#006

29 4 0
                                    

Ich hatte den Schultag dann irgendwann doch hinter mich gebracht und freute mich darauf, um vier Uhr dann endlich nach Hause zu können um mir einen entspannten Nachmittag zu gönnen. Denn immerhin waren meine Eltern beide nicht zu Hause und ich hatte sturmfrei, was wirklich nicht oft der Fall war. Aber schon nachdem ich gerade mal 20 Meter meines Nachhausewegs hinter mich gebracht hat, wurde mein innerer Frieden auch schon gestört.

Neben mir hielt ein schwarzer BMW aus dessen heruntergefahrenem Fenster ein Arm baumelte. "Hey Kleine, willst du nicht mit fahren?" Ich sah meinen neuen Nachbar an und setzte ein gespieltes Lächeln auf: "Nein, danke. Da geh ich doch lieber zu Fuß." "Ach komm. Stell dich doch nicht so an", versuchte Mr Ich-will-dir-meinen-Namen-nicht-verraten mich zu überreden, doch dieses Mal ließ es mich kalt. Ich hatte mir vorgenommen ihn zu ignorieren und mich so gut es ging von ihm fernzuhalten, also zog ich das jetzt auch wirklich durch.

Ich bewunderte mich selbst dafür, dass ich es schaffte meine Fassung zu bewahren. "Nein, bei dem schönem Wetter geh ich gerne zu Fuß." Während ich den Gehweg entlang weiterlief, fuhr das Auto langsam neben mir her. Dann hörte ich noch ein "Oke", woraufhin das Auto kurz darauf am Straßenrand parkte und er ausstieg. "Dann geh ich aber mit dir." Ich verdrehte die Augen und fragte ihn genervt, ob das denn wirklich sein müsse. Irgendwie hatte ich im Moment wirklich keinen Nerv für diesen Typen und das obwohl ich gerade noch der entspannteste Mensch auf dieser Welt gewesen war.

Wir liefen eine Weile stumm nebeneinander her, bis er schließlich diese wundervolle Stille unterbrach. "Warum bist du denn jetzt so zickig zu mir? Heute Morgen hast du mich noch angebettelt mit mir fahren zu dürfen." Ich sah ihn empört an. "Ich hab dich ganz bestimmt nicht angebettelt! Du warst nur ein Mittel zum Zweck. Wenn ich nicht so spät dran gewesen wäre, wäre ich niemals mit dir gefahren." "Soso, du hast mich also nur ausgenutzt?", fragte er mich amüsiert und gespielt gekränkt. "Möchtest du dich dann nicht wenigstens bei mir bedanken oder so?" "Wenn ich wüsste, bei wem ich mich bedanken würde, würde ich das vielleicht auch tun!", spuckte ich ihm vor die Fuße. Er schien es aber eher lustig zu finden, dass ich mich so aufregte. "Was macht es denn für einen Unterschied, ob du weißt, wie ich heiße oder nicht? ich wäre dann doch immernoch genau die gleiche Person wie vorher", sagte er in einem ruhigem Ton.

Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte, also sagte ich einfach nichts, bevor ich etwas Peinliches sagte. Irgendwie hatte er ja schon Recht. Ich tat so, als hätte ich keine Ahnung, wer er eigentlich war, und nannte ihn in meinen Gedanken 'Mr Unbekannt' oder so, aber es würde eigentlich gar nichts daran ändern, wie gut ich ihn kannte, wenn ich seinen Namen wissen würde. Allerdings wollte ich ihm nicht die Genugtuung geben, dass er ja Recht damit hätte, dass ich mich unnötig aufregte, also fragte ich stattdessen: "Und warum sagst du mir dann nicht einfach deinen Namen?" Er fing wie blöd an zu grinsen: "Warum? Damit du in deinem Tagebuch von mir schwärmen kannst oder weil du mich googlen willst?"

Okay, es bestand echt keine Möglichkeit mit diesem Jungen eine einigermaßen normale Konversation zu führen, in der er mich nicht in 90% davon mal nicht aufzog oder wenigstens mal nicht ironisch ist. Also beschloss ich es einfach aufzugeben. "Warum hast du so große Angst vor Unbekanntem?", fragte er mich nachdenklich. Es überraschte mich echt, dass er das gerade komplett ernst meinte. Vielleicht bestand für ihn ja doch noch Hoffnung. "Ich hab keine Angst vor dem Unbekannten", erwiderte ich emotionslos. "Ach Ivy, sei doch mal ehrlich. Du hast bestimmt schon dein ganzes Leben durchgeplant und was weiß ich nicht noch alles. Und wenn es dann einmal nicht so läuft, wie du es willst, ärgerst du dich total und kommst nicht damit klar."

Ich öffnete den Mund, um irgendetwas Schnippisches zu erwidern, denn das wollte ich ganz sicher nicht auf mir sitzen lassen! Aber mir fiel ehrlich gesagt nicht ein, was ich sagen sollte. Irgendwo hatte er ja schon Recht, aber so war ich nunmal. Er legte einen Arm um meine Schulter und sagte: "Sei doch einfach mal etwas offener und entspann dich!"

How to rebel rightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt