Fünf

693 24 2
                                    

Ich muss zugeben, dass die Biostunde erfolgreich war. Ich habe nicht ihr Blut zu kosten bekommen und das Verlangen war auch erträglich gewesen. Ich sehnte mich nach meinem Zuhause. Ich wollte mich einfach nur in mein Zimmer Pflanzen und die ganze Welt ausschalten. Doch so sehr ich mich auch danach sehnte, die Zeit konnte ich leider nicht schneller vergehen lassen. Und so zog sich der restliche Tag hin und es schien ewig zu dauern, bis ich bei unserem Volvo auf die anderen warten konnte.
Doch jetzt war es soweit. Ich lehnte gelassen dort und lauschte auf irgendeinen interessanten Gedankengang. Doch ich fand nichts, also schaute ich mich um, ob ich irgendetwas anderes finden konnte, was meine Interesse weckte. Und dann sah ich sie wieder. Sie war auf dem Weg zu ihrem Transporter. Als sie angekommen war, zog sie den Schlüssel raus und öffnete die Tür mit etwas Schwierigkeiten. Sie hatte sich fein säuberlich angeschnallt und startete grade den Motor, als sich unsere Blicke trafen. Ihre Augen weiteten sich etwas, während meine Miene unverändert blieb. Sie konzentrierte sich nicht richtig auf das Auto hinter ihr, als sie versuchte auszuparken uns wäre ihm fast über gefahren. Sie schaute frustriert und mit hochrotem Kopf gradewegs an mir vorbei, als sie es beim zweiten Versuch dann doch schaffte, auszuparken und auf die verregnete Straße zu fahren. Ich musste schmunzeln. Sie war süß wenn sie nervös war. Das war mir auch schon in der Biostunde aufgefallen. Sie war schüchtern und wie es bei fast allen Menschen war, redeten sie sich alles vom Leib, wenn ich nur den richtigen Blick einsetzte.
Da ich Bella so intensiv beobachtet hatte, bemerkte ich nicht, dass sich bereits alle im Volvo aufgefunden hatten und nur noch darauf warteten, dass ich losfuhr. Das tat ich auch und wir verließen ebenfalls das Schulgelände.
Zuhause holte ich einen kleinen Block und einen Stift aus meinem Zimmer und verschwand bis zum nächsten morgen im Wald. Ich hielt mich hauptsächlich in den Bäumen auf, manchmal aber auch auf einer Klippe oder sonstwo. Warum ich nämlich in den Wald gegangen bin, war weil ich ein Tagebuch führte. Davon wusste niemand und ich schrieb nicht sehr oft rein. Nachdem ich 118 Jahre gelebt hatte, könnten mich nur die seltensten Sachen Erstaunen. Und dieses Mädchen namens Bella Swan war eines davon. Sie faszinierte mich in einer Hinsicht, und zum anderen hatte ich großen Respekt für sie. Ich wollte nie wieder ein Monster sein, aber sie brachte mich täglich an meine Grenzen. Das war nicht gut. Ich musste irgendetwas darüber herausfinden. Doch wie? Ich schrieb meine Überlegungen in meinem Tagebuch auf und verbrachte die nächste Zeit in Wald. Irgendwann fing es an zu schneien. Erst ganz sanft, doch dann wurde es immer kälter und kälter und der Schnee nahm zu. Die Straßen gefroren und bald war alles voll von den weißen Schneekristallen. Gegen morgen lief ich zurück zum Haus, und um den Sturm von fragen auszuweichen, wo ich denn gewesen sei, sprang ich zum Fenster hoch und versteckte schnell mein Tagebuch in dem kleinen Schränkchen, das in meinem Bücherregal war. Leider musste ich in den neuen Wohnorten immer wieder neue verstecke suchen, denn ich wollte nicht, dass irgendwer es jemals fand. Da standen meine schlimmsten Tiefpunkte und die besten Zeiten drin und Gefühle, die ich bis jetzt noch niemandem offenbart hatte. Und vermutlich auch niemals offenbaren würde. Sollte ich vielleicht doch meiner Familie erzählen was so passiert ist? Schließlich hätte ich sie fast wegen Bella verlassen. Sogesehen habe ich das auch, aber nur für eine Woche. Ich seufzte. Wenn ich es jetzt nicht tat, würde Alice es für mich tun. Und das wollte ich nicht. Also ging ich im Vampirtempo die Treppe runter und ins Wohnzimmer, wo sich alle außer Jasper aufhielten. Er war wahrscheinlich jagen gegangen. Ich setzte mich neben Emmet und dann fing schon der Fragensturm in den Köpfen meiner Familie an. Ich erzählte ihnen in kurzer Zusammenfassung die ganze Geschichte und nachdem ich die restlichen Fragen beantwortet hatte, blieb ich mich kurz und las etwas, bis wir aufbrechen mussten. Die Fahrt machte uns allen Spaß da wir 120 Kmh die vereiste Straße entlangführen. Es war für uns nicht gefährlich, höchstens für den Volvo, aber wir hatten schließlich das Geld um uns 100 von solchen Dingern zu kaufen. Leider war die Fahrt nach meinem Geschmack viel zu kurz und sobald wir in der Schule ankamen, war unsere gute Laune schon verflogen. Alle stiegen aus und machten ihr eigenes Ding. Ich blieb vor unserem Auto stehen und wartete auf Bella. Ich weiß zwar nicht genau, warum ich das tat, aber ich hatte irgendwie das Gefühl, dass ich sichergehen musste, dass sie zur Schule kam. Und da war ihr Transporter. Laut wir immer. Ein Wunder das er überhaupt noch fuhr... Sie stieg aus und sah mich an und dann passierte alles rasend schnell.
Ich hörte reifen quietschen und eine blockierte Bremse, die versuchte, das Gefährt zum stehen zu bringen. Der Lärm schallte in meinem Kopf immer und immer wieder und das Entsetzen konnte man in meinem Gesicht ablesen. Und in Bellas auch. Sie wusste nicht wie Ihr geschah. Sie würde innerhalb fünf Sekunden von dem blauen Van zerquetscht werden. Das konnte nicht sein. Das konnte ich nicht zulassen. Ohne noch einen weiteren Augenblick zu zögern raste ich in einem Tempo auf Bella zu, dass das menschliche Auge mich nicht verfolgen konnte. Ich riss sie zu Boden, wobei ich einen dumpfen Schlag hörte. Ihr Kopf. Doch ich hatte im Moment größere sorgen. Sie stöhnte kurz auf und blickte ihrem vielleicht bald bevorstehendem Tod ins Auge. Ich drückte sie auf den Boden und der Van krachte zwei Zentimeter neben ihrem Kopf gegen den hinteren Kotflügel des Transporters. Doch damit nicht genug. Es hatte einen solchen Aufprall gegeben, dass die Reifen im beinahe selben Tempo auf ihre Beine zu rasten wie kurz zuvor. Ich fluchte und hielt ihren Körper schützend unter meinem. Da ich aber merkte, dass es sie in der Sekunde des Aufpralls kaum schützen würde, wirbelte ich ihre Beine in die entgegengesetzte Richtung wo sie vorher waren und streckte meine Arme aus, um einen weiteren Aufprall zu verhindern. Der Van krachte gegen meine ausgestreckten Hände und tiefe Dellen bildeten sich im Metall. Er kam 30 cm vor Bellas Kopf zum stehen. Das alles war ein Schauspiel von etwa acht Sekunden gewesen und den meisten Schülern drang es erst jetzt ins Bewusstsein, was überhaupt grade passiert war. Laute Schreie waren zu hören. In den Gedanken sowie in echt. "Bella, ist alles in Ordnung mit dir?" sagte ich so leise, dass nur sie mich verstehen konnte. Erst blickte sie mich nur unverwandt an, doch dann schien sie bemerkt zu haben dass sie mich anstarrte und meinte:"Ja... Mir geht's gut. Denke ich." Ich war aber auch nich nicht ganz über den Schock hinweg. Ich merkte nicht, dass ich sie immer noch an meine Seite und zu Boden drückte bis sie sich versuchte aufzusetzen. Ich ließ es zu. Dann fiel mir das Blut an ihrer Schläfe auf. Ich hielt augenblicklich die Luft an. Im Moment würde sie es eh nicht merken, wenn ich nicht atmete. "Du hast dich ziemlich hart am Kopf gestoßen." sagte ich zaghaft. Sie fasste sich an ihre linke Schläfe und beäugte das Blut, dass ihr am Finger runterlief. Plötzlich war das Geschrei Hunderter Menschen direkt neben meinem Ohr. Es war viel zu laut für meinen Geschmack, doch ich wollte Bella nicht alleine lassen. Erst jetzt merkte ich, dass sie versuchte aufzustehen. Ich lies auch das zu und dann standen wir beide und konnte uns nur anstarren, bis Bella den Blickkontakt unterbrach indem sie auf mich zukam und in mein Ohr sagte:"Wie bist du so schnell hierher gekommen?"
"Nein war bin nicht."
"Doch bist du."
Ich hatte gehofft, dass sie vergessen hatte, dass ich neben meinem Volvo stand. Doch ihr Gedächtnis war vom Aufprall nicht geschadet worden. Um ehrlich zu sein bedauerte ich das im Moment aber vielleicht war es auch besser so.
"Ich hab dich gesehen. Du standest neben..."
"Vertrau mir Bella, ok?" unterbrach ich sie. Sie wurde nämlich wütend und ich wollte keine alberne Szene ziehen. Ich wollte mich grade abwenden, als sie mich am Ärmel packte. "Versprichst du mir das später zu erklären?" Ich nickte genervt und dann trafen auch schon die Krankenwagen ein.
Obwohl Bella protestierte, auf einer Trage in den Krankenwagen getragen zu werden, taten sie es dennoch und im Endeffekt war sie doch machtlos gegen die zwei Krankenpfleger. Ich stieg vorne ein und Tyler bekam seinen eigenen zusätzlichen Wagen.
Die Fahrt war zum Glück nicht zu lang, also hatte ich auch keine Zeit an meinen Aktionen zu zweifeln. Ich wusste zwar, dass eine gute Entscheidung gewesen war, Bella das Leben zu retten, aber ich wusste nicht, was die Konsequenzen nach sich ziehen würden. Ich konnte nur sagen, dass sie nicht allzu gut ausfallen würden. Ich würde mit Carlisle darüber sprechen müssen. Und deshalb stieg ich auch jetzt aus und begleitete die Krankenpfleger ins Krankenhaus, wo sie Bella absetzten und auch schon Charlie Swan angerannt kam. Doch er musste im Wartezimmer mit ungefähr 300 anderen Schülern warten, da jetzt niemand zu Bella durfte, weil Tests um ihre Gesundheit gemacht wurden.

In dem Moment wie sie wieder in den Aufnahmeraum hereingerasselt kam, wurde grade Tyler reingetragen. Er hatte um einiges mehr abbekommen. Sein ganzes Gesicht war verschrammt und blutig, doch trotz seiner Schmerzen fing er an mit Bella zu reden. Er beteuerte, dass es ihm unendlich leid tat und es wieder gut machen würde, wobei ich merkte, dass ihm jedes Wort weh tat. Dann kam die Krankenschwester und tupfte ihm die Wunden aus. Er musste sich zusammenreißen nicht zu stöhnen oder zu schreien. Bella zog die Vorhänge etwas vor, damit sie von Tyler abgeschirmt war. Dann endlich erblickte sie mich und ich schritt durch den Raum auf sie zu. "Warum bist du hier?" fragte sie kaum überrascht. "Um dich hier rauszuholen." erklärte ich.
"Und wie kommst du hier rein?"
"Mein Vater ist hier der Chefarzt." In meinen Gedanken stellte ich mir vor, wie eine Glühbirne über Bellas Stirn anfing zu leuchten. Ich schmunzelte und dann hörte im Gedanken jemanden meinen Namen denken. "Edward?" es war Carlisle. "Was tust du hier?" Natürlich wusste er, dass ich nicht antworten konnte. Ich hob ein wenig meine Hand um ihm anzudeuten, dass ich alles später erklären würde. Carlisle sprach noch ein bisschen mit Bella über Kopfschmerzen und sowas und dann war der kurze Aufenthalt im Krankenhaus schon vorbei. Naja fast, denn Bella kam zielstrebig auf mich zugelaufen. Ich wusste was sie von mir wollte. Eine Erklärung. Ein Glück, dass ich ein guter Lügner war.

Nachdem wir in den nächst beliebigen Gang  umgebogen waren, fing die Fragerei auch schon an. "Wie?" sagte sie schlicht. "Wie hast du es geschafft, innerhalb ein Bruchteil einer Sekunde neben mir zu sein?"
"Bella, ich stand die ganze Zeit neben dir." entgegnete ich. "Nein! Du standest genau vier Autos weiter an deinem Volvo und dann warst du plötzlich da. Und dann hast du das Auto einfach so weggedrückt. Mit deinen bloßen Händen. Du hast mir das Leben gerettet." sie wusste noch alles. Das war garnicht gut. "Bella, du hast dir ziemlich hart den Kopf gestoßen." sagte ich gedrückt. "Meinem Kopf geht's gut." entgegnete sie harsch. "Kannst damit nicht einfach danken und es hinter dir lassen?" Langsam nervt mich dieses Gespräch. "Danke." Sagte sie hastig. "Sag mir doch einfach die Wahrheit. Ich möchte einen Grund haben warum ich Lüge wenn mich Leute fragen was passiert ist." nun war sie fast soweit, dass sie bereit war zu schreien. Um das Gespräch abzuschließen sagte ich noch "Na dann hoffe ich dass du mit Enttäuschungen leben kannst." Ich wollte davonlaufen, doch sie hielt mich am Handgelenk fest. "Ich hab noch eine Frage. Warum hast du mich gerettet?" sie schaute mir in die Augen und erwartete eine wahrheitsgemäße Antwort, doch ich sagte nur. "Ich weiß es ehrlich gesagt auch nicht." und dann war ich weg.
Ich wusste es sehr wohl. Wäre sie gestorben, wäre ihr Blut gelaufen und nichts hätte mich mehr aufhalten können, mich darauf zu stürzen. Dann verließ ich das Gebäude, rannte nach Hause um mein Tagebuch zu holen und verschwand dann im dichten, dunklen Wald.

Heey da!
Danke vielmals dass ihr bis hierhin gelesen habt und so fleißig liked. Es hat etwas gedauert weil ich versucht habe, wichtige Informationen aus dem Buch herauszuarbeiten. (Z.B. Dass der Van von Tyler blau ist) ich versuche nämlich viel sehr Buchnah zu gestalten. Aber das kostet natürlich auch seine Zeit. Aber zum Zeitvertreib könnt ihr euch die geschickte von LaurenDalles angucken. Sie heißt Elizabeth Cullen und ist supermegaspannend. Schaut doch einfach mal rein und viel spaß.
Lg Tamara <3

Biss Zum Morgengrauen -Edwards Sicht (On Pause)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt