Kapitel 18

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Die anschließenden drei Wochen waren allerdings nicht so spaßig. Meine Prüfungen waren zwar entspannter als ich erwartet hatte. Aber Allie hatte aus Gründen, die sie mir nicht verraten hatte, ziemlich wenig Zeit für mich, meine Freunde rannten nur von Kurs zu Prüfung und von Prüfung zu Kurs, und so war ich die meiste Zeit alleine und hatte ungewöhnlich viel Zeit zum Lernen.

Infolgedessen schnitt ich ungewöhnlich gut in den meisten Fächern ab, was im Grunde zwar eine gute Sache war, aber ich hatte mich so daran gewöhnt, dauerhaft von meinen Freunden umgeben zu sein, dass ich mir richtig einsam vorkam. Es führte sogar so weit, dass ich schließlich mit meinen Trainingsschülern Essen ging, was zwar lustig war, mir aber auch ein bisschen armselig vorkam.

Selbst am Abend vor dem Prüfungsball hatte kein Mensch (naja Engel) Zeit für mich, da die meisten todmüde ins Bett gefallen waren. (Ich war mir ziemlich sicher, dass Belle in den drei Prüfungswochen knappe zwei Mal geschlafen hatte.)

Also legte ich mein traumhaftes Cocktailkleid für den Prüfungsball schon einmal bereit, räumte zur Abwechslung mal mein Zimmer auf und beschloss die Nacht mit einem Filmmarathon durchzumachen. Ich dachte mir, dass ich vor dem Prüfungsball wohl kaum noch ordentlich einschlafen werden würde, und für die zehn Minuten Schlaf würde es sich dann auch nicht lohnen. Mit zufriedener Miene verstaute ich meine Schulbücher in einer Box unter meinem Schreibtisch, wohl wissend, dass ich sie für die nächsten 3 Monate nicht benutzen würde. Dann schnappte ich mir meine Decke und meinen GC und versank in meiner Lieblingsserie.

Fünf Castle Episoden später erhob ich mich wieder vom Sofa und zog mich um. Unsere Trainingskoordinatoren waren wahrscheinlich die einzigen Mentoren auf der ganzen Welt, die der Meinung waren, dass man an einem sonst freien Tag, an dem eine Prüfung und einen anschließenden Abschlussball des Semesters stattfand, am Morgen noch Sport ansetzen musste.

Missmutig flog ich hoch in den Sportbereich.

Die Stimmung in der Umkleide war allerdings elektrisiert. Alle außer mir waren ausgeschlafen, hoch motiviert, die letzte Trainingswoche endlich hinter sich zu bringen und in die Sommerpause zu gehen. Letzteres würde wahrscheinlich auch das Thema Nummer eins der nächsten Woche sein, da war ich mir sicher, aber jetzt ging es nur um eine Sache: der Prüfungsball. Auch wenn der eigentliche Prüfungsstoff nicht mein Problem war, steckten mich die anderen schnell mit ihrer Nervosität an.

„Was ist, wenn ich einfach niemanden herausfinde?", fragte Danielle besorgt.

„Ach Quatsch", versuchte Belle sie zu beruhigen.

„Uns drei hast du auf jeden Fall", stellte ich fest und Danielle nickte nachdenklich.

„Es ist einfacher als man denkt", versprach Anna, die sogar noch später als ich zu uns stoß. Wie ein Wirbelwind stürmte sie durch den Raum, um sich so schnell wie möglich umzuziehen.

„Wo warst du denn?", lachte ich.

„Hab verpennt", sie verzog das Gesicht.

Der Vorteil, wenn man Training über einen Bildschirm hatte, war, dass keiner kontrollierte, ob man mitmachte oder nicht, und so entwickelte sich das Cardiotraining schnell zu einem wilden letzten Tipps- und Sorgenaustausch. Vielen ging es wie Danielle, dass es ihnen sehr schwer fiel, einzuschätzen wer hinter einem Schutzkörper steckte. Was ich sehr gut nachvollziehen konnte. Die Stimme war ein sehr guter Indiz, womit man wohl seine engsten Trainingspartner relativ schnell identifizieren konnte, aber diese musste man auch erstmal ansprechen und um aus mehr als 200 Jungengeln die richtigen Leute anzuquatschen, brauchte es mehr Können als Glück. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich ohne meine Gabe auf höchstens sieben Jungengel gekommen wäre. Aber da ich als ziemlich gut eingeschätzt wurde, hatte ich beschlossen, den Prüfungsball werten zu lassen. Ich würde es nicht übertreiben, aber eine geschenkte gute Note wollte ich nicht unbedingt einfach sausen lassen.

Engelsflügel Du kannst Dein Schicksal nicht verändernWo Geschichten leben. Entdecke jetzt