Bruchtal, Aufklärungsunterricht und Wundversorgung

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Mein Blick wanderte über die hügelige Landschaft und suchte die Felsen ab. Von allen Seiten kamen Orks. Wir waren umzingelt. Die Situation war aussichtslos. Ich wollte nicht in Panik verfallen, doch in dem Moment dachte ich wirklich wir würden alle sterben. Wo war Gandalf? Wieso hatte er uns zurückgelassen? Ich hatte ihn eigentlich nicht als egoistisch eingeschätzt... vielmehr aufopferungsvoll. „So täuscht man sich in Leuten! Wärst du nicht von zu Hause fortgegangen, wäre das alles nicht passiert!", sagte mein innerer Beutlin besserwisserisch und selbstzufrieden. Vermutlich war es ein schlechtes Zeichen, dass meine innere Stimme in Emotionen sprach, doch es war an sich verrückt genug eine innere Stimme zu haben. Die Orks kamen immer näher und auf jedem ihrer hässlichen Gesichter war das gleiche fiese Lächeln zu erkennen. Sie waren Mord- und Blutdurstig. Die Zwerge um mich herum hatten ihre Waffen gezogen. Vielleicht sollte ich das auch tun... Ich zog mit zitternden Händen mein Schwert aus meinem Gürtel und hielt es vor mich. Thorin warf mir einen stirnrunzelnden Blick zu, der verächtlich wurde, als er bemerkte, dass ich seinen Blick bemerkt hatte. „Halt dich besser im Hintergrund", raunte er mir zu und wandte sich ab. Ich biss mir wütend auf die Zunge. So ein... arroganter Mistkerl! „Haltet stand!", rief Thorin den anderen zu und wir bildeten einen Kreis, wobei Thorin dafür sorgte, dass ich in die Mitte gedrängt wurde. Kili schoss Pfeile auf die Orks ab, die zu nahe kamen, doch sein Vorrat an Pfeilen ging zur Neige. Ori hatte das Problem nicht, da er mit einer Steinschleuder arbeitete und hier genug kleine Steine als Munition herumlagen. Kleine Steine richteten allerdings keinen großen Schaden an. Ich schluckte. Die Orks rückten bedrohlich näher. Wo war Radagast? Hatten sie ihn bekommen und gefressen? Ich schauderte. Ich wollte nicht gefressen werden. Ich umklammerte mein Schwert fester. „Hier herüber ihr Narren!", brüllte eine Stimme. Wir wandten uns um. Ein Stück von uns entfernt stand Gandalf an einem Felsen. „Schnell!", rief Thorin und rannte uns voran zu Gandalf. Der Felsen, an dem er stand war der Eingang zu einer Art Höhle. Ein sandige und teils steinige Rampe führte nach unten. Thorin scheuchte uns alle nach unten und wartet bis wirklich jeder an ihm vorbei war. Bombur, der direkt hinter mir war schubste mich versehentlich und ich schlitterte die Rampe hinunter. Ich spürte wie die Haut an meinen Knien und Armen aufriss. Fluchend kam ich zum Stoppen. Bofur half mir auf. „Alles okay Kleiner?", fragte er. Ich nickte und winkte ab. Meine Knie und mein linker Arm brannten höllisch. „Kili!", rief Thorin, der noch immer oben stand. Fili erstarrte und sah mit vor Angst geweiteten Augen nach oben. Im nächsten Moment schlitterte Kili zu uns hinunter, dicht gefolgt von Thorin. Fili atmete erleichtert aus. Doch als sein Bruder sich neben ihn stellen wollte, wandte er sich ruckartig ab und gesellte sich zu Bifur und Gloin. Thorin sah nach oben, sein Schwert kampfbereit vor sich. Die Orks hatten gesehen, dass wir hier hineingesprungen waren. Wir waren leichte Beute. Was hat sich Gandalf dabei gedacht?! Plötzlich ertönten ein Horn und lautes Hufgetrappel. Ich starrte angestrengt nach oben, konnte jedoch nichts sehen. Ich sprang erschrocken zurück, als ein Ork die Rampe hinunter rollte und vor unseren Füßen liegen blieb. Ich stieß mir dabei den Ellbogen an der Felswand. Der Ork rührte sich nicht. In seinem Hals steckte ein Pfeil. Thorin beugte sich hinab, zog den Pfeil heraus, betrachtet ihn kurz und murmelte: „Elben!". Gandalf sah zufälligerweise in dem Moment weg, in dem Thorin in böse anfunkelte. „Thorin, hier hinten ist ein Weg. Sollen wir ihm folgen?", fragte Dwalin. Thorin nickte. Dwalin lief voran und wir anderen folgten. Bei dem „Weg" handelte es sich um einen schmalen Durchgang, der immer schmaler wurde. Ich hatte echte Bedenken ob Bombur es durchschaffen oder ob er feststecken bleiben würde. Dazu kam noch, dass der Gang sich ins Unendliche zog. Meine Knie brannten und auch mein linker Ellbogen erinnerte mich durch schmerzhaftes Pochen an meinen Sturz. Dass ich zwischendurch über meine eigenen Füße stolperte und der Länge nach hinflog tat mir auch nicht besonders gut. Kili und Bofur halfen mir auf und einer von beiden packte mich immer, wenn ich wieder ins Wanken geriet. Nach gefühlten Stunden rief Dwalin von vorn, dass er das Ende sehe. Ich war so erleichtert als wir den Gang verließen, dass ich mich am liebsten dem nächstbesten Zwerg an den Hals geworfen hätte. Da mir jedoch Thorin am nächsten stand ließ ich das. Ich litt eigentlich nicht wirklich Klaustrophobie, doch der Gang war verdammt eng gewesen! Ich atmete die frische Luft und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Als ich sie wieder öffnete sah ich mich um und betrachtete die Umgebung. Wir standen auf einem Felsvorsprung und hatten eine perfekte Aussicht auf eine Stadt, die direkt vor uns lag. Mir klappte der Mund auf. „Imladris", sagte Gandalf bedeutungsschwer und tauchte an meiner Seite auf. „Bekannt ist es jedoch auch unter einem anderen Namen", fuhr er fort. Ich lächelte. „Bruchtal", murmelte ich und konnte meine Begeisterung nur schwer unterdrücken. Thorin stiefelte auf Gandalf zu und sah wütend zu ihm auf. „Das hattest du von Anfang an geplant!", knurrte er. Gandalf zuckte mit den Schultern. „Uns zu unseren Feinden zu führen!", beschwerte sich Thorin und er klang wirklich außer sich. „Der einzige Groll dem man hier begegnet ist der den man selbst hegt!", entgegnete Gandalf gelassen. „Wir haben eine Karte, die wir nicht lesen können und ich weiß, dass die Elben uns helfen können sie zu entschlüsseln", fuhr er fort. „Dafür benötigen wir jedoch eine Menge Fein- und Taktgefühl. Deswegen wirst du das reden mir überlassen", fügte er hinzu. Thorin grummelte nur, sagte jedoch nichts weiter.

Der Hobbit - der Meisterdieb und der König unter dem BergeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt