Zehn

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Emmet, Jasper und ich machten uns reisefertig, wobei wir eigentlich nicht viel brauchten. Um ehrlich zu sein gar nichts. Wir verabschiedeten uns von dem Rest der Familie. Jasper hatte sich entschieden mitzukommen, weil es wiedermal eine gute Möglichkeit wäre, einfachen einen schönen Abend unter Jungs zu verbringen. Wir rannten in Vampirgeschwindigkeit los und kamen wenige Minuten am gewünschten Ort in den Bergen an. "Wer den größten Berglöwen fängt.", forderte Emmet.
"Die Wette gilt.", sagte ich und schon stürmten wir alle in unterschiedliche Richtungen davon. Sofort nahm ich eine Fährte auf und rannte Richtung Westen, wo der Geruch herkam. Der Er wurde mit jeden Schritt stärker, doch der Geruch nach Blut ebenso. Ich hatte schon eine Ahnung, rannte aber trotzdem weiter. Als der Berglöwen in Sichtweite kam, wurde meine Vermutung bestätigt. Emmet hatte ihn schon erlegt und zerrte ihn jetzt mit sich zum Treffpunkt. Ich rannte weiter bis ich eine neue Fährte aufschnappte, die zu meinem Glück nur etwas weiter Östlich war. Ich rannte gradewegs darauf zu und dann sah ich ihn. Meine Beute. Mein Essen. Meinen Berglöwen. Sein warmes Blut würde in meinen Mund laufen und ich würde spüren, wie sein Körper binnen wenigen Sekunden immer mehr erschlaffte und seine verzweifelten Fluchtversuche immer fader werden würden. Ich war der Jäger und er war mein Opfer. Ich rannte immer schneller, angetrieben von dem brennenden Durst, der sich immer weiter in meinem Körper verbreitete. Es zerfraß mich in alleine dieser kurzen Zeit von innen. Bald würde das reißende Gefühl aufhören, nämlich dann, wenn ich meine Zähne tief in der Pulsschlagader des Tieres schlug und die warme Köstlichkeit meine Wangen runterlaufen würde. Nur noch ein paar Schritte trennten uns und ich sprang. Ich sprang und verfehlte mein Ziel um keinen Zentimeter. Die Wucht riss meine Beute zu Boden, aber es hatte sich schnell wieder gefasst. Es versuchte aufzustehen, aber ich war zu stark. Ich zog mein zum Tode geweihtes Opfer mit einem Ruck unter meinen Arm und nun kam der Moment, auf den ich gewartet hatte. Ich schlug meine Zähne tief in das Fleisch meiner Beute und das warme nass floss in meinen Mund. Der brennende Durst erlosch sofort und ein warmes Kribbeln stieg in mir auf bis in die Fingerspitzen. Es kam mir vor wie Stunden, bis meine Mahlzeit seinen Todesschrei ausstieß und dann erschlaffte. Aber nun hatte auch das trinken ein Ende. Das letzte Tröpfchen Blut lief mir warm in meinen Mund meine Rachen hinab und hinterließ ein zufriedenes Gefühl in meiner Brust. Ich liebte es zu Jagen. Nicht nur, weil man alles um sich herum vergaß, sondern weil man sich einfach auf seine Instinkte verlassen, und sein Gehirn für eine kurzen Augenblick abschalten konnte. Es ging nur um dich und deine Beute und in dem Moment, wo du dich völlig deinen Gefühlen hingabst, würdest du Dörfer abschlachten, um zu deinem Fressen zu gelangen. Du warst in dem Moment kein hochintelligentes Wesen, sondern ein Blutrünstiger Killer, der nur auf seine Beute fixiert war. Man verblüffte sich selbst, wieviel man aus sich herausholen konnte. Man konnte alles schneller, stärker, besser. Du warst nicht du selbst sondern mutiertest zu einer lebenden Killermaschiene. Aber genau aus diesem Grund mussten wir immer sehr weit weg zum Jagen gehen. Wenn Menschen in der Nähe waren, würden wir immer erst auf sie gehen, als auf ein zweitrangiges Tier. Aber ich hatte schon vor Jahrzehnten aufgehört Menschenblut zu trinken. Ich wusste dass wenn ich mich dem Geschmack wieder hingeben würde, ich nicht mehr so schnell davon loskommen würde. Nachdem der Geschmack von Blut ein wenig verebbt war und ich wieder zu etwas Besinnung kam, richtete ich mich auf und nahm den riesigen Berglöwen auf meine Schultern und rannte los. Als ich ankam bemerkte ich, dass die anderen schon ungeduldig auf mich warteten. "So viel dazu, dass du der angeblich schnellste Läufer der Familien bist.", sagte Emmet neckend. Ich verdrehte nur die Augen, lachte aber dann doch. Ich warf das riesige Fellknäul vor mich auf den Boden und begutachtete die Fänge der anderen. Ohne jede Frage hätte Jasper gewonnen. Emmets und mein Berglöwe sahen im Gegensatz zu Jaspers wie zwei kleine Welpen aus. Das war ja fast schon erbärmlich. "Wo hast du bitte so einen großen Fang gemacht?", fragte ich erstaunt. "Etwas weiter unten im Norden." erklärte er. "Desto höher man geht, desto kleiner werden die Tiere. Sie finden nicht so viel zu fressen wie die unten." Klang plausibel, aber sowas hatte ich noch nie gehört. "Also was krieg ich jetzt?", fragte er. "Wofür?", entgegengehe Emmet gespielt entrüstet. "Na ich hab die Wette gewonnen, dann bekomm ich auch was dafür.", er lachte. "Nein lasst, ist egal."
"Ach komm, schließlich müssen wir auch fair sein.", erklärte ich. "Emmet komm, wir holen Holz für ein Feuer." Ich spürte Jaspers Laune augenblicklich. Er war spürbar erfreut über diese Idee. Ich rannte los und brach von einem großen Baum ein paar dicke Äste ab. Ich rannte zurück und warf sie Jasper vor die Füße. "Mach schonmal Feuer, ich hol noch was zu sitzen.", rief ich und rannte wieder los. Ich sah ganz in der Nähe mehrere Steine, die am Ende eines steilen Berghangs lagen. Ich nahm mir drei, die groß genug aussahen und joggte zurück. Erst jetzt war Emmet angekommen und legte grade seine Stämme neben das bereits brennende Feuer. Ich warf jedem einen der Steine zu und sie setzten sich. Inzwischen fing es an zu dämmern und bald würde die Sonne ganz untergehen. "Habt ihr jemals daran gedacht, wie es wäre, wenn Vampire sich auch prägen könnten?", fragte Jasper plötzlich. "Naja das schlimmste wäre eigentlich, wenn man seinen Lebenspartner schon gefunden hätte und man sich dann auf jemand anderen prägt." Diesmal war es Emmet, der antwortete.
"Ich halte prägen sowieso für keine gute Sache. Es ist irgendwie unnatürlich. Man darf sich doch wohl selbst aussuchen, wen man zur Frau nimmt und es sollte einem nicht 'vorgeschrieben' werden.", klagte Jasper. Ich hatte bis jetzt noch nichts dazu gesagt, weil ich nicht wusste, was ich davon hielt. Auf der einen Seite, hatte man keine Wahl, und das ätzte, jedoch hatte man- wenn man sich doch geprägt hatte- die richtige gefunden. Man wusste dass man ein glückliches Leben mit ihr verbringen würde, wenn sie es denn wollte.
"Edward?", unterbrach Jasper meine Gedanken. Ich blickte ihn an und er sprach weiter. "Was ist das mit dir und Isabella?" In mir verbreitete sich ein Gefühl, dass ich ihm alles anvertrauen konnte, dass ich irgendwie geborgen war. "Erstens, sie heißt Bella und zweitens kannst du bitte aufhören meine Gefühle zu manipulieren?" Er schaute für einen kurzen Moment belustigt, aber dann war er wieder ganz ernst und schaute mir fest in die Augen.
"Um ehrlich zu sein, weiß ich es nicht. Ich habe Gefühle für sie, aber ich weiß nicht in welche Richtung sie gehen oder warum ich überhaupt Gefühle habe." Jasper schien mit mir mitzufühlen, denn er nickte verständnisvoll.
"Und was empfindet sie für dich?" Nun war es Emmet der gefragt hatte.
"Ich weiß es nicht." Gab ich ehrlich zu.
"Was meinst du damit? Du kannst doch einfach ihre Gedanken lesen." Und da kam wieder dieses Thema. Es frustrierte mich sehr, aber ich wusste nicht, was ich dagegen tun sollte, dass ich ihre Gedanken nich mit lesen konnte.
"Nein, kann ich nicht." Beide starrten mich ungläubig an. "Ich kann ihre Gedanken nicht lesen, ich verstehe ihre Gefühle nicht und meine eigenen noch weniger, ich möchte immer bei ihr sein und sie beschützen..." Ich verstummte kurz, aber ich war lange noch nicht fertig. "Ich weiß nicht, ob es Liebe ist, was ich für sie empfinde oder einfach nur reines Interesse. Wisst ihr, sie riecht so gut, dass ich fast ein ganzes Klassenzimmer umgelegt hätte, nur um einmal ihr Blut zu kosten. Aber wenn ich nur daran denke, dass sie vielleicht irgendwann mal tot sein könnte, bereitet es mir seelische und Körperliche Schmerzen. Ich kann einfach nicht aufhören an sie zu denken." Ich hatte grade alle meine Gedanken, die ich in den letzten paar Wochen gesammelt hatte, ausgesprochen. So viel hatte ich nicht mal meinem Tagebuch offenbart. Aber sie waren meine Brüder und ich vertraute Ihnen, dass sie es für sich behalten würden, bis ich bereit war, es den Rest meiner Familie zu erzählen.
"Edward?", sagte Jasper in einem ruhigen Ton. "Deine Gefühle sind sehr stark und kombiniert mit dem, was du gesagt hast, denke ich, dass du dich zum ersten Mal verliebt hast. Als ich Alice kennengelernt habe, hat es sich ungefähr genauso angefühlt."
Daran hatte ich auch schon gedacht, aber ich wollte es irgendwie nicht wahr haben. Ich war noch nie verliebt gewesen, hatte noch nie solche Gefühle für jemanden gehabt und aus irgendeinem unerklärlichem Grund, fand ich das auch immer gut so. Man war an niemandem gebunden und man war frei. Aber mit Bella war es anders. Nicht schlecht anders. Ich fühlte mich mit ihr auf in einer gewissen Weise befreit und gebunden war ich nun auch nicht. Ich fühlte mich wohl in ihrer Gegenwart und komisch geborgen.

Hii ihr da,
Ich hoffe euch hat dieses Kapitel gefallen, denn ich hab mich immer schon gefragt, was die gemacht haben, als die "wandern" gegangen sind. Außerdem hoffe ich, dass ihr es nicht schlimm findet, dass Jasper mitkommt. Es weicht ein klein wenig vom Buch ab, aber Emmet würde niemals auf die Idee kommen, Edward nach seinen Gefühlen oder Bella zu fragen, deswegen.
Lg Tamara ^^

Biss Zum Morgengrauen -Edwards Sicht (On Pause)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt