlegte.

„Neun" sagte sie mutig und Danielle und Anna stimmten anerkennend zu.

Belustig zog ich meine Jacke an.

„Na dann lasst uns mal loslegen. Belle, du hast dir ja hohe Ziele gesetzt."

„Wie viel hat sie getippt?", fragte meine beste Freundin nun Danielle.

„Drei", antwortete diese mit missbilligendem Blick.

„Pfeife", konstatierte Belle nüchtern und ich verdrehte die Augen. „Sie wird uns schon noch kennen lernen", ergänzte das dunkelblonde Mädchen und wir legten los.

-

Der erste Stopp war- wie hätte es auch anders sein können- Paris. Obwohl die Touristenbusse eine magische Anziehungskraft auf mich auszuüben schienen, ließ ich mich von meinen Freundinnen mitziehen, die zielstrebig begannen, die Viertel zu durchkämmen. Keiner von uns hatte sich wirklich Mühe gegeben, einen unauffälligen Schutzkörper auszusuchen. Wenn man schon durch die ganze Welt jettete, dann konnte das auch Stil haben, wie Danielle am Vortag schon so triftig entschieden hatte. Während die Mädels mit den Basic Sommerklamotten anfingen, hatte ich fast schon mehr Spaß die Gedanken der vorbeilaufenden Mädchen und jungen Männer zu lesen. Ich war nie auffällig hübsch oder beliebt gewesen, und es gefiel mir, dass wir von fast jedem Mädchen in unserem Alter für eine Gruppe von Models gehalten wurden. Nicht dass Anna und Belle sich zurückgehalten hätten. Dominant und selbstbewusst benutzten sie die schmalen Gehwege Paris als Laufsteg und waren sich auch nicht zu fein, hier und da ein Lächeln an den ein oder anderen Jungen zu entsenden. Die eigentliche Wette hätte sein können, wem am meisten hinterhergepfiffen wurde.

In Anbetracht der Tatsache, dass das hier unsere erste Stadt war und auch nicht gerade die billigste, kaufte nur Belle etwas: einen eleganten Longue-Strickpulli (der perfekt zu ihrem Stil: ,,eine Mischung aus Brit-Schick und Pariser Lässigkeit" wie sie es nannte, passen würde) und auch Danielle fand zum Schluss noch einen teuer aussehenden Satin Rock, der aber umgerechnet jedoch nur knappe 20$ kostete. Auch wenn uns von unseren Mentoren nur ein gewisse Summe an Geld für Lebensmittel, hin und wieder ein Kinobesuch oder ein Konzertticket bereitgestellt wurde (letztendlich bekamen wir von der Sphäre sonst alles gestellt), - wurde jedoch, was Kleidung anging, unser Budget gelegentlich aufgestockt. (So wie gestern, als Belle vor Jack wie beiläufig erwähnte, wir würden heute Nachmittag shoppen gehen und sie und ich hätten nicht genügend Geld)

Engelsflügel Du kannst Dein Schicksal nicht verändernWo Geschichten leben. Entdecke jetzt