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Seine Geschichte geht mir nicht aus dem Kopf. Was ist in seinem Leben so anders gelaufen, dass die Reaktionen seines Umfelds so stark verändert sind im Gegensatz zu meinen? Und wieso hat er nicht alles erzählt? Es fehlte doch noch etwas, das weiß ich. Hatte er es etwa vergessen? Das ist doch beinahe unmöglich.
Dafür sorgt immerhin die Gesellschaft.
Dass man nie vergisst.
Wie anders man ist.
Und wie falsch.
Sofort schüttele ich heftig den Kopf, um diesen Gedanken zu vergessen. Ich fahre mit meinen rauen Händen durch das kurze blonde Haar, das ich mir mit einer Küchenschere selbst geschnitten und so Schläge von meiner Mutter eingehandelt habe.
Ich versuche die Gedanken, die in meinem Kopf kreisen und mich kaputt machen wollen, zu ertränken indem ich den Rest der Flasche auf ex trinke. Und dann noch eine hole. Und diese auch fast bis zur Hälfte austrinke. Gibt es nicht die Phrase sich Mut antrinken? So fühle ich mich auf jeden Fall.
Die Sonne rollt den Himmel hinunter und ich muss mir eine Hand vors Gesicht halten, um meine Augen vor dem Licht zu schützen. „Alex!", sage ich laut zum Spiegel und halte meinen Kopf nah vor das Glas mit dem Gedanken, so mehr sehen zu können. Eigentlich fange ich aber nur an zu schielen.
(du bist betrunken)
(ist mir scheißegal jetzt bin ich immerhin bereit das gespräch weiterzuführen)
„Alex, lass uns weiterreden,", rufe ich und klopfe gegen den Spiegel. Wackelt der Raum auf der anderen Seite oder sieht das nur wegen dem ganzen Wein so aus? Egal. Die Tür geht auf und einen Moment später steht er vor mir. Sein Gesicht sieht irgendwie blasser aus als sonst.
„Warst du das? Ich hab gehört wie du gegen den Spiegel geklopft hast und hier hat es sich angefühlt wie ein Erdbeben oder s-"
Ohne ihn zu Ende reden zu lassen oder ihm zuzuhören, fange ich an zu reden. „Du hast mir erzählt was passiert ist, als du dich als schwul geoutet hast. Bei mir hat es niemanden überrascht als ich zum ersten Mal einen Jungen mit nach Hause gebracht habe, weil sie uns als hetero angesehen haben.
(du lallst trink nächstes mal nicht so viel)
Bis ich mich dann als trans geoutet habe." Meine Zunge stolpert beinahe über die Wörter, die ich so schnell wie möglich versuche von mir zu geben. Ohne weiter darüber nachzudenken oder eine Antwort von ihm abzuwarten ziehe ich mir den vom mittlerweile strömenden Regen durchnässten Pullover über den Kopf, dabei entblöße ich die vielen Lagen Baumwolle, die ich wie jeden Tag seit einiger Zeit um meinen Oberkörper gewickelt habe. Erst dann sehe ich Alex wieder an.
Gänsehaut breitet sich auf meinen nackten Armen aus, kühler Wind zieht von draußen herein, ich habe vergessen die Balkontür zu schließen. Plötzlich spüre ich seine Blicke auf mir, fühle mich falsch, will mich verstecken, will den Körper verstecken, den ich zu hassen gelernt habe. Mein Magen zieht sich zusammen. Sein Blick gibt nicht die Signale, mit denen ich gerechnet hatte. Vielleicht ist es aber auch nur der Alkohol.
„Alex", sagt er vorsichtig und sieht mich dabei verwirrt und gleichzeitig irgendwie eindringlich an. „Ich bin nicht trans."

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