Kapitel 6

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Liam

Gerade ist der Moment eingetroffen vor dem ich mich die letzten 2 1/2 Jahre gefürchtet habe. Nun steht sie vor mir, mit einem kalten, ausdruckslosen Gesichtsausdruck und schaut mir in die Augen. Für die anderen mögen ihre Augen leer scheinen, doch ich sehe mehr darin, viel mehr. Ich sehe wie sehr ich ihr gerade weh tue. Durch ihre Augen konnte ich schon immer sehen wie es ihr geht, wie sie sich fühlt. Wenn ich ihr jetzt in die Augen schaue sehe ich Verzweiflung, Trauer, Schmerz, Wut und Erleichterung. Ihre Augen schreien stumm nach Hilfe, nach Erlösung. Ich bin doch gegangen und habe den Kontakt zu ihr abgebrochen, damit ich ihr nicht mehr wehtun kann.

Flashback

Die Sonne schien wie verrückt und es war verdammt heiß heute! Dies ist definitiv einer der schönsten Tage in diesem Sommer und gleichzeitig auch der schlimmste. Es war der letzte Tag an dem ich bei ihr sein werde. Schon alleine der Gedanke, ein Leben ohne sie, ein leben ohne den Menschen der mich so liebt wie ich bin und mich nie verändern wollte, ohne den Menschen der mich immer zum Lachen bringt, ohne den einzigen Menschen bei dem ich jemals Tränen vergossen habe, der einzige der sie getrocknet hat, ein Leben ohne meine beste Freundin ist unvorstellbar und auch der schmerzhafteste Gedanke in meinem Leben. Mein armseliges Leben, welches nur ein kostbaren Inhalt hat und zwar sie. Ally Hamilton meine beste Freundin und meine kleine Schwester, die ich nie hatte. Sie ist die Sonne die sowohl Tags als auch Nachts meine graue Welt zum Leuchten bringt.

"Hey, Erde an Liam.", -Ally, während sie mit ihren Fingern vor meinen Augen rumschnipst, damit sie meine volle Aufmerksamkeit bekommt. Ein Grinsen schleicht sich unbewusst auf mein Gesicht.

"Ja Hexe? Was gibts?", frage ich sie unschuldig grinsend.

"Ich gebe dir gleich Hexe!...", lacht sie. "Ich möchte in den Pool!! Aber alleine macht das keinen Spaß, also schwing deinen Arsch nach oben und komm mit in den Pool!"

Ergeben strecke ich meine Arme hoch und laufe ihr hinterher zum Pool. Kurz vor dem Pool gebe ich ihr einen leichten Stoß und sie taucht keine 2 Sekunden später quiekend ins Wasser. Ich war so damit beschäftigt meinen Lachanfall unter Kontrolle zu bekommen, dass ich gar nicht gemerkt habe wie Ally aufgetaucht ist. Ja... naja am Ende waren wir beide völlig durchnässt im Pool. Nach stundenlangem Lachen, schwimmen und einfach verdammt viel Spaß haben, gingen wir wieder ins Haus und setzten uns mit einer fetten Pizza auf die Couch und schauten fern.

Als es an der Tür klingelt schrecke ich auf und schaue auf die Uhr. Mein Grinsen verschwindet von meinem Gesicht und ich weiß, jetzt heißt es Abschied nehmen. Ally stand an der Tür und lächelte mich an. Allein der Gedanke ihr Lächeln nie wieder zu sehen zerreißt mich innerlich.

Ein letztes Mal schlinge ich meine Arme um ihren Körper und atme ihren süßlichen Duft ein. Das mag jetzt zwar kitschig klingen, aber für mich bricht gerade mein Herz auseinander, es fühlt sich an als würde ich im Inneren sterben. Langsam löse ich mich langsam aus der Umarmung und schaue ihr in die Augen, welche heller strahlen als alles andere auf dieser gottverdammten Welt. Möge dieses Strahlen nie vergehen, sondern stets in ihren Augen bleiben. Ein letztes Mal streiche ich ihr über die Wange und einen letzten Kuss hauche ich auf ihre Stirn.

"Versprich mir, dass ich für immer in deinem Herzen bleibe. Beste Freunde für immer und ewig. Ich liebe dich über alles, kleines. Du bist meine Prinzessin, meine kleine Schwester, die ich nie hatte. Versprich mir, mich nicht zu hassen, auch wenn ich unglaubliche Scheiße gebaut habe!"

"Versprochen. Beste Freunde für immer und ewig, großer. Ich habe dich unglaublich lieb. Bis morgen."

"Ich dich auch."

Ein allerletztes mal drücke ich sie ganz fest an mich, bevor ich aus der Tür trete und mich in das Auto meiner Mutter setze, mit welchem wir direkt zum Flughafen fahren. Es gibt kein 'Bis Morgen', Ally. Es tut mir leid. Meine 'Eltern' haben alles kaputt gemacht, sie haben mich kaputt gemacht. Eine stumme Träne rinnt mir über die Wange und keine Ally ist da, die mir die Träne wegwischt, mich in den Arm nimmt und sagt, dass alles wieder gut wird. Nichts wird mehr gut werden.

"Hey Kleines, dass wird die letzte Sms von mir sein und es wird auch das letzte Mal sein, dass du von mir hörst. Es tut mit leid aber ich konnte es dir nicht ins Gesicht sagen. Ich will nur dass du weißt, dass ich jedes einzelne Wort was ich jemals gesagt habe ernstgemeint habe. Du wirst immer meine Beste Freundin bleiben und nie wird dich jemand ersetzen können! Es tut mir alles so leid und es tut so weh dich alleine zu lassen, aber es geht nicht anders. Es wäre leicht zu sagen, dass du mich einfach vergessen sollst, damit es dir besser geht, aber ich möchte nicht das du mich vergisst. Das ist total egoistisch, ich weiß, aber es ist mir lieber wenn du mich hasst als wenn du mich vergisst! Wir ziehen weg aus Deutschland, wegen meinen Eltern. Es wäre mir lieber bei dir zu bleiben, aber es geht nicht. Du wirst mich auch unter dieser Nummer nicht mehr erreichen können.
Oh Gott, es tut mir so unendlich leid.
Ich liebe dich Hexe. -Li"

Dies ist die letzte Nachricht an Ally, bevor ich meine Sim-Karte wechsle und Ally alleine lasse.

Flashback Ende

Und nun sitze ich hier. Aus ihren Augen ist jegliches Strahlen entwichen. Sie ist immer noch wunderschön und sie ist immer noch meine kleine Hexe. Als ich sie wieder sah wollte ich sie umarmen und ihr sagen, dass ich sie vermisst habe, doch stattdessen habe ich ihr erneut wehgetan. Sie wirkt nicht mehr fröhlich, eher traurig und kalt. Das erste mal nach Jahren kann ich sagen, ich bin wieder vollständig. Mein Herz hat wieder angefangen zu schlagen, als es gemerkt hat das meine kleine Prinzessin wieder da ist. Und ich werde verdammt noch mal nicht zulassen, dass Jake oder jemand anderes ihr wehtut, denn sie hat es verdient glücklich zu sein.

Es tut mir leid Ally. Es tut mir alles so leid.

Damn StepbrotherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt