Die Prophezeiung

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Die Krisenbesprechung war der blanke Horror. Thorin starrte mich die ganze Zeit wütend an, weigerte sich jedoch auch nur das Wort an mich zu richten. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass auch Fili und Kili mich böse anstarrten. Fili, weil ich den Vorschlag gemacht hatte, dass er Legolas ausnutzen sollte und Kili, weil er die ganze Geschichte von Fili erfahren hatte und jetzt auch sauer auf mich war. Hinzu kamen dann noch die Zwerge, wie Gloin und Nori, die es mir noch nicht verziehen hatten, dass ich sie bestohlen hatte. Der einzige kleine Lichtblick war, dass Dwalin sich meinen Ratschlag offensichtlich zu Herzen genommen hatte, immerhin suchte er die Nähe von Ori, dem das ziemlich zu gefallen schien. „Wir sollten versuchen mit dem Bürgermeister der Stadt zu sprechen. Wenn wir ihn überzeugen können, dass wir in guten Absichten kommen, dann stattet er uns vielleicht mit Proviant aus", schlug Balin gerade vor. „Gute Idee", meinte Thorin. "Dann hätten wir nicht erst unbemerkt in die Stadt kommen brauchen... na gut, ich denke jeder weiß, dass wir hier sind, aber wir könnten einfach weiterziehen und die Leute würden uns vergessen!", sagte Dori. „Dori hat Recht", sagte ich und spürte sofort Thorins Blick auf mir. Innerlich zuckte ich zusammen und machte mich ganz klein, doch äußerlich versuchte ich gelassen zu wirken. „Wir wollten eigentlich keine Aufmerksamkeit auf uns lenken. Außerdem würde das Besprechen mit dem Bürgermeister und darauf folgende Diskussionen nur Zeit rauben", fuhr ich fort. „Aber wir brauchen Proviant und zwar mehr als uns dieser seltsame Mann bieten kann!", sagte Gloin. Ich seufzte: „Er heißt Bard. Und ich bin sicher er wird ausreichend auftreiben können. Wir sollten es inzwischen gewohnt sein mit wenig auszukommen!". „Ich sage wir reden mit dem Bürgermeister!", sagte Thorin entschlossen und sein Tonfall ließ keinen Widerspruch zu. Das war so klar... Vermutlich wollte er gar nicht mit dem Bürgermeister reden, sondern nur das Gegenteil von dem machen, was ich für richtig hielt. „Bild dir bloß nichts ein! Vielleicht denkt er wirklich, dass es besser ist mit dem Bürgermeister zu reden. Eventuell ist es genau das, was Balin versucht hat dir zu sagen... dass Thorin ohne dich bessere Entscheidungen trifft", sagte mein innerer Beutlin. Autsch. Wie sehr ich diese innere Stimme doch hasste! „Was wenn er sich weigert uns zu helfen?", fragte Balin. „Dann können wir immer noch auf diesen Bard zurückkommen", meinte Thorin. „Du hast aber schon bedacht, dass Bard uns dann vielleicht nicht mehr helfen will? Er ist ganz offensichtlich nicht der beste Freund des Bürgermeisters und sollten wir mit eben diesem sprechen, könnte er das als eine Art Verrat oder so betrachten und sich weigern uns zu helfen", warf ich ein. Thorins Augen verengten sich zu schlitzen. „Wie wäre es, wenn Ihr nur etwas beitragt, wenn man euch darum bittet, Hobbit?", fragte er verächtlich. Das tat wirklich weh. Und war gemein! Ich schluckte und sagte nichts mehr. Fili stieß ein ungläubiges Geräusch aus und ich bemerkte, dass er verwirrt zwischen mir und Thorin hin und her sah. Ich vermied jeglichen Blickkontakt mit Thorin, wandte mich ab und wollte schon gehen, als Thorin wieder anfing zu sprechen: „Wo willst du hin? Wir sind noch nicht fertig!". Ich drehte mich zurück. „Ich schon...", wisperte ich und konnte das Zittern und den verletzten Tonfall nicht unterdrücken. Ich spürte wie mir schon wieder Tränen in die Augen traten und ich ging rasch davon. Ich wusste nicht wohin, doch ich wollte einfach nur weg. Ich hielt es keine Sekunde länger in Thorins Nähe aus. Meine Sicht war komplett verschwommen als ich Bards Haus verließ und mein Herz schlug schmerzhaft gegen meine Rippen. Ich konnte Thorin nicht einmal die Schuld an meinem Zustand geben, die trug ich allein. Warum musste ich auch anfangen zu heulen und kein vernünftiges Wort mehr rausbekommen?! „Thorin hätte nicht so überreagieren müssen", meinte mein innerer Beutlin. „Doch, er hatte jedes Recht dazu!", sagte ich mit gebrochener Stimme. Ich lief durch die Seestadt und stellte fest, dass die ganze Stadt wirklich abartig nach Fisch und Fäkalien stank. An einem Fass, welches auf einer der Stegstraßen stand, ließ ich mich nieder und versuchte tief durchzuatmen. Immerhin werde ich jetzt kein Problem damit haben nach der Rückeroberung des Erebors nach Hause zu gehen, dachte ich bitter. Vielleicht war es besser so...

Der Hobbit - der Meisterdieb und der König unter dem BergeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt