Fluchtpläne

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„Was ist passiert? Und sag mal, hast du geweint?", fragte Fili. Ich wischte mir mit einer Hand übers Gesicht und spürte, dass meine Wangen tatsächlich nass waren. „Du musst mit mir mitkommen", sagte ich hastig, ohne auf seine Fragen einzugehen. „Bitte was? Warum? Und vor allem wie?", fragte Fili verwirrt. Ich holte tief Luft: „Die anderen Zwerge sitzen in Gefängniszellen, während du dich hier oben vergnügst. Dein Bruder denkt du wärst tot oder wirst gefoltert und dein Onkel... ähm... will, dass ich einen Weg hier rausfinde. Das schaffe ich jedoch nicht allein, ich brauche Hilfe, da ich nervlich irgendwie am Ende bin und gar nichts auf die Reihe kriege! Thorin ist aus, mir nicht ganz verständlichen Gründen sauer auf mich und die anderen Verlassen sich darauf, dass ich sie rette. Ich zähle jetzt auf dich!". Fili starrte mich mit gerunzelter Stirn an. „Warte... Kili denkt ich wäre tot? Und Thorin ist sauer auf dich, aber wieso?", fragte er verwirrt. „Das sagte ich doch, ich habe keine Ahnung! Erst wollte er es mir auf dem Boden einer dreckigen Zelle besorgen und dann schreit er mich an, ich sei das Letzte", sagte ich und raufte mir die Haare. Fili verzog das Gesicht. „Bäh, zu viel Information. Das wollte ich gar nicht wissen!", sagte er hastig. Ich errötete und verdrehte dann die Augen. „Es ist nichts passiert, dein Onkel war total anständig", meinte ich abwesend. „Das glaube ich eher weniger, wenn er dich angeschrien hat", sagte Fili. Ich seufzte. „Was ist passiert? Erzähl mir alles, vielleicht versteh ich dann das Problem. Ähm... aber lass die versauten Stellen bitte weg", sagte Fili. Ich schlug ihm gegen den Oberarm. „Es gibt keine versauten Stellen und wenn, dann würde ich nicht mit dir darüber reden! Du bist schließlich Thorins Neffe. Du musst nicht alles über deinen Onkel wissen", sagte ich. Dann begann ich zu erzählen. Wie ich den Zwergen etwas zu Essen gebracht hatte, bis hin zu dem höchst unfreundlichen Rauswurf aus der Zelle. Fili schlug sich die Hände vors Gesicht und begann zu lachen. „Was ist so witzig?!", fragte ich perplex. Er wurde schlagartig ernst. „Was ist das für ein Ring? Darf ich ihn sehen?", entgegnete Fili zu meiner Überraschung. „Nein!", rief ich. Fili zuckte erschrocken zusammen. Plötzlich wurde die Badtür aufgerissen. Blitzschnell streifte ich den Ring über und starrte in Legolas Gesicht. „Mit wem redest du?", fragte er Fili. Dieser sah zuerst ihn an, dann zu der Stelle, an der ich stand. Seine Augen weiteten sich. „Ich... rede... mit niemandem", stammelte Fili. Legolas hob eine Augenbraue. „Wieso höre ich dann die ganze Zeit Stimmen aus dem Bad?", fragte er. Fili errötete. „Nun... weil du sie dir eingebildet hast. Das passiert manchmal, zum Beispiel wenn man glücklich ist und sehr euphorisch, dann bildet man sich Sachen ein", sagte Fili. „Woher weißt du, dass ich glücklich bin?", fragte Legolas. „Intuition", meinte Fili grinsend. „Ich lass dich dann mal wieder allein, komm zu mir wenn du... wenn du hier fertig bist", sagte Legolas und verließ das Bad. Ich zog den Ring ab. Fili zuckte erschrocken zusammen. „Wie machst du das? Kannst du zaubern?", fragte er leise. „Nein, nicht wirklich", antwortete ich mit gedämpfter Stimme. Fili überlegte fieberhaft. „Legolas wird bald zum Essen gehen, dann haben wir Zeit zum Reden. Warte hier einfach auf mich", sagte er hastig und verließ ebenfalls das Badezimmer. Ich setzte mich in eine Ecke.

Es kam mir vor, als vergingen Stunden. Ich musste mit Fili sprechen. Er wusste offenbar, was Thorins Problem war... und fand es witzig. „Es gibt viel Dringlicheres als Thorin. Fili hat gesehen wie du unsichtbar wurdest! Er wird wissen wollen wie das geht!", sagte mein innerer Beutlin. Gut, dann zeige ich ihm den Ring. „Nein! Es ist unser! Unser allein!", schrie mich mein innerer Beutlin an. Es machte mir Angst, doch er hatte Recht. Wieso sollte ich irgendjemandem den Ring zeigen? Er gehörte mir. Ich hatte ihn gefunden, beziehungsweise gestohlen. Das ging niemanden etwas an. Es war meiner! „Genau. Er kam zu uns", pflichtete mein innerer Beutlin mir bei. Verwirrt schüttelte ich den Kopf. In meinen Schläfen pochte es. Es ist nur ein Ring. Dachte ich immer wieder und versuchte die wahnsinnig klingende Stimme meines inneren Beutlins zu übertönen. Ich bekam Angst. Ich musste den Ring loswerden. Mein Verhalten kam mir bekannt vor. Ich hatte es bei einem anderen Geschöpf gesehen, nur in noch ausgeprägter und schlimmerer Version. Gollum hatte mit sich selbst gesprochen. Mit sich und dem Ring. Aber ich bin nicht Gollum! Ich zog den Ring aus meiner Tasche und wollte ihn wegwerfen oder einfach hier lassen. Ich wollte nie wieder... „Tu es nicht! Das ist unser Schatz!", sagte mein innerer Beutlin. Ich betrachtete das goldene Schmuckstück in meiner Hand. Es wäre viel zu schade es hier zu lassen. Vielleicht fände Legolas es und dann... nein, das konnte ich nicht zulassen. Ich hatte den Ring gestohlen, jetzt behielt ich ihn auch!

Der Hobbit - der Meisterdieb und der König unter dem BergeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt