Nervös lief ich in meinem Zimmer auf und ab. Robyn kam sonst nie zu spät, doch ausgerechnet jetzt, war er schon fast fünfzehn Minuten über der Zeit. Zugegeben, er hatte auf meine letzte Nachricht nicht mehr geantwortet. Vielleicht hatte er sie auch gar nicht mehr gelesen. Ich lief immer wieder vom einen Fenster zum anderen und langsam wurde mir kalt, da beide offen standen.
Nachdem weitere zwanzig Minuten vergangen waren, gab ich die Hoffnung auf. Ich hatte es verbockt! Mit einem schweren Seufzer lies ich mich rücklings auf mein Bett fallen und rollte mich in meiner Decke ein. Immer und immer wieder verfolgte mich Annas Satz in meinem Kopf. "Lass dein Herz sprechen hat sie gesagt... Wenn das dumme Ding nur so leicht zu verstehen wäre.", murmelte ich vor mich hin. Entnervt und grummelnd drehte ich mich um, drückte mein Gesicht in mein Kopfkissen und schimpfte leise fluchend vor mich hin.
"Führst du jetzt schon Selbstgespräche?" Diese Stimme lies mich mit einem Ruck hochschrecken und schon saß ich kerzengerade da. Ich musterte die Gestalt vor mir, natürlich hatte ich ihn schon an der Stimme erkannt. Seine Haare waren verzottelt und standen in alle Richtungen ab. "Du bist zu spät.", murmelte ich nur trotzig. Dafür erntete ich nur einen verständnislosen Blick. "Entschuldige.", gab ich kleinlaut von mir und fuhr mir durch die Haare. Ich lief wieder wie von einer Tarantel gestochen in meinem Zimmer auf und ab. "Warum sollte ich her kommen?", Robyn sah mich mit versteinerter Miene an, was mich noch wahnsinniger machte. Ich raufte mir erneut durch die Haare und als ich gerade wieder in die andere Richtung laufen wollte, fing Robyn mich ab, indem er seinen Arm um meinem Bauch schlang, und zurück zog. "Du machst mich noch wahnsinnig, wenn du weiterhin so sinnlos durch dein Zimmer tigerst!" Bei seinem scharfen Tonfall zuckte ich leicht zusammen und wich einen Schritt nach hinten. Sein Blick durchbohrte mich schier. "Ich wollte mich nochmal bei dir entschuldigen..." Ich sprach so leise, dass ich mich selbst kaum verstehen konnte. Das lag vermutlich daran, dass ich versuchte die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Was war ich auch so ein sensibler Mensch, schnauzte ich mich selbst in Gedanken an.
Robyn pustete langsam die Luft aus. "Das war schon gut so. Es wäre nicht richtig." Sein Tonfall erinnerte mich an den Robyn, den ich vor einigen Wochen noch, nicht ausstehen konnte. Ich biss die Zähne zusammen, um nichts gehässiges zu sagen. "Dann ist gut.", antwortete ich mindestens genauso kühl. Ich schätze, es wird nun nicht mehr, wie es war, dachte ich. Die Unbeschwertheit, wenn wir Zeit verbrachten würde nun nicht mehr existieren. Robyn schnaubte verächtlich durch die Nase. "Ihr Frauen macht einem doch nur Probleme." Ich starrte ihn mit offenem Mund an. "Wie soll ich das jetzt bitte verstehen?", giftete ich ihn an. Doch im selben Moment seufzte ich sehr tief und rieb mir mit meinem Handrücken die Stirn. "Ich glaube, du solltest jetzt besser gehen.", sagte ich, mit einer unglaublichen Autorität, wie ich sie von mir nicht kannte. Ich stellte mich kerzengerade und mit erhobenem Kopf vor ihn. Er schien zu verdattert, um irgendetwas antworten zu können. "Geh!" Ich hoffte inständig, dass meine Stimme stand hielt, denn am liebsten hätte ich ihn angeschrien. "Wie ihr wünscht, eure Majestät." Die letzten Worte spukte er abwertend und sarkastisch aus. Dann drehte er sich um und schwang sich aus dem geöffneten Fenster.
Ich rannte durch dem Raum, konnte die Fenster nicht schnell genug zuschlagen. Ich schlug meine Hände über dem Kopf zusammen und ein wimmernder Laut verließ meine Lippen. Ich hatte nicht gleich bemerkt, dass mir die Tränen nun über die Wange liefen. "Dieser Mistkerl!", fluchte ich, aber in gedämpften Tonfall, denn man wusste nie, wer durch die Wände mithören konnte. Erneut begann ich unruhig quer durch den Raum zu tigern, versuchte meine Gedanken zu ordnen.
Jetzt war ich an dem Punkt, an dem mir alles zu viel wurde. Die Informatoinen der letzten Wochen, dieses Zimmer, dieses Haus, dieser Ort. Es schien alles über mir einzustürzen und versuchte mich, wie ein Monster, mit in die Tiefe zu reißen. Ich schluchzte lautlos vor mich hin, ich fühlte mich so hilflos. Es gab niemandem, dem ich mich mit dieser Sache anvertrauen konnte. Ich fasste einen Entschluss: Ich musste hier raus, die Wände würden mich ansonsten erdrücken. Schnell zog ich mir einen dünnen Kittel über, steckte mein Handy in die Jackentasche und griff in den Stoffbeutel, in dem sich immer noch die Sektflasche befand.