9. Stockholm Syndrome

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~Oh, baby look what you've done to me. Oh, baby look what you've done now.~ (One Direction)


Bevor Draco reagieren konnte, bevor er mehr tun konnte als überrascht zu seufzen, hatte Armstrong den Kuss schon gebrochen und starrte ihn fassungslos an, und er tat es ihr gleich.

»Ich – äh«, stammelte sie, kreidebleich im Gesicht. »Sorry ... das – wollte ich nicht ... V-Versehen ... ich – geh jetzt besser–«

Sie sprang wie von der Tarantel gestochen auf und stürmte aus dem Raum. An der Tür warf sie einen letzten ungläubigen Blick zurück, doch als sie merkte, dass er sie genauso ansah, wurde sie scharlachrot und ließ einen völlig entsetzten Draco zurück. Er hatte sich noch nie so ausgelaugt gefühlt, so kopflos, so verwirrt. Jedenfalls konnte er sich nicht daran erinnern, und so brauchte er eine Weile um zu verarbeiten, was da gerade geschehen war.

Cacey Armstrong hatte ihn, Draco Malfoy, geküsst. Cacey Armstrong! Ihn – Draco Malfoy! Das konnte nur ein Albtraum sein. Draco kniff sich selbst in den Arm und spürte den Schmerz ebenso unerwartet wie den Kuss. Er träumte nicht. Das hier war tatsächlich echt. Aber das konnte gar nicht real sein! DAS KONNTE NICHT SEIN! Was bei Merlins Bart ...


Am nächsten Morgen bekam Draco einen Brief von seiner Mutter. Als er den Absender las, dachte er unwillkürlich an seinen Vater. Ob er es schon geschafft hatte, aus Askaban auszubrechen? Seine Mutter hatte es versprochen ...

Aber es war nur einer der üblichen Mutter-Briefe, die er jedes Jahr bekam, und die ihm, je älter er wurde, immer peinlicher wurden.


Draco, Liebling,

ich habe noch nichts von dir gehört seit du in Hogwarts bist. Geht es dir gut? Wie sieht es mit dem Unterricht aus? Und wie macht sich Severus als Dunkle Künste-Lehrer? Ist er denn nett zu dir? Kümmert er sich um dich?

Tante Bellatrix will wissen, wie es mit der Aufgabe aussieht, doch versprich mir bitte eins, Draco: Tu nichts dummes, nichts unüberlegtes und nichts gefährliches, egal was Vater dir gesagt hat oder Bella.

Ganz viel Liebe,

Mutter


Draco faltete genervt den Brief zusammen. Von wem sollte er sich denn eigentlich noch Bitten und Befehle anhören? War denn die ganze Welt gegen ihn? Er fühlte sich erschöpft und ausgelaugt, und Hunger hatte er auch keinen mehr. Er stützte seinen Kopf mit der Hand und ließ müde seinen Blick durch die Halle schweifen, der natürlich ausgerechnet am Gryffindortisch Halt machen musste. Dort, zwischen der Weasley und Granger, saß Cacey und stocherte in ihrem Frühstück herum. Sie sah in etwa so aus wie er sich fühlte. Soweit er es von der Entfernung erkennen konnte, sah sie blasser aus als sonst, und ernster. Offensichtlich versuchten Weasley und Granger, sie dazu zu bringen, etwas zu essen, doch sie schüttelte ausdruckslos den Kopf.

Als sie den Kopf hob und den Anschein machte, als würde sie zum Slytherintisch hinüberschauen, wandte sie Draco schnell ab. Den ganzen Tag versuchte er mit aller Kraft, sie aus seinen Gedanken zu verbannen, ohne Erfolg. Zu tief saß der Schock über das, was am Abend zuvor in dem staubigen, unbenutzten Klassenzimmer passiert war.

Gegen Abend schaffte er es dann aber, sich wenigstens für zwei Stunden auf seine Mission zu konzentrieren.

Um halb acht ging er mit Crabbe und Goyle in das Bad der Maulenden Myrte, die sie wieder einmal sofort belästigte.

Was Dein Herz Dir Sagt (Draco Malfoy/OC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt