"Also... Das war der Grund warum sie so anders war? Die ganze Zeit hält sie eines dieser Wesen hier im Einkaufszentrum gefangen und wir wissen es nicht?"
"Bitte Aiden.", murmelte Marylin.
Ich wollte etwas dazu sagen, doch ich konnte nicht. Ich saß einfach da, eingewickelt in eine alte dreckige Decke, den Kopf nach unten gesenkt, in Tobys Armen und umklammerte meine Knie.
Es schwiegen eigentlich alle. Niemand wollte etwas sagen. Alle hatten zu große Angst etwas zu sagen, außer natürlich Aiden.
"Das ist doch scheiße. Jetzt mal ehrlich, sie hätte jeder Zeit dieses Ding auf uns los lassen können, so irre wie sie war."
"Aiden!", brüllte Toby plötzlich.
"Was, hab ich dich jetzt verletzt? Es stimmt doch, sie ist total durchgedreht, weil du nicht auf ihren Freund aufpassen konntest. Und dann knutscht sie auch noch mitten in der Nacht mit dir rum. Wahnsinn."
Ich spürte, dass Toby bei der Erwähnung des Kusses zusammen zuckte. Zitternd zog ich meine Knie noch näher an mich heran und rückte ein Stück von ihm weg. Und plötzlich starrte er mich völlig erschrocken an.
"Melina.", er öffnete vorsichtig den Mund. Es war wie ein Lufthauch. Man konnte meinen Namen kaum hören.
"Es tut..", wollte er ansetzen, doch statt mir seine Entschuldigung anzuhören, stand ich plötzlich fest entschlossen auf, dabei streifte ich die Decke ab, schmiss sie in die andere Ecke des Raumes und tat das was schon längst fällig war.
Ich ging wackelig ein paar Schritte auf Aiden zu, holte aus und verpasste ihm eine Ohrfeige.
Dann begann ich zu schreien, mir war so egal, dass mich jeder hören konnte, dass eventuell Beißer davon angelockt werden konnten, und geigte Aiden meine Meinung.
"Was glaubst du eigentlich wer du bist? Du meinst dir ein Urteil über jemanden zu bilden, der längst tot ist. Verstehst du? Sie ist tot! Tot! Tot! Tot!"
Immer wieder wiederholte ich dieses eine Wort.
"Du verstehst absolut nicht, dass wir hier in einer Ausnahmesituation sind. Menschen sterben jeden Tag. Jeden! Es ist dir scheiß egal, dass es uns allen sowieso schon scheiße geht. Du musst immer einen oben drauf setzen. Du bist so ein Arschloch, wieso überleben solche Menschen wie du eigentlich? Du verstehst überhaupt nichts von Liebe. Du verstehst gar nichts."
Ich hatte Tränen in den Augen.
Fast wollte ich erneut zu einer Ohrfeige ansetzen, doch ich ließ meine Hand sinken.
"Wieso, verschwende ich überhaupt meine Zeit damit dir etwas erklären zu wollen, das du sowieso nicht verstehst."
Danach drehte ich meinen Kopf zur Tür und ging aus dem Raum raus.
Ich spürte, dass Toby schnell aufstand und mir folgte. Alle anderen waren zu baff um etwas zu sagen oder zu machen.
An ein Geländer gelehnt ließ ich meinen Blick durch das Einkaufszentrum schweifen. Überall eingestürzte Wände, Türen die aus den Angeln gerissen waren. Mittlerweile hatte sich sogar eine grüne Kletterpflanze einen Weg durchs Dach geschaffen und wuchs fröhlich an den Trümmern herunter.
Ich hörte Schritte, doch ich drehte mich nicht um.
"Es ist so traurig.", murmelte ich benommen und drehte mich langsam zu Toby um.
Er kam auf mich zu, ich legte meine Arme um seinen Hals und wiegte mich im Takt einer Melodie, die mal mein Lieblingslied gewesen war.
"Was tanzt du da?"
Ich schüttelte nur den Kopf und legte meinen Kopf auf seine Brust.
"Du bist mir nicht böse wegen Harper?"
"Ach quatsch. Erst war ich es, beziehungsweise war ich eher enttäuscht, sehr sogar. Aber nach dem was ich gelesen hab..."
Ich hob meinen Kopf und schaute in seine Augen. Er hatte so wunderschöne Augen, ich wünschte ich hätte die Zeit dafür mich in ihnen zu verlieren, doch die Zeit verging, jeden einzelnen Tag kämpfen wir ums Überleben.
Vorsichtig öffnete ich meinen Mund und legte meine Lippen auf seine.
Doch ehe ich mich komplett auf den Kuss einlassen konnte, hörten wir ein Stöhnen aus der unteren Etage.
Sofort waren wir alamiert und schreckten auseinander.
Ich lehnte mich eilig über eines der Geländer und schaute runter.
Ein Beißer kam gerade aus der Bäckerei im unteren Stockwerk.
"Hattet ihr den Bereich nicht gesäubert?"
"Eigentlich schon..."
"Nun, wir sollten weiterziehen."
Ohne Toby noch einmal einen Blick zu schenken, ging ich an ihm vorbei und zurück zu den anderen.
"Leute. Wir haben grade einen Beißer in einem gesäuberten Bereich gesehen. Wir wissen nicht ob es der einzige war oder ob vielleicht noch mehr nach kommen."
Aiden wollte schon den Mund öffnen, doch Marylin warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu.
"Und das heißt?", unterbach mich Luke.
"Wir müssen weiter."
"Ich mag Städte sowieso nicht.", kam plötzlich von Toby der hinter mir herein gekommen war.
Ich nickte verwirrt und fragte: "Irgendwelche Vorschläge? Wir brauchen ein Ziel."
"Wir könnten mal nach einem Bauernhof suchen, ich kann euch zwar nicht viel helfen..", sagte Luke bedrückt, "dennoch wäre ein Bauernhof ideal um Tiere zu züchten und Gemüse anzupflanzen."
Toby und ich nickten einstimmig.
"Das klingt doch mal nach einem Plan!", rief Tobys Vater zufrieden.Ehrlich gesagt, hatte ich ihn schon fast vergessen, da er nie etwas sagte. Toby meinte, dass sein Vater ziemlich deprimiert war, seit seine Schwester gestorben war.
Klar, wer würde schon glücklich darüber sein, dass die eigene Tochter tot war?
Dennoch, ich freute mich, dass er, zumindest im Augenblick, glücklich wirkte.
Um so mehr freute ich mich, dass wir endlich wieder ein Ziel hatten.
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Dead Diary
Terror"Ich schreibe dieses Tagebuch nur weil ich der Welt danach mitteilen will was für ein schrecklicher Ort das hier war." - Sie ist noch eine junge Schülerin, kurz vor dem Abitur. Doch die Zombie Apokalypse bringt ihre Welt völlig durcheinander. Sie is...