Kapitel 4

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„Und du bist wirklich mit ihm ins Kino gegangen?", fragte Nina überrascht. „ Ja, hast du was dagegen? Ich mag ihn halt und wenn ich von ihm eingeladen werde muss ich nichts bezahlen, ist doch cool. Wo liegt dabei das Problem? Übrigens habe ich im Kino einen Film gesehen, der sich ganz interessant angehört hat. Er heißt Safira und handelt von einem Pferd, das nur auftaucht, wenn man in Gefahr ist oder Hilfe braucht. Das hört sich doch gut an, wir könnten doch zusammen da rein gehen, wird uns vielleicht weiter helfen", rief ich aufgedreht. „ Am besten nehmen wir noch Philipp mit, was hältst du von der Idee?", antwortete sie belustigt. Ich hörte einfach nicht hin, denn letzt endlich ist sie einfach nur neidisch, da sie bis jetzt noch nie von einem Jungen eingeladen wurde. Ich wusste zwar, dass sie auf meinen Bruder Justin stand, aber der war leider nicht oft zu Hause und er ist vier Jahre älter als wir, dazu kommt, dass er schon eine Freundin hat. Ich finde es eigentlich schade, dass er nie zu Hause ist, da ich froh bin seine Schwester zu sein, denn er ist immer cool drauf, man kann gut mit ihm reden und er versucht uns alle immer zu verstehen. „ Philipp hat doch gar keine Ahnung von dem was passiert ist und was passieren könnte", antwortete ich auf ihre gestellte Frage. Wir sattelten Never Forget und Nelli und beschlossen ein wenig in der Halle zu reiten und zum Trockenreiten ins Gelände zu gehen. Ich musste mit Never besser in der Dressur werden, da wir in ein paar Wochen zu einem Turnier gemeldet waren. Wir beherrschten alle Übungen außer der Traversale. Meistens stolperte Never Forget beim zweiten Kreuzschritt und wir mussten von vorne anfangen. Es ist sein erster Start, vorher bin ich immer mit Pusteblume, meiner Vollblutaraberstute auf Turnieren geritten. Ich spürte, wie eine Träne ihren Weg nach unten bahnte, aber eines Tages hatte sie zu große Schmerzen in Hüfte und Knie, dass sie nicht mehr laufen wollte und musste eingeschläfert werden. Ich war am Boden zerstört und habe mir geschworen sie nie zu vergessen, ihr Fell, dass ihr ihren Namen verlieh, ihre Gänge und ihr Wesen, das habe ich bis jetzt auch noch nicht und ich vermisse sie so sehr. Hätte ich damals nicht Never gehabt, hatte ich mir nie wieder ein Pferd gekauft. Plötzlich sprang Never ohne Vorwarnung zur Seite und ich verlor den Halt und fiel unsanft, mit den Beinen zuerst auf den Boden, stolperte und machte einen Purzelbaum mein rechtes Bein tat weh, aber ich war froh, dass ich damals Voltigieren hatte. „ Ist dir was passiert? Es sah sehr spektakulär aus", fragte mich Nina besorgt, aber in ihrer Stimme war auch Bewunderung zu hören. „ Mir geht es gut. Aua", schrie ich als ich mein Bein bewegte. Aber ich stand auf und versuchte zu laufen, es ging tat aber weh, also konnte ich mir sicher sein, dass nichts gebrochen war. Ich versuchte Never einzufangen, aber ohne Erfolg. Irgendwas hatte er, aber er sagte es mir nicht wie sonst mit seinen Augen. Dann passierte etwas, mit dem ich nie im Leben gerechnet hätte. Never galoppierte an das Ende der Bahn und von dort im gestreckten Galopp auf die geschlossene Hallentür zu. Ich hielt die Luft an, da diesen Sprung auch geübte Springpferde nur mit Mühe geschafft hätten. Never setzte zum Sprung an und stieß sich ab, er segelte ganz gelassen über die Hallentür um dann auf der anderen Seite voller Panik weiter zu galoppieren. Nina saß nur mit offenem Mund auf Nelli und brachte nur einen kurzen Satz heraus: „ Vielleicht solltest du mit Never anfangen zu springen, er kann es so wie es aussieht ganz gut." Ich wartete nicht lange und lief zum Stall. Ich sah nur noch Nevers Schweif im Wald verschwinden. Im Stall schnappte ich mir Morgenstern, ein Galopper, der mir in Beritt gegeben wurde, weil er ein Steiger ist. Ich wusste, was er drauf hatte und schwang mich noch im Stall auf seinen Rücken. Damit er nicht steigen konnte, trieb ich ihn aus dem Stand in den Galopp. Ich galoppierte über den Hof und hörte, dass Nina mir folgte. „ Du bist verrückt, du hättest auch Kavalier nehmen können. Seine einzige Macke ist es, dass er nicht gerne Dressur reiten, aber du musstest ja unbedingt Morgenstern nehmen und dann auch noch ohne Sattel und ohne Trense", Nina war außer sich. „ Er ist eigentlich ganz leicht zu reiten, man muss ihn nur so treiben, dass er nicht ans steigen denken kann", antwortete ich in Gedanken, denn ich hatte keine Zeit Nina zuzuhören. Als wir in den Wald einbogen, machte ich mich leicht und setzte mich in den Leichtensitz. Dies war das Zeichen für ihn in den Galopp zu gehen und dass machte er auch. Er wurde schneller und schneller. Ich wusste gar nicht mehr, wie schnell ein Pferd rennen kann. Doch was ich wusste war, dass es riskant war in dem Tempo durch den Wald zu galoppieren, aber ich hatte keine andere Chance. So langsam verlor ich seine Spur, denn es hatte lange nicht mehr geregnet. „ Was hat Never nur so aufgeregt?", fragte mich Nina, die nur schwer hinterher kam. Zwischen uns war schon jetzt ein großer Abstand. „ Ich habe keine Ahnung, doch da muss irgendwas gewesen sein", antwortete ich. Dann passierte es. Plötzlich stoppte Morgenstern mitten aus dem Renngalopp und ich wurde unsanft auf seinen Hals geworfen. Ich rechnete damit, dass er als nächstes steigen wird, aber es passierte nichts der Gleichen. Er stand nur da und bewegte sich keinen Zentimeter mehr. Erst jetzt bemerkte ich das Pferd vor meiner Nase, die mich aus treuen Augen anschaute. Sie benahm sich, als ob wir uns schon ewig kennen würden. „ Komisch. Sie sieht so aus, als ob sie mir mal gehört hätte", sagte ich in Gedanken. „ Wen meinst du? Da ist doch niemand", meldete sich Nina. „ Warum nur sehe ich sie alleine und keiner sonst?", fragte ich mich. „ Wen denn?", fragte Nina sichtlich verwirrt. „ Du weißt doch genau, wen ich meine. SIE", antwortete ich und zeigte auf Safira. „ Hää?", Nina sah mich weiterhin verständnislos an. „ Safira. Klingelt es?", half ich ihr jetzt etwas genervt auf die Sprünge. „ Ach, dieses Geisterpferd, dass nur du siehst und keiner sonst", kam Nina drauf. Ich ließ mich von Morgensterns Rücken rutschen und ging auf Safira zu. Ich strich ihren Hals entlang bis ich an ihrem Rücken angekommen bin. Dann folgte eine Kurzschlussreaktion, ich schwang mich einfach auf Safiras Rücken. „ Du schwebst und deine Haare sind länger als sonst und weiß, fast durchsichtig", rief Nina fassungslos. Ich ignorierte sie und ließ Safira antreten. Sie ging entschlossen voran und ich ließ sie ihren Weg gehen. Morgenstern folgte ihr, es war fast so, als ob Safira mit ihm gesprochen hätte. Ich achtete aber nur darauf, mir den Weg gut einzuprägen. Safira führte uns wieder aus dem Wald heraus. Auf einer Wiese stand Never und graste ganz gelassen. So als ob nichts gewesen wäre. Wir ritten auf ihn zu und ich sprang von Safiras Rücken. Als ich bei ihm angekommen war, nahm ich seine Zügel und sagte: „ Was passiert ist, wirst du mir nicht sagen, aber ich bin froh, dass es dir gut geht." Ich sah auf die Uhr. Mein Bruder Justin wollte um fünf nach Hause kommen und ich konnte es gar nicht mehr erwarten. Er war nämlich ein Jahr auf Tour. Ich möchte heute aber noch ein bisschen Zeit mit ihm alleine in seinem Zimmer verbringen und er wird mir wieder aktuelle Geschichten erzählen. Heute hat er zwar noch ein Konzert und wird nicht zu Hause schlafen, aber ich darf mit aufs Konzert und sitze vorher und nachher in seiner Kabine. Es ist immer sehr witzig, da nachher immer noch ein paar kreischende Fans Backstage sind. Für mich ist das alles normal, da ich ja Justin Steins kleine Schwester bin, aber sie sind immer neidisch, dass ich so nah an Justin sitze, weil sie nicht wissen wer ich bin. Nach dem Konzert werde ich dann von irgendwem nach Hause gefahren. Dann dauert es einen Tag und Justin ist wieder zu Hause. Dass ist immer die beste Zeit meines Lebens.

Das geheimnisvolle SchlosspferdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt