Nachdenklich musterte James mich, ehe sich seine Lippen langsam zu einem Grinsen verzogen.
Verwirrt erwiderte ich seinen Blick. „Was?", fragte ich. Doch er grinste nur weiterhin verschwörerisch. „James?" Keine Antwort. Mittlerweile machte mir sein Grinsen Angst.
„James, was soll das?", wollte nun auch mein Bruder stirnrunzelnd wissen. James' Grinsen wurde noch breiter. „James, das ist unheimlich!" Aber vielleicht legte er es auch gerade darauf an. Manchmal war er komisch, obwohl er immer behauptete, nicht komisch zu sein.
Lucius hatte recht. Das war wirklich unheimlich.
„Ich glaubte, Freya mag Mikéle.", eröffnete James und stolz über seine vermeintliche Erkenntnis.
Ich erbleichte. „WAS?" Nein, mochte ich nicht! Mikéle war blöd und das wusste James auch! Lieber würde ich im Sommer einen Wintermantel anziehen, als mich mit Mikéle anzufreunden!
James lachte. „Freya mag Mikéle!", wiederholte er breit grinsend. Er war so fasziniert von dieser Idee, dass er gar nicht mehr davon ablassen konnte. Manchmal konnte er so nervig sein! Was dachte er sich eigentlich? Er hatte nicht mehr alle Tassen im Schrank. Weshalb sollte ich Mikéle mögen? Er war zwei Jahre älter als ich, Jos Bruder und er war ein Junge! Na gut, James war auch ein Junge, aber das war was anderes!
Langsam schien Lucius zu begreifen, was unser bester Freund mit seiner Aussage meinte und er schüttelte nur ungläubig lachend den Kopf. „Du redest von Freya. Weißt du das?"
James nickte heftig. „Genau deswegen ja! Freya und Mikéle! Stell dir mal vor!" Dann ergriff er zu allen Übels auch noch meine Hände und begann zu singen: „Freya und Mikéle sitzen auf 'nem Baum!"
„James!", rief ich wütend und er hörte auf zu singen, zwinkerte mir aber noch einmal zu.
„Du Idiot!", rief ich. „Gleich spürst du den Zorn der Krücken!" Um meine Drohung zu unterstreichen, hob ich die Krücken. James wich sicherheitshalber ein wenig zurück und hob beschwichtigend die Hände. „Schon gut, schon gut. Hätte ja sein können!" Ganz bestimmt nicht.
James sagte den Rest der Pause nichts mehr, auch wenn Lucius auf ihn einredete. Ich beachtete die beiden nicht. Wenn ich so darüber nachdachte, glaubte ich, dass Mikéle und ich uns vielleicht eigentlich ganz gut verstehen würden, wenn es Jo nicht geben würde. Ich könnte mir vorstellen, dass ich mich sogar mit ihm anfreunden könnte, da wir uns vermutlich ziemlich ähnlich waren. Aber wenn es Jo nicht geben würde, hätte ich wahrscheinlich auch nie ein Wort mit Mikéle gewechselt und ihn nicht einmal bemerkt. Schließlich war er schon in der Vierten.
James lehnte sich zu mir rüber. Natürlich war er meinem Blick gefolgt. „Na? Träumst du von deinem Freund?", stichelte er grinsend.
„Du Blödmann!", rief ich, sprang auf und zog meine Krücken. Er hatte es nicht anders gewollt! Ich hatte ihn doch gewarnt. „Denk doch nicht so falsch!"
James schrie wie ein kleines Mädchen glockenhell auf und rannte vor mir davon. Mir würde er nicht entkommen!
„Bleib stehen!", rief ich ihm wütend hinterher. Alle Blicke zogen sich auf uns.
„Nein! Ich bin doch nicht lebensmüde!", schrie James, während er rannte wie ein Weltmeister. Ich humpelte ihm hinterher, die Krücken natürlich griffbereit. James wich einem Baum aus, sah dabei aber den anderen Baum nicht mehr und lief genau gegen ihn. Mit einem Stöhnen landete er auf dem Boden und ich konnte ihn endlich einholen. James schrie wieder auf, als er mich sah und stürmte kopfüber in das nächste Gebüsch.
„Angsthase!", rief ich ihm zu, doch musste nun lachen. James traute sich eine Zeit lang nicht aus dem Gebüsch, doch als er sich sicher war, dass ich ihm nichts mehr tun würde, kam er wieder heraus.
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Freya Winter - Mutant
Science FictionMutanten. Genveränderte Menschen. Die neue Zukunft. Weltverbesserung. So sollte es zumindest laut Ambrosia sein, ehe das Experiment nach hinten losging. Sie sind schneller als normale Menschen, stärker und anders. Die perfekten (Nicht-)Menschen. Un...