Julias P.O.V:
Eine leichte Brise an meinem Nacken weckte mich. Im Halbschlaf vergrub ich mich tiefer in meine Decke, wollte dass die Brise endlich aufhörte, doch sie blies regelmäßig, in kleinen Abständen weiter, ohne Gnade. Ich öffnete blinzelnd meine Augen, es war gerade mal Morgengrauen, doch das bisschen Licht reichte aus um mich zu blenden und ich schloss sie wieder. Während mein Verstand immer klarer wurde, spürte ich auch ein dumpfes Pochen in meinem Kopf. Ich musste es wohl gestern auf der Party übertrieben haben. Die Müdigkeit packte mich und ich wollte gerade wieder ins Schlummerland versinken als ich einen Arm um meine Mitte spürte, der so gar nicht hierher gehörte. Schlagartig war ich wach und öffnete meine Augen. Erst jetzt fiel mir auf, dass das gar nicht mein Zimmer war. Die Erinnerungen der letzten Nacht drängten sich in mein Bewusstsein, und ich schluckte schwer, betend, dass jedenfalls der letzte Teil nur ein Traum gewesen war, doch einen Blick an meinem Körper entlang reichte aus um meine Hoffnungen zu zerstören. Harrys Atem strich weiter über meinen Nacken und sein Arm zog mich näher an ihm, bis er sein Gesicht in meinen Haaren vergrub, immer noch schlafend. Ich musste mir die Hände vor dem Mund halten um ein Schluchzen zu unterdrücken. Wie hatte ich es bloß so weit kommen lassen können? Wie hatte ich das bloß Lianne antun können? Das war Betrug von der schlimmsten Sorte, ich hatte, in einer Nacht, alles zerstört was mir wichtig war: Meine Freundschaft zu Lianne, zu Harry und meine Selbstachtung. Während eine Träne langsam meine Wange herunterlief, versuchte ich mich so sanft wie möglich aus Harrys Klammergriff zu befreien, ich wollte nicht dass er aufwachte und mitbekam wie ich die Flucht ergriff. Schnell suchte ich meine Klamotten zusammen und zog mich an. Mit einem letzten Blick auf den schlafenden Jungen verließ ich das Zimmer und eilte den Flur entlang zum Aufzug, wo ich meine Schuhe packte und in den Fahrstuhl stieg.
Ich erblickte mein Spiegelbild und erschrak, ich sah furchtbar aus, mein Make-Up war auf meine Wangen hinunter gelaufen und meine Augen waren rot und geschwollen. Und dann brach ich zusammen. Ich rutschte weinend mit dem Rücken an der Wand entlang, bis ich auf dem Boden saß. Ich konnte meine Tränen nicht zurückhalten und weinte bitterlich weiter. Ich wusste jetzt definitiv, dass ich mehr für Harry empfand, dass seine alleinige Präsenz mein Herz schneller schlagen ließ, dass mein Verlangen nach ihm mich verzehrte. Umso mehr tat es weh zu wissen, dass ich mich ihm nicht mehr nähern durfte, es durfte nicht noch mal so weit kommen, das konnte ich Lianne nicht antun.
Ein starker Griff um meinen Arm hob mich hoch und brachte mich zum Stehen.
„Kommen Sie, Miss, alles wird wieder gut, ich rufe ihnen ein Taxi“
Der Nachtportier führte mich zu einem der Sessel in der Eingangshalle des Gebäudes, wo ich zitternd Platz nahm, außerdem zog er sich seine Jacke aus und legte sie mir um die Schultern bevor er zu seinem Tresen zurückging. Ich hörte wie er eine Nummer ins Telefon wählte und schnell darauf einsprach. Dann kam er wieder zu mir zurück.
„Kann ich noch etwas für Sie tun? Ein Glas Wasser oder ein Taschentuch vielleicht?“
Ich schüttelte leblos den Kopf, ich wollte nur so schnell wie möglich weg von hier, solange ich noch stark war, denn ich wusste, würde ich ihn jetzt sehen, wäre es um mich dahin.
Als das Taxi da war, gab ich dem Portier seine Jacke zurück und stieg so schnell wie möglich ein. Erinnerungen aus der Nacht drangen in mein Gedächtnis und ein erneuter Tränenschwall nässte meine Wangen. Niemand durfte davon erfahren, es war ein Fehler gewesen. Zitternd holte ich mein Handy hervor, und die Nachricht, die ich schrieb brach mein Herz, doch es musste sein.
Zuhause angekommen stieg ich erst unter die Dusche, schrubbte so heftig, dass meine Haut brannte, ich versuchte die Erinnerung an die letzte Nacht auszuwaschen, seinen Geruch von meinem Körper zu entfernen. Der Schmerz lenkte mich ab, ließ mich klarer denken, half mir zu verdrängen.
Harrys P.O.V:
Ein Lächeln umspielte meine Lippen als ich mit Genuss an die vergangene Nacht zurückdachte. Wenn ich vorher unsicher war, wusste ich nun, dass ich definitiv mehr für Julia empfand. Letzte Nacht war nicht das Ergebnis von Freundschaft. Ich streckte meine Hand aus um nochmal ihre warme Haut zu spüren, doch fand nur kalte leere. Verwirrt öffnete ich meine Augen und wurde von der Sonne geblendet, die schon hoch im Himmel stand, es war bestimmt schon Zehn Uhr. Ich suchte mein Zimmer mit einem Blick ab, doch sie war nirgends zu sehen, ihre Sachen waren auch verschwunden. Ich zog mir eine Jogginghose an und sah sicherheitshalber im Badezimmer nach, doch auch dort war sie nicht. Ein mulmiges Gefühl befiel mich, während ich wieder in mein Zimmer zurück schlurfte. Ich sah mich noch einmal gründlicher um, vielleicht hatte sie ja eine Nachricht hinterlassen, es war einfach nicht ihre Art, ohne ein Wort abzuhauen, vor allem nachdem was letzte Nacht passiert war. Plötzlich klingelte mein Handy und ich erschrak. Schnell ging ich ran.
„Hallo?“, meine Stimme klang kratzig und verschlafen.
„Hey, Hazza!“, ertönte Liannes fröhliche Stimme. Ich ließ mich aufs Bett fallen und strich mir müde über's Gesicht. Sie hatte ich komplett vergessen. Ich mochte sie aber sie konnte Julia unmöglich das Wasser reichen.
„Hazza? Hörst du mich?“, sie klang sichtlich verwirrt. „Hallo?“
„Ähm.. was?“, fragte ich und riss mich zusammen.
„Oh man, hörst du dich müde an“, lachte sie fröhlich. „Habe ich dich etwa geweckt? Ich wollte fragen, wie die Party gestern war, und ob du auch Julia getroffen hast?“
Schuldgefühle überfielen mich und ich blieb unfähig zu antworten. Leises Lachen ertönte am anderen Ende der Leitung.
„Ich merke schon, du bist noch halb im Koma, ich rufe später noch mal zurück. Bis dann!“
Damit legte sie auf. Verloren starrte ich auf mein Handy und merkte, dass ich noch eine ungelesen SMS hatte. Erstaunt, dass ich sie nicht früher bemerkt hatte öffnete ich sie.
Es war, als würde mir ein Dolch aus Eis das Herz durchbohren. Das Hochgefühl, dass ich heute Morgen noch gespürt hatte, verließ mich in einem Atemzug. Zitternd ließ ich das Handy fallen und verließ mein Zimmer. Die SMS war noch geöffnet und man konnte sieben Wörter lesen.
„Letzte Nacht war ein Fehler, vergiss sie“
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You've got that One Thing
FanfictionAls Julia Ende März nach London fliegt ahnt sie noch nichts von der Welle von Veränderungen, die sich in ihrem Leben anbahnt. Zwischen Konzerten, Castings und Jungs, droht die angehende Schauspielerin den Kopf zu verlieren. Wird sie mit der plötzli...