Schließlich hatte ich Physik mit Zoe dann doch überstanden, indem ich sie weitesgehend versuchte zu ignorieren und so zu tun, als würde ich sie nicht hören, wenn sie mit mir redete, weil ich genau wusste, dass ich ihr gegenüber nach diesen Worten nicht einfach normal sein konnte.
Während ich nun also hier in meinem Bio-Kurs saß, zwischen Logan und Jackson, die seit dem Kindergarten fast schon wie Brüder für mich waren, starrte ich verträumt durch die Gegend. Was Nataly und er wohl noch so getrieben haben, bis der Unterricht begann? Oder wo oder wie?
Okay nein, ich dachte jetzt ganz sicher nicht daran, wie Nataly und mein Nachbar es auf dem Klo trieben! Ich verzog bei dem Gedanken daran angeekelt mein Gesicht und versuchte angestrengt an irgendetwas anderes zu denken, doch wie so immer klappte es einfach nicht.
"Alles oke bei dir?", Jackson hatte mir in die Seite gepiekst, weil er scheinbar meinen Blick bemerkt hatte. "Ich weiß, dass du kein Blut sehen kannst, aber wenn das so schlimm ist können wir natürlich auch raus gehen", ergänzte er noch einfühlsam.
Ach stimmt ja, wir waren gerade dabei ein Hirschherz zu sezieren. Ich war wohl so sehr in Gedanken versunken, dass ich das gar nicht mehr mitbekommen hatte und mich noch nicht mal vor dem Blut ekeln konnte. Und meinen Biolehrer und meine Mitschüler hatte ich auch noch nicht angemeckert, dass es ein verdammtes Herz von einem Tier ist, an dem wir gerade herum schnippelten.
So, wie ich das eigentlich immer tat, wenn wir irgendetwas sezierten.
"Ja, lass uns lieber rausgehen", murmelte ich und tat so, als würde es mir nicht gut gehen. Tat es irgendwo ja auch nich. Zoes Worte von heute Morgen schwirrten immernoch in Dauerschleife in meinem Kopf rum und ich konnte nichts dagegen machen. Es hatte mich echt verletzt.
Und das mein Nachbar und erster und einziger Typ, den ich in meinem Leben geküsst hatte, heute Morgen von Nataly entführt wurde, hob meine Stimmung auch nicht besonders.
Jackson ging zum Lehrer und sprach mit ihm und nachdem mein Biolehrer Mr Jacobs mir noch einen prüfenden Blick, der sich schnell in einen mitleidigen verwandelte, zuwarf, kam Jackson wieder zurück und wir gingen nach draußen.
Wir schlenderten durch de Gänge nach draußen und setzten uns auf die Bank, auf der Zoe und ich gestern saßen, und sagten zunächst nichts. Aber es war nicht so eine unangenehme Stille. Wir kannten uns schon so lange, dass wir es genießen konnte, auch mal nichts zu sagen und nicht mehr immer zwanghaft nach einem Gesprächsthema suchen mussten.
Ich streckte meine Beine aus, die ich in eine Hotpants gesteckt hatte, und ließ die warmen Sonnenstrahlen auf mich wirken. Plötzlich unterbrach Jackson unsere Stille. "Sei ehrlich, es war nicht wegen dem Blut, oder? Was bedrückt dich Ivy?"
Ich sah ihn perplex an und handelte aus Instinkt. "Nein, nein. Es ist wirklich nichts." Ich hasste es, andere mit meinen Problemen und Gedanken zu nerven und deshalb behielt ich sowas meistens für mich. Ich würde damit auch alleine klar kommen.
"Ivy, ich kenn dich seit wir noch in die Windeln gemacht haben. Ich merk es, wenn du lügst", sein Blick bohrte sich durch meine Augen direkt in meine Seele. Ich konnte nicht anders, als ihm jetzt einfach alles zu erzählen und ihm mein Herz auszuschütten.
"Es ist wegen Zoe."
Er sah mich abwartend an. "Ich... Sie...", ich wollte nichts Falsches über Zoe sagen, denn sie war trotz allem meine beste Freundin. "Sie hat heute Morgen so etwas gesagt... aber sie hat wahrscheinlich gar nicht wirklich darüber nachgedacht und es gar nicht so gemeint."
Er ließ mir Zeit, um weiter zu reden, und ich dankte ihm innerlich dafür.
Zoe konnte es sich nicht vorstellen, dass ich was mit einem heißen Typen haben könnte. Ihre Worte wiederholten sich immernoch in Dauerschleife in meinem Kopf.
"Jackson, ich brauch mal deine objektive Meinung."
Er zog eine Augenbraue hoch und sah mich abwartend an. "Findest du mich hübsch?"
Er zog seine Augenbrauen zusammen und sah mich komplett irritiert an. "Was ist das denn für eine Frage? Natürlich find ich dich hübsch! Das bist du ja auch! Aber was hat das denn mit Zoe zu tun?"
Plötzlich ertönte die Schulglocke und kündigte die nächste Pause an. Ich musste an unsere Sachen, die noch in unserem Bio-Raum waren, denken, aber die waren mir gerade relativ egal. Logan würde sie bestimmt mitnehmen.
"Also, ich mein damit... Meinst du es gibt Typen, die mich wirklich attraktiv finden könnten? Also... Auf so eine andere Art...?", ich weiß gar nicht, warum es mir plötzlich peinlich wurde, mit ihm darüber zu reden. Wir hatten schon viel peinlichere Gedanken und Geheimnisse geteilt.
Er fing an zu grinsen. "Du meinst, ob ein Typ dich geil finden könnte?", fragte er auf seine direkte Art. "Ich wusste, dass auch du irgendwann mal in das Alter kommen wirst." Jackson war ein Jahr älter als ich und er ließ keine Möglichkeit verstreichen, mich auch ja daran zu erinnern.
Ich schlug ihm leicht gegen den Arm. "Man, Jack! Du weißt, dass ich nicht gerne über sowas rede! Also bleib doch wenigstens einmal ernst!", flehte ich ihn an, aber auch ich musste anfangen zu grinsen und wurde wahrscheinlich nebenbei noch rot wie eine Tomate, und versteckte deswegen mein Gesicht in meinen Händen.
Der Schulhof fing langsam an sich zu füllen, doch wir ließen uns davon nicht weiter stören. Die Bänke standen hier immer weit genug auseinander, sodass man die Gespräche der anderen nicht mitbekam.
Jackson legte einen Arm auf meine Schulter und zog mich leicht an sich. "Ich verrat dir jetzt mal ein Geheimnis", fing er an laut zu flüstern und ich wusste, dass jetzt irgendwas Lächerliches kommen würde. "Wehe, du sagst jetzt etwas, das nicht stimmt! Ich bin gerade nicht so auf Scherze aus", warnte ich ihn vor.
"Ivy Baker", erwiderte er ernst. "Ich kann dir versichern, dass mir schon oft genug Typen gesagt haben, wie geil sie dich finden, was ich übrigens nicht verstehen kann. Immerhin hast du mal vor mir in deine Windeln geschissen." Nachdem er mir zunächst ernst in die Augen gesehen hatte, fing er an zu lachen und ich schüttelte seinen Arm von meiner Schulter um ihn erneut zu schlagen. Und um ihn dann wieder zu schlagen.
"Man, du kannst echt nie ernst bleiben!" Es endete schließlich damit, dass ich weiter auf ihn einschlug, was ihm, seit er vor ein paar Jahren angefangen hatte zu trainieren, nichts mehr ausmachte, und er zog mich in eine Umarmung.
Wir lachten beide und ich merkte, wie nötig das mal wieder zwischen uns gewesen ist. Wir hatten schon viel zu lange keine einigermaßen ernsten Themen besprochen, bei denen wir am Ende dann doch nicht ernst bleiben konnten. Und ich hatte es wirklich vermisst.
"Stör ich etwa?", wurden wir dann plötzlich unterbrochen und zuckten auseinander.
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How to rebel right
Teen FictionLetztes Jahr ist unsere Nachbarin Lady Robertson gestorben und seit dem stand das Haus neben uns leer. Naja.. bis jetzt. Denn jetzt ist 'er' eingezogen. Und er ist eindeutig ein Problem. Ein arrogantes, nerviges, arschiges und viel zu heißes Problem...