Kapitel 22

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Die Wellen schaukelten den Großteil der Besatzung, die sich auf der kleinen Moby befand, in einen ruhigen Schlaf. Der Tag war anstrengend gewesen, morgen mussten sie Fit sein, um einen guten Eindruck bei Vater zu machen. Sie waren gespannt, was mit der Diebin und ihrem Kameraden passieren würde. Immerhin kam es nicht oft vor, dass jemand Vater beleidigte.

Das Schaukeln des Bodens, auf dem sie sich befand, war das erste, was Xara vernahm. Langsam lichtete sich die Dunkelheit, die lange von ihr Besitz ergriffen hatte. Ihr Kopf war leergefegt, in den ersten Minuten konnte sie sich weder an das geschehene, geschweige denn an ihren Namen erinnern. Als die schwarzhaarige ihre Augen vorsichtig öffnete, erspäte sie das Holz, welches sich über ihr befand. Minuten starrte sie es an, fragte sich dabei wo sie war; wer sie war.
Sie spürte die Anwesenheit einer Person, was sie dazu veranlasste ihren Kopf zu drehen. Es war, als würde ein Damm brechen; Schmerzen, unbeschreibliche Schmerzen, brachen auf sie herein, zusammen mit all ihren Erinnerungen. Ein Keuchen entwich ihrem Mund, ihre Hände krallten sich panisch in die Decke, auf der sie lag. Wo war sie? Was war passiert, nachdem sie das Bewusstsein verloren hatte? "Dean?" erhob sie ihre schwache Stimme, welche nicht mehr als ein flüstern war. Als sie keine Antwort bekam, begann Panik in Xara zu herrschen. Sie konnte ihren Körper nicht bewegen, ohne Schmerzen zu erleiden, sie wussten nicht, wo sie war, geschweige denn ob Dean noch lebte. Tränen sammelten sich in den Augen der jungen Diebin, welche langsam ihre Wange hinabliefen und auf die graue Decke tropften. Doch dieser kleine Gefühlsausbruch war nur von kurzer Dauer, da Xara sich wieder zusammenriss. Im Moment stand zu viel auf dem Spiel, als das sie sich Gefühlsausbrüche leisten konnte, die nicht angebracht waren. Sie musste sich konzentrieren, auf ihre Umgebung achten, Auren wahrnehmen und Hoffen, dass sie wusste, zu wem sie gehörten.
Da sie spürte, dass einige ihrer Rippen gebrochen waren, sparte sie sich den Versuch tief einzuatmen, und schloss erneut ihre Augen. Ihre eigene Aura strömte aus, konnte schon nach weniger als einem Meter eine Person ausfindig machen. Erleichterung machte sich in der jungen Frau breit, gemischt mit Verwunderung. "Dean!" erhob sie erneut ihre Stimme, diesmal gelang es ihr, mehr Kraft aufzubringen. Doch noch immer schlief der junge Mann ruhig, sodass Xara ihn gewähren ließ. Sie war sich sicher, dass er genug erleiden musste.
Erneut konzentrierte sie sich ausschließlich auf ihre Aura, blendete die wenigen Dinge, die sie aus ihrer Umgebung wahrnahm aus. So entdeckte sie bald mehrere Auren, schwach, kaum der rede Wert. Doch ihre Anzahl machten der jungen Frau zu schaffen, denn langsam aber sicher dämmerte es ihr, wo genau sie sich befand. Dennoch hoffte sie, sich gewaltig zu irren. Wenn sie auf der Moby Dick war, könnte sie sich gleich ein Messer ins Herz rammen. Das Ergebnis würde, ihrer Meinung nach, das gleiche bleiben.

Dean schreckte aus seinem Schlaf, als die modere Tür erneut zu knarzen begann. Dennoch verhaarte er in seiner Position, gegen die Zellentüre gelehnt ließ es sich ganz gut aushalten. Deshalb erkannte er nicht, wer diesen stickigen Raum betreten hatte.

Der Morgen war angebrochen, die Moby Dick hatte bereits am Tochterschiff angelegt. Freudig begrüßte sich die Familie, konnte einen Augenblick den Grund vergessen, wegen dem sie sich nach so kurzer Zeit wiedersahen. Whitebeard kam mit schweren, stampfenden Schritten an Deck und ließ sich auf seinem Thron nieder. Ace, der an diesem Morgen aus ihm unerfindlichen Gründen äußerst gut gelaunt war, trat an diesen heran. "Vater." begrüßte er ihn, trotz seiner ernsten Mine konnte man seine Heiterkeit spüren. "Ace, schön, dass ihr wieder da seit. Ich würde gerne mit dir reden, doch zunächst sollten wir uns um den eigentlichen Grund hierfür kümmern." sprach Whitebeard, seine tiefe, kraftvolle Stimme war auf dem ganzen Deck zu vernehmen. Ace nickte lediglich, wartete gemeinsam mit dem Piratenkaiser auf die Gefangenen.

Plötzlich wurden die Zellentüre aufgerissen und der rothaarige ging unsanft zu Boden. Seine Augen fixierten die Person, die dafür verantwortlich war, und so blickte er in eisblaue Augen. Die Emotionen, welche diese Augen ausstrahlten, waren dem Mann nur allzu gut bekannt. "Marco." stellte der einäugige nüchtern fest, als er auch schon von ihm auf die Beine gezerrt wurde. "Sachte!" knurrte Dean lediglich, wurde vom Phönix am Kragen gepackt und zu ihm gezogen. "Halt dein dreckiges Maul Krüppel. Ich will kein Wort von dir hören, oder ich steck dir ein Messer in dein übrig gebliebenes Auge!" raunte der Kommandant mit solch einer Verachtung in der Stimme, dass auch Dean all sein Mut verließ. Beschwichtigend hob er seine Hände, versuchte wieder Abstand zwischen sich und dem Kommandanten zu bringen, als sich plötzlich eine weitere Stimme erhob. "Lass ihn los Marco." Dean sah an dem Kommandanten, der bisher all seine Aufmerksamkeit in Anspruch genommen hatte, vorbei und erblickte einen Mann. Als erstes fiel ihm sein Haar auf, es war hellbraun und zu einer Haartolle frisiert. Seine wachen Augen musterten Dean, blieben an seiner Augenklappe hängen. "Da hatte jemand wohl weniger Glück als ich." sprach er mit einem verächtlichen lächeln.

Erneut erwachte Xara, diesmal konnte sie ganz klar Stimmen vernehmen. Ihre Augen ließ sie geschlossen, wollte sie doch verhindern, dass jemand sie registrierte. "Nimm deine Freundin und lass uns gehen. Vater wartet nicht gerne." Hörte sie eine Stimme sagen, die sie nicht zuordnen konnte. Sie vernahm Schritte, und einen Augenblick später spürte sie zwei starke Arme, welche sie hochhoben. Schmerz zuckte durch ihren Körper, angestrengt versuchte sie keine Regung zu zeigen. Sie wusste zwar, dass Dean sie trug, immerhin hatte die ihr unbekannte Person dies angewiesen, doch sie wusste nicht, ob sie jemand beobachtete. Wenn dies der Fall war, und sie sich nun bewegen würde, wäre es aus. 
Laut hallten die schweren Schritte in ihrem Kopf, Nervosität schnürte ihr die Kehle zu. Mit jedem Schritt, der getan wurde, näherten sie sich Whitebeard. Dean würde ihm gegenüberstehen, doch was war mit ihr? War sie dazu in der Lage, sich ihm zu Stellen? Konnte sie dem mächtigsten Mann der Welt in die Augen sehen; konnte sie ihrem Tod entgegentreten? Sie hatte Angst.
Doch sie war mit ihrer Furcht nicht alleine.

Die Schwachen können sich nicht aussuchen wie sie sterben!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt