How to rebel right

#012

Gerade hatte ich noch an die größte Zicke hier auf Erden gedacht, da tauchte Nataly auch schon auf. Ihre braun gebrannten Beine in eine klatschenge Hotpants gequetscht, ihr weißes Top betonte ihre Bräune noch mehr und die Sonnenbrille in ihren wasserstoffblonden Haaren ließ sie endgültig zu einem California-Sunny-Girl werden.

Während sie mit ihren hohen Schuhen auf uns zu getakelt kam und sich wahrscheinlich wie ein Model auf dem Laufsteg fühlte, versuchte ich Zoe so schnell wie möglich zu signalisieren, hier zu verschwinden, doch sie verstand es nicht. Sie konnte Nataly ja auch nicht sehen, weil sie mit ihrem Rücken zu ihr stand.

Gerade als das Klackern der Schuhe lauter wurde und Zoe scheinbar begriff, dass dieses Geräusch auf uns zu kam, versteifte sie sich und sah mich mit einem hilfesuchendem Blick an. Ich formte noch mit meinen Lippen die Worte Zu spät, da war Nataly auch schon bei uns angekommen.

Doch anders als erwartet, fing sie nicht an uns mit irgendwelchen Sprüchen zu bombardieren, sondern widmete ihre volle Aufmerksamkeit der dritten Person in unserem Kreise.

"Ach, du bist also der neue! Tut mir leid, dass du mich erst so spät kennenlernen kannst, ich bin gestern erst wieder aus dem Urlaub zurück gekommen", sie nahm sein Kinn in ihre Hand, drehte seinen Kopf einmal nach links, nach rechts, nach oben und nach unten, um ihn von allen Seiten zu begutachten. Mein Nachbar wusste gar nicht, wie ihm geschah und hat scheinbar keine so schnelle Reaktionsfähigkeit, wenn er geschockt war, und wehrte sich nicht.

Dass sie erst ein paar Tage nach Schulstart zurück gekommen ist, war aber Standard. Sie hatte immer erst am dritten oder vierten Tag ihren ersten großen Auftritt im neuem Schuljahr, an dem sie uns ihre neuen Klamotten von Chanel und was weiß ich nicht alles präsentieren konnte.

Sie ließ sein Gesicht mit den Worten "Den Erzählungen der anderen nach, hatte ich die Erwartung, dass du heißer wärst" wieder los. "Aber trotzdem zu hübsch, um mit diesen Nerds" dabei schenkte sie Zoe und mir einen abfälligen Blick "rumzuhängen!"

Zoe ließ es nicht auf sich sitzen. Das tat sie nie. Aber normalerweise konnte ich sie immer davon abhalten, irgendetwas richtig Dummes zu sagen, was sie später bereuen würde. "Man ist nicht immer ein Nerd, nur weil man intelligenter ist als du. Sonst wären alle hier auf der Schule ein Nerd."

Nataly schnaubte verächtlich, während mein Nachbar anfing sie grinsen. Aber wo Zoe recht hatte, hatte sie recht. Es ist wahrlich ein Wunder, dass sie erst einmal sitzen geblieben ist und nicht der Schule verwiesen wurde. Es ging schon lange das Gerücht um, dass sie dem ein oder anderem männlichem Lehrer einen geblasen haben soll. Und normalerweise stimmen Gerüchte ja auch nicht, aber bei diesem, ist sich keiner so richtig sicher.

Nataly wandte sich von uns ab und ging davon, während sie meinen Nachbar an der Hand hinter sich herzog. Dieser drehte sich hilfesuchend zu uns um und wie er da so, wie ein kleines Hündchen an Natalys Hand direkt Richtung Hölle gezogen wurde, tat er mir fast schon Leid.

Die Schulglocke ertönte und ließ mich zusammenfahren, da ich ihm immernoch hinter her sah. Zoe hatte das allerdings nicht bemerkt, und zog mich an meinem Arm Richtung Eingangshallen der Schule. "Komm Ivy, wir haben jetzt Mr Matthews und du weißt, er lässt einen immer zweiseitige Stundenprotokolle schreiben, wenn man mehr als dreißig Sekunden zu spät ist."

Wir rannten zu den Physik-Sälen, während ich Zoe noch zehn bis hundert mal versichern musste, dass es wirklich stimmte, das ich nichts mit Mr Unbekannt hatte. Als sie dann irgendwann erwiderte "Okay, konnte ich mir auch irgendwie nicht vorstellen" traf es mich wirklich.

Sie war ja immer diejenige, die die heißen Typen am Start hatte. Bei mir ist es nunmal undenkbar.

Danke, Zoe, für diese aufmunternden Worte.