Lorcan Scamander P. o. V.
Gerade hatte ich noch verträumt am äußeren Rande der Tanzfläche gestanden und war ganz und gar in meinen Gedanken versunken gewesen, bis dieser Schrei ertönte. Geistig war ich schneller und weiter als die meisten meines Alters, doch im Gegensatz zu den anderen war ich körperlich nicht unbedingt fit. Dieses Mal befand ich mich aber ziemlich nah am Ausgang und war so einer der Ersten, die sich in der Eingangshalle nach der Ursache des Schreis umschaute. Lange mussten wir nicht suchen: Direkt gegenüber von dem ersten Treppenabsatz stand eine Gruppe von fies lachenden Slytherins um Rose Weasley herum, die verzweifelt zu entkommen versuchte. Die zwei Treiber des Quidditchteams hielten sie grob an den strampelnden Armen fest, während der Hüter ihr ganz dicht auf den Leib rückte. Mir wurde fast schlecht bei dem Anblick. Er fuhr mit seiner Zunge über ihren Hals und grabschte ihr auf ekelerregende Weise an den Hintern und an die Brüste. Eine der Jägerinnen stand einige Meter weiter mit dem Zauberstab auf Rose gerichtet, falls diese einen Fluchtversuch starten sollte und lachte sich halb kaputt. Roses eigener Zauberstab lag neben ihr auf dem Boden und war somit unerreichbar für sie. Sie wimmerte kläglich und zuckte verbissen vor den Berührungen des Hüters zurück. Ich hatte wie die meisten angenommen, dass der Streit zwischen den beiden Häusern mit dem Ende des Spiels vorbei wäre und die Angriffe aufhören würden, aber man musste kein Genie sein um zu erkennen, dass diese rachsüchtigen Slytherins offensichtlich schlechte Verlierer waren. Ehrlich gesagt hatte ich nicht zwischen die Fronten geraten wollen. Als Ravenclaw war es mir gleich, ob Slytherin oder Gryffindor gewann, aber das hier konnte ich nicht mit ansehen! Mutig ging ich ein paar Schritte auf die Slytherins und Rose zu. Ich kannte sie zwar nur vom Sehen und war nicht weiter mit ihr befreundet, aber eine ihrer Cousinen hatte es mir besonders angetan . . . Außerdem ging so etwas über die üblichen Streiche weit hinaus und konnte nicht geduldet werden! "Bist du nicht die Cousine von James Sirius Potter und Fred Weasley?", der eine Treiber lachte dreckig. "Die beiden sind mir vorhin ganz schön frech gekommen. Tja, dafür musst du wohl jetzt bezahlen!" Er trat ihr mit voller Wucht gegen das Schienbein und wenn sie sie nicht sowieso schon festgehalten hätten, wäre sie vermutlich umgeknickt. Die Jägerin holte zu allem Übel auch noch eine Schere aus ihrer Jackentasche hervor und mit einem bösartigem Gesichtsausdruck schnitt sie ohne zu Zögern das lange Haar von Rose ab. Glaubt mir, ich war nicht der Einzige der Umstehenden, die laut nach Luft schnapten, als die roten Strähnen zu Boden fielen. Rose war jetzt furchtbar bleich und zitterte wie verrrückt. Länger konnte ich das nicht stumm mitansehen. Ich hatte schon zu einem tapferen Satz angesetzt, als jemand an mir vorbei trat, ihren Zauberstab aufhob und ihn auf die Gruppe richtete, von denen scheinbar noch niemand gemerkt hatte, dass sie nicht mehr alleine waren. "Weg von ihr!", sagte die Person mit ruhiger Stimme. Erst jetzt erkannte ich, dass es sich um Scorpius Malfoy handelte: Einen Fünftklässler aus Slytherin und ebenfalls Mitglied der Hausmannschaft. Ein Malfoy half einer Weasley? Was lief da falsch? Der Hüter wandte sich mit abwertendem Ausdruck halb von Rose weg: "Alter, entspann' dich mal! Wo is'n dein Problem?" Die Treiber zuckten bedrohlich mit ihren Muskeln, doch Malfoy hatte seine Gesichtszüge perfekt unter Kontrolle und blieb gelassen. Er wiederholte lediglich seine Aufforderung machte eine lässige Bewegung mit seinem Zauberstab, was seine Hauskameraden zusammenzucken ließ. "Meine Fresse, sei doch nicht so empfindlich . . .", maulte der Hüter rum. Malfoy gab sich zwar entspannt, aber ich sah ganz genau wie sich seine Hand verkrampfte und er sie immer wieder zur Faust ballte und anschließend wieder lockerte. "Empfindlich?", presste er jetzt hervor und es war eine Spur Wut in seiner Stimme erkennbar. "Wir haben halt verloren, okay? Sieh es endlich ein, Granderin. Diese Weasley kann ganz sicher auch nichts dafür. Lass beim nächsten Mal einfach nicht so oft den Quaffel durch den Ring . . ." Der Hüter Granderin guckte angesäuert zu Malfoy und knurrte laut: "Halt die Fresse, Scorpius . . . Du hättest den Schnatz ja auch mal früher fangen können!" Malfoys Kiefer spannte sich deutlich an und er verringerte den Abstand zwischen sich und den Slytherins ein weiteres Mal. Erst direkt vor den Treibern, Granderin und Rose blieb er stehen. Der eiskalte Blick seiner grauen Augen blieb auf seinen Teamkollegen gerichtet. Ohne hinzusehen nahm er dessen Hand von Roses Schulter und gab Granderin anschließend einen leichten Schubs. "Ihr hattet euren Spaß. Jetzt verpisst euch, aber ein bisschen schneller!" Granderin schnaubte verächtlich und lachte leise auf. Ein gemeiner Ausdruck hatte sich auf sein kantiges Gesicht geschlichen. "Was höre ich da? Solche Worte aus dem Mund eines Vertrauensschülers?", höhnte er, dann leuchteten seine Augen auf: "Warte mal. Willst du die Kleine etwa flachlegen?" Als Scorpius nicht reagierte und ihn weiter ungerührt ansah, sich jedoch ein Hauch von Röte auf seine blassen Wangen stahl, lachte Granderin laut und gehässig auf. "Boah, Malfoy, das ist ja widerlich! Alter, ich dachte du hättest etwas mehr Geschmack! Hast du dir diese Weasley hier mal angesehen? Die hat ja noch nicht mal Titten, Alter, mir kommt's gleich hoch bei dem Gedanken dass du-", aber weiter kam er nicht, denn Scorpius Malfoy holte mit voller Wucht aus und schlug seinem Hüter mit der Faust mitten ins Gesicht, was diesen stöhnend ein paar Meter zurücktaumeln ließ. "Halt dich ja fern von mir!", zischte Malfoy nur und ging nicht auf die wüsten Beleidigungen der anderen Slytherins ein. "Und sie rührst du auch nicht mehr an, verstanden?" Dann schnappte er sich Rose, nahm sie nun schon etwas sanfter bei den Schultern und fragte, ob alles in Ordnung sei. Rose hing beinahe in seinen Armen und konnte sich gar nicht richtig auf den Beinen halten. Da stieß auch noch Roses Cousin Albus Severus Potter mit einem sehr ernstem und aufgewühltem Ausdruck im Gesicht zu ihnen. "Wäre ja auch zu schade gewesen, wenn heute Abend nichts Spannenderes passiert wäre als eine ungeschminkte Victoire Weasley . . .", meinte er grimmig und mit bissiger Ironie in der Stimme. Er packte ihren rechten und Malfoy ihren linken Arm, so humpelten sie zu dritt in Richtung Krankenflügel. Etwas unschlüssig blieb ich stehen und ärgerte mich wie so oft, nicht eingegriffen zu haben. Aber so war ich halt: Ein feiger Ravenclaw, der sich einfach nichts traute und sich lieber hinter seinen dicken Büchern vergrub. So langsam löste sich die Menge von Schaulustigen auf und natürlich hatte jeder eine Meinung zu dem Thema und jeder schien es als seine Pflicht anzusehen, diese auch mehrmals laut kund zu tun. Die einen fanden Malfoys Verhalten heldenhaft und verehrten ihn jetzt schon wie einen Heiligen, andere verurteilten ihn entsetzt für das absichtliche Verletzen eines Mannschaftskameraden. In einem waren sich jedoch alle einig: Die arme Rose Weasley hatte so etwas nicht verdient! Nie in ihrem ganzen Leben würden sie alle das wieder vergessen, behauptete jeder steif und fest. Missmutig schloss ich mich der aufgeregt schnatternden Masse an, die sich zurück in die Große Halle bewegten. Wenige Minuten später und mit einer großen Menge an Alkohol hatte ein Großteil der Schüler das ach so schlimme Ereignis jedoch bereits wieder verdrängt und fast alle tummelten sich begeistert auf der Tanzfläche. Scheinheiliges Pack . . . Ich stand am Buffet und schob mir eine Kürbispastete in den Mund. Meinen Zwillingsbruder Lysander konnte ich nirgendwo entdecken. Auch wenn ihr eineiig waren und uns recht ähnlich waren glaubten die Leute uns oft nicht, dass wir überhaupt in irgendeiner Weise verwandt waren. Da war ja schließlich einmal dieser düstere, etwas fiese Bad Boy aus Slytherin, mit dem sich niemand anlegen wollte und der stets mit einem anderen Mädchen im Arm und einer Zigarette im Mund gesehen wurde. Und dann gab es da diesen unscheinbaren Streber aus Ravenclaw, der immer las und lernte, nie auch nur ein Mädchen berührt hatte und meistens ohne Freunde in der Bibliothek rumhing. Falls ihr es noch nicht mitbekommen habt: Ich war dieser uncoole Streber. Abgesehen von dem blonden Haar hatten Lysander und ich auch nicht allzu viel auf den ersten Blick gemeinsam. Er hatte muskulöse Arme, kühle blaue Augen, trug zerissene Hosen, Lederjacken, stylte sich sein Haar und sein kalter Gesichtsausdruck zog mehr Mädchen an als ich überhaupt persönlich kannte. Ich hingegen hatte einen eher verträumten Ausdruck in den blauen freundlichen Augen, meine Klamotten schienen aus dem letzten Jahrhundert zu stammen, mit Muskeln sah es ganz schlecht aus und mein Haar ließ ich meist so wie es nach dem Aufstehen war. Tut mir ja unglaublich Leid, dass ich mit statt den neusten Trends lieber Gamps Gesetz der elementaren Transfiguration merkte! Und von all seinen Chics hielt ich auch nicht allzu viel. Ich meine, er trieb sein Jahren das selbe Spiel mit den unterschiedlichsten Mädchen, das wusste jeder und trotzdem viel jedes dieser leichtgläubigen Hühner wieder auf ihn herein! Wenn er ihnen die große Liebe versprach glaubten sie ihn. Wenn er sagte, dass es bei ihnen anders war als bei allen anderen und er es ernst meinte glaubten sie ihm. Wenn er ihnen versicherte, sie seien das Schönste was er je gesehen hatte, dann glaubten sie ihm. Wenn er ihnen weis machen wollte, dass er verrückt nach ihnen sei und so verdammt in sie verliebt war glaubten sie ihm. Und am nächsten Morgen konnte er sich nicht mal mehr an ihren Namen erinnern! Und dann war das Geheule natürlich groß. Kopfschüttelnd ließ ich meinen Blick über die tanzende Menge schweifen und mein Blick fiel auf James Sirius Potter. Der war genau vom selben Schlag wie Lysander! Jetzt knutschte James wild mit irgendeiner Ravenclaw und vergrub seine dreckigen Finger in ihrem blonden Haar. Warte mal, war er nicht eigentlich mit Alice Longbottom hier gewesen? Und tatsächlich stand diese einige Meter weiter und schien den Tränen nah zu sein. Kurz spielte ich mit dem Gedanken, zu ihr zu gehen und sie zu trösten, aber diese Idee verwarf ich ganz schnell wieder. Das war zwecklos, da ich mich so etwas nie im Leben trauen würde. Nie wagte ich solche Sachen. Wieso auch? Lysander war bei uns der risikobereite Raufbold, der vor nichts Angst hatte. Mir fiel auf, dass um Potter herum mehrere Mädchen standen, die neidische und verletzte Blicke auf die Ravenclaw warfen. Als ich unter ihnen auch Molly Weasley entdeckte, setzte mein Herz einen Augenblick aus und ich sah voller Zuneigung zu ihr herüber. Sie hatte sich etwas zu aufgetakelt für meinen Geschmack, der rote Lippenstift und das kurze Kleid wirkten unnatürlich an ihr. Am schönsten war sie meiner Meinung nach, wenn sie in der Bibliothek konzentriert lernte und nicht so künstlich wie jetzt wirkte. Ich nahm einen großen Schluck von meiner Butterbierflasche. Oh ja, ich trank mir tatsächlich Mut an, um ein Mädchen anzusprechen. Da sah man mal, wie weit mich meine närrische Verliebtheit schon getrieben hatte. Nach einer weiteren halben Stunde wurden alle Schüler unter der vierten Klasse weggeschickt und die Party ging richtig los. Irgendwann sah ich ein, dass ich mich nicht länger vor meinem Vorhaben drücken konnte. Es war an der Zeit zur Tat zu schreiten. Ich machte ein paar verkrampfte Schritte auf die Tanzfläche und wurde fast von ein paar kichernden Mädchen umgerannt. Unbeholfen versuchte ich mich im Takt zu bewegen und war mehr als dankbar, dass Lysander irgendwo mit einem seiner Mädchen verschwunden war und mich in diesem Moment nicht sehen konnte. Schließlich stand ich direkt hinter Molly und der Alkohol tat seine Wirkung: Ich fand ihr Outfit doch nicht mehr so schlimm wie vorher, ja, sie sah sogar richtig gut aus! Da ich nicht wusste was zu tun war, räusperte ich mich ein paar mal, doch in dem Lärm hörte mich natürlich keiner. Molly sah weiter zu James, diesem Idioten. Also war ich tatsächlich so blöd und tippte mit dem Zeigefinger auf ihre Schulter. Wie bescheuert konnte man sich bei so etwas eigentlich anstellen? Überrascht fuhr sie herum. Ich lächelte entschuldigend und hielt ihr zur Demonstration meines Angebotes auffordernd die Hand hin. "Tanzen?", schrie ich um die Musik zu übertönen und hoffte, dass ich keine allzu schlimme Fahne hatte. Molly sah mich für einen Moment abschätzend an und mir sank das Herz in die Hose. Ich war kurz davor, mich um zu drehen und wie ein kleines Kind wegzurennen, als sie sanft meine Hand ergriff. Mir fingen an, uns im Takt zu bewegen. Es lief Let me in von den Beatsteaks, aber ich nahm es nur im Hintergrund wahr. Eigentlich war es sowieso egal, weil Molly Weasley meine Hand hielt. Der Song war viel zu schnell vorbei und einen Moment standen wir uns in der tosenden Menge nur schüchtern gegenüber. Dann kam irgendeine ihrer Freundinnen aus Ravenclaw und sagte etwas zu ihr, woraufhin Molly mich entschuldigend anlächelte, winkte und ging. Ich blieb alleine zwischen all den auf- und abspringenden Tanzenden zurück und sah ihr wie betäubt nach.
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Hey <3
Ich freue mich total über die 600 Reads, das ist echt cool! Danke euch allen fürs Lesen. :** Mich würde mal interessieren, wer eure Lieblingsfiguren aus meiner FF sind und welche Pärchen ihr am meisten shippt. Das würde mich auch dabei helfen zu entscheiden, welchen Charakteren ich noch mehr Aufmerksamkeit widmen sollte. :)
LG, Jean <3
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Smells Like Teen Spirit
FanfictionRose Weasley wurde gerade frisch zur Vertrauensschülerin ernannt, muss zu ihrem Ärger aber mit Scorpius Malfoy zusammen arbeiten. Die beiden können sich gar nicht leiden, ganz anders ist es bei Victoire Weasley und Teddy Lupin. Roxanne Weasley er...