Kapitel 24

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Ally

"Das 20-Fragen-Spiel?", verwirrt schaue ich meinem Gegenüber in die Augen und warte gespannt darauf, dass er anfängt zu lachen und sagt, dass das, was er gesagt hat, ein Spaß ist. Er schmunzelt vor sich hin und in mir macht sich die böse Vorahnung breit, dass er das komplett ernst meint.

"Ja das 20-Fragen-Spiel. Die Regeln sind ganz einfach. Jeder von uns hat zehn Fragen die wir abwechselnd stellen. Wir müssen ehrlich antworten und zwar auf jede Frage. Wir wollen uns immerhin besser kennenlernen. Möchtest du anfangen oder soll ich?"

"Ich fange an. Welche guten Angewohnheiten hast du, deine schlechten Seiten durfte ich ja schon kennenlernen?!", nach diesen Worten erreicht sein Lächeln das erste mal wirklich seine Augen, es wirkt ehrlich.

"Du bist die erste Person die meine schlechte Seite kennt und dennoch nach meiner guten Seite fragt. Die meisten glauben nicht einmal, dass ich eine gute Seite überhaupt besitze.", ein raues Lachen verlässt seine Kehle. "Ich denke eine gute Angewohnheit ist, dass ich die Menschen die mir wichtig sind mit allen Mitteln beschütze, welche bis jetzt nur Liam und mein Dad sind. Wie du sicherlich mitbekommen hast bin ich nicht so der Beziehungstyp. Ich habe keine Ahnung ob das nun gut oder schlecht ist, aber ich bin sehr besitzergreifend, was wiederum dazu fürht, dass niemand mir etwas wegnehmen kann beziehungsweiße kaputt machen kann.", er überlegt kurz bevor er mir eine Frage stellt.

"Was war dein erster Eindruck von mir?", gespannt wartet er auf meine Antwort und ich gebe zu, dass ich nervös bin in welche Richtung sich dieses Spiel noch ausweiten wird...

"Ich... ich eh.. ich fand du sahst... gut aus?", mein Kopf hat mittlerweile sicherlich die Farbe einer Tomate angenommen, was ziemlich unvorteilhaft für mich ist. Jake schaut mich immer noch schmunzelnd an und nickt zufrieden.

"Ok.. ich bin wieder dran. Wenn dein Leben ein Buch wäre, welchen Titel würdest du ihm geben?"

"Ich denke sowas wie 'Sex Tape' oder 'Der heiße Typ von neben an'." und wackelt dabei anzüglich mit seinen Augenbrauen, was mich lachen lässt.

Ein paar Fragen und peinliche aber auch lustige Offenbarungen später hat Jake noch 2 Fragen übrig und ich noch eine. Jake schaut mich gespannt an und überlegt sichtlich ob er mir seine Frage stellen soll oder nicht.

"An was genau ist dein Dad verstorben?"

Jede Frage wäre mir recht gewesen, warum genau diese Frage? Trauer überkommt mich und ich merke wie sich Tränen in meinen Augen bilden. Ich wende meinen Blick von Jake ab und schaue aus dem Fenster und knete zur Beruhigung meine Hände.

"Ich war mit meiner Mum zuhause und wir haben gebacken.."

Flashback

"Mum muss ich vier oder fünf Eier in den Teig machen?"

"Vier mein Schatz."

Na hoffentlich hat sie Recht. Warum muss sie das Rezept auch wegschmeißen? Wir beziehungsweise ich bin gerade dabei für Dad seinen Lieblingskuchen zu backen. Eine Erdbeer-Sahnecreme-Torte. Er verschlingt das Zeug regelrecht. Mum hilft mir nicht dabei, weil sie gerade mit etwas anderem beschäftigt ist. Ich denke allerdings, dass sie mir nicht dabei hilft, weil backen eher das Ding von mir und Dad ist. Ja mein Dad kann backen und das tut er auch sehr oft, wobei ich ihm immer liebend gerne helfe.

"Wann kommt Dad nach Hause?"

"Er sollte eigentlich schon längst da sein.", stellt Mum mit gerunzelter Stirn fest, als sie die Küche betritt. Langsam mache ich mir wirklich Sorgen!

Ein Klingeln an der Tür reißt mich aus meinen Gedanken und bringt mich zum Schmunzeln. Dad hat sicherlich wieder einmal seinen Schlüssel daheim vergessen. Seine verpeilte Art habe ich übrigens von ihm geerbt. Lächelnd gehe ich Richtung Tür, welche Mum schon geöffnet hat.

"Daddy, ich habe...", ich halte inne bei dem was ich sagen wollte. Mein Blick ist auf die beiden Polizisten vor der Haustür gerichtet. Mein Blick schweift zu Mum, welche mit einem emotionslosen Blick an der Tür steht und sich zu mir umdreht. Der Polizist schaut mich an, ehe er anfängt zu reden.

"Miss Hamilton, es tut mir leid ihnen das sagen zu müssen, aber ihr Dad kommt nicht mehr nach Hause. Er ist an einem Autounfall ums Leben gekommen."

Die Worte erreichen mich und ich merke wie meine Beine an Kraft verlieren. Ich sinke zu Boden meine Hände vor dem Gesicht und mein Schluchzen erfüllt den Raum. Meine letzten Gedanken bevor ich zusammenbreche: Daddy komm zurück.

Flashback ende

"...Das Letzte an was ich mich erinnern kann, sind die Gesichter der Polizisten und das meiner Mum. Die Polizisten, welche mich mitleidig angeschaut haben und das Gesicht meiner Mum, was auch keine andere Emotion außer Mitleid zeigte. Keine Trauer... nichts, als wäre es ihr egal.", Tränen sickern meine Wange herunter, welche ich hastig wegwische.

Jake schaut mich mitleidig an, ehe er seine Arme nach mir ausstreckt und mich in eine Umarmung zieht. Das ist definitiv eine Reaktion, welche ich nicht erwartet habe und sich komischerweise so verdammt gut anfühlt.

"Tut mir leid."

"Ist schon ok.. er kommt zwar nicht mehr zurück, aber bleibt für immer in meinem Herzen.", lächle ich. Mein Daddy. Ich rapple mich auf und versuche so gut es nunmal geht meine Trauer zu überspielen. Ich darf mir nicht anmerken lassen, dass ich innerlich zusammenfalle. Liam hat zwar einen kleinen Teil meines Herzens wieder zusammengesetzt, dennoch liegt der Großteil in Trümmern.

"Ich bin dran. Wer war deine erste große Liebe?"

"Ich war noch nie verliebt. Ich lasse keine Gefühle zu... wie du sicherlich schon mitbekommen hast. Aber wer weiß, vielleicht finde ich irgendwann das Mädchen.", er lächelt mich kurz an. "Was turnt dich am meisten an?", sein Lächeln wird zu einem schmutzigen Grinsen, von dem man schnell erahnen kann, welche Fantasien sich in seinem Kopf abspielen.

"Ich hatte noch nie Sex und auch noch nicht meinen ersten Kuss. Also.. ich weiß es nicht."

Ich schäme mich nicht dafür, bin stolz darauf. Ich warte bis ich den Richtigen finde. Lieber mit 16 noch Jungfrau, als mit 13 seine Unschuld bei Wahrheit oder Pflicht verloren zu haben, an einen Typen den man nicht mal kannte.

"Ich wusste, dass du noch so unschuldig bist.", haucht er mir ins Ohr und ich kann deutlich sein Grinsen spüren. Ich räuspere mich kurz ehe ich mich von meinem Bett erhebe und Richtung Tür gehe.

"Wir sollten nach unten gehen."

Auch Jake erhebt sich von meinem Bett und kommt in meine Richtung gelaufen. Als ich gerade durch die Tür gehen möchte, hält Jake mich am Arm fest und dreht mich zu sich, sodass ich ihm direkt in die Augen schaue.

"Meine Mutter ist abgehauen, als ich geboren bin. Sie war eine Hure und ich nur ein Unfall. Sie wollte mich abtreiben, aber Dad hat es verhindert.", unsicher schaut er mich an.

"Ich habe nicht gefragt."

"Ich weiß. Es hat sich nur gerade richtig angefühlt."

"Die größte Ehre, die man einem Menschen antun kann, ist die, dass man zu ihm Vertrauen hat."

Damn StepbrotherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt