Kapitel 7:

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Wir hatten uns auf den Weg gemacht. Zielstrebig liefen wir die Straße entlang bis zu der Stelle, an der sich die Straße teilte. Der Feldweg in Richtung Centralia und der schmale Wanderweg, der geradewegs in den Wald hinein führte. "Meinst du echt, dass es so gut ist so spät in der Nacht alleine in den Wald rein zu gehen?", Nika klang etwas besorgt. Ein Schmunzeln umringte meinen Mund. "Sag bloß, du hast Schiss?", ich musste mich zusammenreißen, um nicht zu lachen. "Nein! Ich doch nicht, aber...!", das "aber" betonte Nika immer sehr stark. "Aber, was wäre, wenn irgendwelche wilden Tiere unseren Weg streifen?", jetzt klang sie ängstlich, das konnte sie nun nicht mehr abstreiten. "Mensch, Nika! Das war früher nie so, seit ich Nachts den Wald wieder betrete war es nicht so, also wird es auch jetzt nicht so sein, vertrau mir doch!" Mag sein, dass mir dieser Satz vielleicht mit einem vorwurfsvollen Unterton heraus gerutscht war, aber ich war einfach zu ungeduldig in diesem Moment. "Na gut... Du weißt, dass ich dir vertraue... Aber ich schwöre es dir, wenn ich ein gefährliches Tier sehe und wir heil aus der Sache raus kommen, dann bekommst du Schläge, darauf kannst du Gift nehmen!", sie schnaubte durch die Nase, so wie sie es immer tat, wenn sie versuchte mir zu... nennen wir es drohen. Allerdings konnte ich sie dabei nie ernst nehmen, sie sah einfach zu niedlich dabei aus! "Okay! Dann ab damit.", ein zufriedener Gesichtsausdruck lag auf mir.

Zugegeben, ich hatte mich selbst schon ewig nicht mehr tiefer in den Wald hinein getraut. Das Weiteste war bis jetzt der große Baum, den ich so liebte. Nach einem Stück Fußweg, erkannte ich das Dickicht, durch welches man hindurch musste, um den Baum zu erreichen.

Ich konnte meinen Herzschlag deutlich spüren. Ich war aufgeregt, sehr sogar! Ich blieb kurzerhand stehen. "Hey, lass uns noch etwas weiter rein, ich war da schon so lange nicht mehr!", Nika musterte mein schiefes Grinsen. "Und du bist dir sicher, dass wir dann auch zurück finden?", musterte diese mich skeptisch. "Natürlich! Nur weil ich schon lange nicht mehr da war, heißt das nicht, dass ich mich nicht mehr auskenne!" Mein eigentlich leises Lachen warf ein leises Echo mit sich. Nika seufzte geschlagen.

Ich meinte mich noch erinnern zu können, dass irgendwo auf dem Weg, dem wir jetzt folgten, eine kleine Brücke über einen Bach führte und irgendwo dahinter führte eine kleine steinerne Treppe nach unten, auf eine begehbare, sehr hohe Steinwand. Zumindest sah es vor circa 15 Jahren, wenn ich mich richtig erinnerte, so aus. Wie es jetzt aussah wusste ich nicht, aber das würde ich ja bald. Zufrieden lächelte ich vor mich hin. Nika folgte mir unsicher, was mich wunderte, denn sie liebte Abenteuer. "Annika, was ist los, du bist doch sonst nicht so ängstlich..." Mit jedem weiteren Wort, dass meine Lippen verließ, wurde meine Aussprache langsamer. Der Grund dafür war folgender: Wir waren gerade bei der kleinen Brücke angekommen, zwar war es schön zu wissen, dass diese noch genau so war wie Früher, doch was hinter dieser Brücke zu sehen war, war unfassbar!

"Siehst du das auch, oder träume ich?!" Nika sah mich mit großen Augen an. "Also entweder sehe ich es auch, oder wir träumen beide!" Gab ich leise von mir. Am anderen ende der Brücke saßen zwei weiße Füchse, deren gold leuchtenden Augen uns erschrocken ansahen. Ich sah zu Nika und flüsterte ihr zu: "Beweg' dich nicht, sonst erschrecken sie sich vielleicht!" Die Tiere sahen sehr anmutig aus, wenn auch etwas beängstigend. Vermutlich lag das an den goldenen Augen, die ein bedrohliches Funkeln ausstrahlten. Mehr als ein leises "WOW" brachte Annika nicht raus. Wir standen still, um die beiden Füchse nicht zu erschrecken. Einer der beiden legte die Ohren an, drehte sich um und rannte davon. Nur wenige Sekunden vergingen, bis der andere auch kehrt machte und zusammen mit dem größeren Fuchs davon rauschte. "Alter!" Über diese Ausdrucksweise von Nika musste ich lachen und als ich mich wieder gefangen hatte, erwiderte ich ein: "Alles klar.", und schmunzelte. Ich sah in die Richtung, in welche die beiden Füchse hin verschwunden waren und lächelte sanft. "Ich habe wirklich noch nie so unfassbar schöne Tiere gesehen!" Nika nickte. "Dito! Die Augen! Einfach nur... WOW!", ich hatte sie schon länger nicht mehr so von etwas schwärmen gehört. "Lass uns weiter gehen. Wir können ja dieselbe Richtung einschlagen? Vielleicht sehen wir noch mehr Füchse!" Annika war begeistert und ihre Augen funkelten voller Aufregung. "Ich weiß nicht..:", meinte ich zweifelnd. "Ich glaube, ich kenne mich dort gar nicht aus..." Meine Stimme klang unsicher, denn um ehrlich zu sein, hatte ich ein bisschen Angst mich zu verlaufen, vor allem, weil Loveday von unserem kleinen nächtlichen Ausflug ja gar nichts wusste. Sie wäre sicherlich nicht begeistert, wenn sie davon erfuhr. "Ach komm schon, wenn schon, denn schon! Außerdem hab ich ja eine Taschenlampe im Handy und genügend Akku." Ich überlegte. "Nun ja... ein Stück weit wird schon gehen. Nur wir sollten wieder zurück finden!", meinte ich skeptisch. Nika schüttelte ihren Kopf heftig auf und ab. "Natürlich! Das schaffen wir schon!", sie grinste siegessicher.

Wir gingen weiter, die Brücke klang beim Betreten ziemlich morsch und mir wurde etwas unwohl dabei. Anschließend bogen wir nach links ab, in die Richtung die ich nicht kannte. Nika lief voraus und ich lief dicht hinter ihr. Nach nicht einmal zweihundert Metern endete der Weg an einem Abhang. Nika seufzte schwer. "Man... hat sich ja gar nicht gelohnt!", enttäuscht senkte sie den Kopf und blickte den Abhang hinunter. "Scheiße, ist das tief!", murmelte sie leise. Ich trat zögerlich einen Schritt zurück. Es war mir peinlich zuzugeben, aber ja, ich hatte Höhenangst. Jedes mal, wenn ich in einen ach so kleinen Abgrund sah, wurde mir schwindelig und ich hatte das Gefühl zu fallen. Dieser Abgrund war allerdings nicht klein... Nika hatte recht, scheiße war das tief!

Mir wurde, wie immer, schwindelig, als ich nach unten sah. Ich wandte den Blich ab, doch es war zu spät... Das Gefühl, runter zu fallen, machte sich in meiner Magengegend breit, meine Beine knickten weg und ich rutschte ab...

Einen Moment lang konnte ich meine Handlungen nicht mehr kontrollieren, ich krallte mich aus Reflex an eine der Wurzeln, die aus dem Fels ragten, fest. In mir machte sich blanke Panik breit. Die Angst, abzustürzen und in den sicheren Tod zu fallen, war so präsent und so real.

Ich wollte nicht sterben... Nicht jetzt und auch noch nicht in naher Zukunft.

"Lettie!!", hörte ich Nikas entsetztes Schreien. Doch komischerweise, kam ich nicht auf die Idee nach Annika zu schreien. Zwar kam mir ein Name über die Lippen, doch es war nicht der Ihre. Was ich rief, war "Robyn!" Ich schnappte nach Luft und rief: "Annika, such Robyn, bitte!", es war mehr ein verzweifelter Befehl, als eine Bitte.

"Scheiße man, wo soll ich den denn jetzt bitte finden?!", wimmerte die entsetzte Nika. "Hallo?!", schrie sie verzweifelt in den Wald. "Kann mich irgend jemand hören?!" Krampfhaft versuchte ich mich an die zu reißen drohende Wurzel zu klammern. "Hilf mir... Bitte!", jammerte ich leise und nur schwer hörbar.

"Bitte Robyn... Irgendwer! Ich will nicht sterben!", eine Träne der Verzweiflung rollte über meine Wange.

Die Straße zum MondWo Geschichten leben. Entdecke jetzt