Kapitel 15

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Als Alice und ich in der siebten Klasse waren, beschlossen wir am Anfang des neuen Schuljahres einem freiwilligen Wahlfach beizutreten. Es nannte sich Tonstudio und allein aufgrund des Namens waren wir uns hundertprozentig sicher, den coolsten, interessantesten und beliebtesten Club beigetreten zu haben. Der leitende Lehrer war Mr McCann, der uns alle ihn zur Einfachheit nur Thomas nennen ließ. Er war und ist einer der besten Lehrer hier an dieser Lehranstalt des höheren Wissens. Jedenfalls waren wir einen Tag vor dem ersten Treffen unglaublich aufgeregt. Sofort hatten wir das Internet nach Fachbegriffen in diesem Gebiet und ihren Definitionen, die auch für uns damalig Elfjährigen verständlich waren, durchforstet. Die Freude unser neues Wissen auf Papier zu bringen war groß, ebenso die Motivation.

Am nächsten Vormittag konnten wir uns im Unterricht davor fast gar nicht konzentrieren, so übereifrig waren wir. Die Enttäuschung, die wir empfanden, als wir sahen dass dieser Kurs nur vier Mitglieder (mit uns) hatte muss man deutlich von unseren kindlichen Gesichtern lesen haben können. Austreten konnten wir nicht mehr also blieb uns nichts anderes übrig als uns durch diese eine Stunde wöchentlich zu quälen. Jedenfalls waren die ersten paar Treffen unglaublich langweilig. Doch nach ein paar Stunden kam plötzlich der beliebteste Junge aus unserer Jahrgangsstufe. Wir beide waren so überrascht dass uns der Mund mindestens ein paar Sekunden lang offen stand.

Irgendwie fühle ich mich genau in diese Situation zurück versetzt, nur ist es dieses Mal Alice alleine, der die Kinnlade herab fiel. Meine Wenigkeit hat es über die Jahre geschafft, solche tolpatschigen oder peinlichen Gesten und Angewohnheiten zu vermeiden und tatsächlich abzugewöhnen. An dieser Stelle klopfe ich mir in Gedanken auf meine Schulter. Es scheint jedoch ganz so, als wäre es meiner besten Freundin noch nicht gelungen, dabei bin ich die Unfähigere von uns beiden. Da es mein Job ist (Freundinnen-Codex zwischen uns beiden) hänge ich mich bei ihr ein und flüstere ihr bedacht unauffällig ins linke Ohr.

„Mach mal deinen Mund zu, sonst meinen sie noch du bist schnell sprachlos zu machen."

Auch wenn ich sie nur vom Profil sehe, so weiß ich jedoch, dass sie sofort schaltet und schon ist sie gerettet. Tja, wofür hat man Freunde. Dankbar dreht sie sich kurz zu mir um und perfektioniert die Lage meiner Hand auf ihrem Arm, des weiteren erkenne ich den Hauch eines Lächelns auf ihrem Gesicht. Wenige Augenblicke gilt ihr Blick wieder Jonas und seiner Freundin. Ich glaube sie heißt Isobel. Sie umarmt sie kurz.

„Hi, ich bin Alice und das ist Irina. Es freut uns, dich kennenzulernen."

Isobel nickt nur und sieht erwartend zu mir. Was will sie denn? Achso! Doch es ist schon zu spät, denn der Ellenbogen meiner besten Freundin ist schon meinem Bauch gefährlich nah. Schnell wehre ich ihn ab und sehe nun zu der Fremden.

„Ja, falls dir Jonas mal zu sehr auf die Nerven gehen soll, dann empfehle ich dass du zu uns kommst, denn wir sind brilliant im Ablenken und Moralische Unterstützung sein.", erkläre ich möglicherweise ein kleines bißchen zu selbstbewusst. Aber was ich sage ist nur die Wahrheit.

Ihre Reaktion bringt mich zum Lächeln. Überraschung und Nervosität stehen ihr quer übers Gesicht geschrieben. Die Arme, wahrscheinlich habe ich sie so sehr verängstigt, dass sie bereits Fluchtgedanken hat. Am Ende nickt sie nur. Niemand sagt etwas. Okay, Leute es ist Starrzeit!!

Ihre mittellangen Haare glänzen in einem gewöhnlichen Dunkelbraun, wobei ihre Spitze von Natur aus ein wenig heller sind. So sieht es zumindest aus. Ihre türkisen Augen stechen aus ihrem gesunden leicht pinken, ovalförmigen Gesicht heraus. Perfekt gezupfte Augenbrauen umrahmen ihre langen geschwungenen Wimpern.

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