Kapitel 14

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Albus Severus Potter P. o. V.

Ich nippte stumm an meinem Glas mit Kürbissaft und beobachtete die Schüler um mich herum. Die Halloweenparty hatte gerade begonnen, das Buffet war aufgebaut und alle standen laut erzählend in kleinen Grüppchen herum. Nun gut, ich hatte mich etwas abseits hingesetzt. Aber nicht, weil ich keine Freunde hatte, sondern weil mich die ganzen oberflächlichen Gespräche herzlich wenig interessierten. Meine Güte, dann war meine Cousine Victoire Weasley halt mal ungeschminkt! Und? Sie war trotzdem wunderschön und Teddy Lupin, ihrem Freund und meinem Fast-Bruder, schien es nichts auszumachen. Tatsächlich zog er sie gerade auf die leere Tanzfläche, schlang verliebt die Arme um sie und flüsterte Dinge in ihr Ohr, die sie verlegen lachen ließen. Ich grinste und nahm einen weiteren Schluck. Wisst ihr, wenn die Menschen die ich liebte glücklich waren, dann war ich es auch. Doch die beiden Siebtklässlerinnen aus Slytherin neben mir hatten seit zehn geschlagenen Minuten ernsthaft kein anderes Gesprächsthema als Victoire. Lästern konnten die beiden auf jeden Fall . . . Dabei bemerkten die hohlen Tussis jedoch nicht, dass die Jungen hinter ihnen sich die ganze Zeit leise über ihre Hinterteile unterhielten und sie kritisch mit Punkten von 1 bis 10 bewerteten. Gott, wie ich solche sexistischen Idioten hasste! Aber sich über die Dummheit der Leute aufzuregen hatte keinen Sinn, das wusste ich mittlerweile. Dann konnte ich mich auch darüber beschweren, dass der Hahn morgens krähte und die Welt sich drehte. Es war zwecklos! Im nächsten Moment fiel mein Glas  mir fast aus der Hand, als mein großer Bruder James Sirius mir von hinten kräftig auf den Rücken schlug. Ich schloss kurz entnervt die Augen, dann wandte ich mich zu ihm. Er war ganz anders als ich: laut, lustig, mutig, beliebt und cool, aber auch etwas beschränkt, selbstverliebt, arrogant, unempathisch und manchmal ziemlich fies. Zumindest zu mir. Sagen wir es mal so: Er war nicht der beste Bruder. "Na, du Lusche!", rief er ausgelassen. "Trinkst mal wieder keinen Alkohol?" James war natürlich wieder total voll, dabei hatte die richtige Party für die Fünft-, Sechst- und Siebtklässler noch gar nicht angefangen. Er ließ mich nicht mal ausreden und lachte dreckig: "Keine Sorge, Brüderchen, ich erzähle Mummie und Daddie schon nichts, falls du mal etwas anderes alsdiesen Babykram willst. Ich hoffe doch sehr, sie waren nicht zu enttäuscht, als du nicht zum Vertrauensschüler ernannt wurdest?" Er tat gespielt besorgt und kicherte verdruckst. Ich bewahrte mein freundliches, kühles Lächeln und antwortete höflich: "Nein, das war kein Problem für sie. Sie mussten schon mit der Blamage klar kommen, dass ihr ältester Sohn sich in der Öffentlichkeit wie ein hirnamputierter Affe aufführt und sein Horizont nicht über den Tellerrand hinausreicht, da war das lediglich ein kleiner Schock." Er war so besoffen, dass ihm diese beleidigung sogar entgegen. Meinetwegen, sollte mir recht sein. Ich persönlich war sowieso nicht so wild darauf gewesen, Vertrauensschüler zu werden und gönnte es Scorpius wirklich. Er war echt okay. Ganz anders als James, derjetzt feixend an das Buffet herantrat und eine Wurstscheibe vor meinen Augen hin- und herschwanken ließ. "Na, Lust auf Fleisch?", fragte er schelmisch. Diese Scherze wurden langsam echt albern und ich widerstand der Versuchung, ihm die Scheibe aus der Hand zu schlagen. Ich ernährte mich seit fast drei Jahren vegetarisch, aber das verstand James - beschränkt wie er war - überhaupt nicht. "Danke, heute nicht", gab ich nur zurück. Zum Glück gesellte sich in diesem Augenblick unsere Cousine Rose dazu, die heute meine Begleitung war. Natürlich gingen wir nur als Freunde, obwohl Rose wirklich hübsch aussah, besonders heute in ihrem roten Kleid und mit ihren aufgeregten, geröteten Wangen. Nervös küsste sie mich auf die Wange und sah sich neugierig um. "Glaubst du es gefällt ihnen?", wollte sie von mir wissen. Ich schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln: "Klar! Schau dich doch um. Nachher tanzt unser James hier auf den Tischen und alle hysterisch kreischenden Mädchen sind glücklich." Sie verpasste mir für meinen ironischen Kommentar einen leichten Klaps auf den Hinterkopf. James bekam gar nichts mehr mit und torkelte davon. Rose plapperte irgendetwas über die Planung vor sich hin und ich hörte ihr aufmerksam zu. Dabei registrierte ich, dass sie auffällig oft wie durch Zufall einen Blick zu unserer linken Seite warf, wo Scorpius Malfoy mit seiner Begleitung Juliet Nott stand. Juliet war nebenbei bemerkt die jüngere Schwester von einem der Mädchen, die vorher über Victoire gelästert hatten und sich jetzt über Teddys blaue Haare ausließen. Man konnte sich also denken, wie Juliet so drauf war. Nach einigen Minuten klatschte Rose in die Hände und rief Lucy zu sich. Oh man, ich musste mich so zusammen reißen, sie nicht dauernd anzustarren! Klar, sie war meine Cousine und ich war eigentlich keiner dieser gaffenden Jungen, aber bei Merlins Unterhose: Sie sah verdammt gut aus! Aber nicht wegen ihrer Kleidung oder ihrer Schminke, sondern weil sie einfach eine wahnsinnig anziehende Ausstrahlung hatte. Obwohl sie etwas kühl wirkte, war der intensive Blick ihrer Grünen Augen noch krasser als sonst und ich konnte mich kaum von ihrem Anblick lösen. Das musste ich auch nicht, denn sie sollte nun zusammen mit Frank Remus Longbottom singen. Selbstbewusst wie eh und je trat Lucy auf die erhöhte Plattform, wo sonst die Lehrer saßen und jetzt ein Hocker stand, auf den Frank sich jetzt mit seiner Gitarre setzte. Im Gegensatz zu Lucy lächelte er schüchtern ins Publikum und hob zum Gruß kurz die Hand, während die Menge sich um sie scharte und ruhiger wurde. Rose zog mich ungeduldig mit und wir ergatterten gerade noch gute Plätze. Lucy ließ ihren konzentrierten, dezent kalten Blick über alle schweifen, bevor sie mit rauer Stimme und einem winzigen Lächeln auf den Lippen sagte: "Guten Abend. Ich bin Lucy Weasley und das ist Frank Longbottom. Wir singen jetzt ein bisschen was für euch. Habt ihr Bock?" Alle fingen an zu johlen und zu rufen, während Rose sich zu mir beugte und stolz in mein Ohr flüsterte: "Scorpius und ich haben die Songs ausgewählt! Cool, oder?" Ich nickte schmunzelnd. Lucy verkniff sich ein Grinsen, gab Frank kurzerhand ein Zeichen und die ersten Akkorde von Smells Like Teen Spirit  erklangen. Die Schüler und Schülerinnen aller Häuser fingen wie wild an zu tanzen und abzugehen. Rose bewegte sich etwas ungelenk neben mir, während ihre braunen Augen dauernd zu Scorpius rüber huschten. Sogar ich wippte mit, mehr oder weniger ihm Takt. Lucys Stimme klang fabelhaft rau und sie machte aus dem Lied etwas ganz Eigenes. Frank spielte auch nicht schlecht und wirkte sehr konzentriert. Nachdem Lucy mit atemberaubenden Tonhöhen leicht keuchend aufhörte, brandete wilder Applaus auf. "Danke . . . Der nächste Song, nun, der liegt mir persönlich sehr am Herzen: Like The Way I Do von Melissa Etheridge."

Smells Like Teen SpiritWo Geschichten leben. Entdecke jetzt