Völlig in Gedanken versunken, sah ich zum Mond hinauf und überlegte, was ich nun mit meinem Leben anfangen sollte. Ich hatte die Hoffnung nun schon komplett aufgegeben und ich konnte nicht richtig damit umgehen. Mein Ziel war es, diese Tortur zu überstehen, um Meredia von ihrem Fluch zu befreien. Ich wollte diesem unschuldigen Wesen helfen, weil ich sie liebte, und hatte alles auf mich genommen. Doch alles war umsonst gewesen, da ich Meredia nicht gefunden hatte. Bald würde der Blutmond vorbei sein und alle Chancen vertan. Nach einer gewissen Zeit spürte ich, wie ich beobachtet wurde und suchte nach der Ursache. Ich erkannte ein Mädchen, die unwirklich im roten Licht auf der Lichtung stand. Kurz blinzelte ich und erkannte Meredia. Ich stand vom Gras auf, klopfte kurz den Dreck von meiner Hose, was so gut wie nichts brachte und fragte vorsichtig: "Meredia? Bist du's wirklich?"
Langsam ging ich auf sie zu und hörte wie ihre, mir so lieb gewonnene, Stimme meinen Namen nannte. Ich konnte meine Enttäuschung nicht verbergen und fragte sie, warum sie weggelaufen war. Alles in mir schrie, sie einfach zu umarmen und zu küssen, doch meine Enttäuschung und meine Angst vor ihrer dunklen Seite hielten mich zurück.
"Ich dachte, du wolltest mich umbringen. Ich dachte, du könntest niemals jemanden wie mich lieben. Eine Mörderin.", meinte Meredia vorsichtig und beobachte mich. Irgendetwas hat sie verändert, früher hätte sie nicht so reagiert. Ihr wäre es egal, wer nach ihrem Leben trachtet, sie hätte einfach weiter gemacht und mich notfalls getötet, wenn ich ihr Leben bedroht hätte. Doch jetzt stand sie vor mir und zeigte Gefühle. Gefühle von Angst und Selbstzweifel. Was war mit ihr los?
Doch mich kümmerte dies erst einmal nicht und ich versuchte ihre Einstellung mir gegenüber zu ändern. Auch wenn ich es vielleicht nicht schaffen konnte, sie zu retten, wollte ich, dass sie wusste, dass ich ihr von meinem Herzen aus vertraute. Wäre bloß mein Verstand nicht, der die ganze Zeit schrie, dass ich wegrennen sollte um zu überleben.
"Oh, Meredia. Alles was ich sagte, war ernst gemeint. Ich habe mich für dich auf die Suche nach einem Heilmittel gemacht. Ich will dir helfen, doch du musst dir auch helfen lassen.", meinte ich es ernst und versuchte meinen Entschluss zu erklären.
Kurz war sie ruhig und ich musterte ihr Gesicht. Zum ersten Mal sah ich ehrliche Gefühle aus ihren Augen sprechen. Vorher ist es mir nicht so sehr aufgefallen, doch ihr Lächeln oder andere Gefühle haben nie ihre Augen erreicht. Doch jetzt sah ich Zweifel aufkommen. Wird sie mir vertrauen? Noch ist der Blutmond noch nicht vorbei...noch könnte ich ihr helfen...doch sie muss mir vertrauen...anders wird es nicht gehen..., dachte ich und ließ ihr Zeit zu überlegen. Langsam keimte meine Hoffnung wieder auf, doch ich hatte Angst, dass diese wieder zunichte gemacht wird, wenn sie einfach wieder ging. Doch nach einer, für mich langen und unerträglichen, Zeit nickte sie leicht. Vorsichtig holte ich die Phiole aus meiner Jackentasche und erklärte ihr: "Das sind Tränen des Phönixes. Sie haben eine heilende Wirkung und werden dich von dem Fluch befreien, der auf dir lastet. Du musst sie nur trinken."
Plötzlich kamen in mir Zweifel auf, was wäre wenn die Hexe mich angelogen hatte oder wenn die Heilung der Tod wäre, doch ich unterdrückte diese Gedanken und reichte ihr die Phiole. Sie sah noch einmal in eine Richtung und ich folgte ihrem Blick. Doch nichts war zu sehen, ich sah nur die Bäume, die unheimlich im roten Licht schimmerten. Kurz dachte ich, dass sie wieder abhauen wollte und versteifte mich. Doch sie wendete den Blick wieder ab, setzte die Phiole an die Lippen und trank die Tränen. Ich hielt den Atem an und wartete bis etwas mit Meredia passierte. Doch die Zeit verstrich und der Blutmond verlor seine rötliche Färbung. Als der Mond gänzlich weiß wurde, traf mich die Erkenntnis. Die Tränen hatten keine Wirkung bei ihr. Alles war umsonst.
"Das verstehe ich nicht!", rief ich aufgebracht und raufte mir die Haare. "Ich habe doch alles gemacht was sie gesagt haben! Warum passiert denn nichts?"
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Die kleine Meerjungfrau - einmal anders
FantasyTief unten im Meer lebte die kleine Meerjungfrau als Jüngste von den sechs Töchtern des Meerkönigs. Sie war schon immer anders als ihre Schwestern gewesen, sie hatte nicht so langes goldenes Haar wie sie und auch ihr Fischschwanz war nicht so glänze...