Kapitel 20

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Ein Arm wickelte sich um meine Hüfte und ich wurde zurückgerissen. Ich spürte Lucios heißen Atem an meinem Nacken. "Was habe ich dir bei unserer ersten Begegnung gesagt?! Du kannst nicht vor mir weglaufen", zischte er, "Du wirst dafür bezahlen" Einer seiner Finger strich meinen Arm herunter. "Und ja, das war eine Drohung!" Er drehte mich blitzschnell um, hob mich hoch und schmiss mich über seine Schulter. "Hey! Bist du jetzt völlig bescheuert?!?", schrie ich.

Meine Fäuste schlugen gegen seinen Rücken. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass das meinen Fäusten mehr wehtat, als seinem Rücken. Einer seiner Arme hielt meine Beine fest und mir wurde bewusst, dass ich ein Kleid trug... Und eine Strumpfhose... Keine Hose... "Lass mich sofort runter, du... du Idiot!", forderte ich, während meine Fäuste weiterhin auf seinen Rücken einschlugen. "Idiot. Was für ein böses Wort... Ich muss sagen, du bist echt kreativ!", spottete Lucio. "Und übrigens... Würde es dich stören, aufzuhören gegen meinen Rücken zu schlagen?! Es nervt mich langsam."

Es nervte ihn. Es nervte ihn?! Es sollte ihm wehtun und dafür sorgen, dass er mich losließ. Es sollte mehr tun, als ihn zu nerven. Wir hatten die Tür erreicht. "Ok... Wir sind da. Jetzt kannst du mich loslassen. Ich verspreche dir, dass ich nicht weglaufen werde." Lucio lachte ein humorloses Lachen und stieß mit einem Fuß die angelehnte Haustür auf. "Die Sache ist die: Ich vertraue dir nicht wirklich genug, um dich runter zu lassen. Außerdem ist das hier ein toller Ausblick. Ich hatte unrecht damit, dass du nichts kurzes Enges tragen kannst"

Mir fiel die Kinnlade runter. Wenn das möglich war, wurde mein Kopf noch röter. Und das nicht, weil mir das Blut in den Kopf lief, da ich kopfüber hing. Meine Schläge auf seinen Rücken ignorierend, lief er durch die Menge von Feiernden. Einige schauten uns grinsend an. Andere pfiffen uns hinterher. Mit seinen langen Beinen erreichten wir schnell die Treppe. Mit jeder Treppenstufe wippte ich hoch und runter und fiel immer wieder gegen Lucios Rücken. Oben angekommen, bogen wir in die entgegengesetzte Richtung von dem Büro von Lucios Vater. Auf den ersten Blick wirkte das ganz gut. Zumindest würde er also seinen Vater nicht bitten mich zu töten. Auf den zweiten Blick wurde mir jedoch klar, dass er seinen Vater vermutlich nicht fragen müsste, sondern es vermutlich auch selbst machen könnte.

"Hey Lucio, weißt du... Warte... Hey, Lily?!", unterbrach Matt meine Gedanken. Danke, lieber Gott. "Sag ihm, er soll mich SOFORT runterlassen!!!", rief ich. Matt schaute von Lucio zu mir und dann wieder zu Lucio. Dann fing er an zu lachen. "Was zur Hölle hat sie getan?!", brachte er irgendwann japsend hervor. "Ich habe mich verteidigt!", rief ich, während Lucio "Sie hat mir zwischen die Beine getreten! Und jetzt lass uns durch", hervorpresste.

"Sag ihm, er soll mich loslassen", befahl ich Matt. Doch der verkniff sich nur ein Lachen und hob entschuldigend die Hände: "Sorry, Lily. Aber ich glaube, ich wäre auch wütend, wenn mir jemand dahin treten würde. Und wenn ich, oder jemand anderes das gewesen wäre, wären wir jetzt ein Fleck auf dem Boden. Er muss dich also mögen" Matt lachte erneut. "Lass uns durch, Matteo!", orderte Lucio mit einer Stimme, die keine Widerrede duldete. "Uhhh... Er benutzt meinen vollen Namen. Man, du musst ihn echt aufgeregt haben... Viel Glück dir!", lachte der Verräter und trat aus dem Weg. Während Lucio schon, mit mir immer noch über seiner Schulter hängend, weiterlief, rief ich Matt hinterher: "Wenn er mich umbringt, werde ich dich so was von umbringen. Und verklagen und..."

Lucio hatte einen Raum betreten und die Tür schlug hinter mir zu. Ich hörte, wie sich ein Schlüssel im Schloss drehte. Wir waren eingeschlossen. Makkaroni stellte mich wieder auf meine Füße.

"Was jetzt?", fragte ich und versuchte mutig auszusehen. Lucio antwortete nicht. Ich sah mich um. Wir waren in einem Schlafzimmer. Nicht gut, Lily... Nicht gut!!!! Die Wände waren mittelgrau gestrichen und in der einen Ecke des Raumes stand ein großes dunkles Bett aus Holz mit ebenfalls grauen Bezügen. Neben dem Bett war eine riesige Glastür, die zu einem Balkon führte. Auf der anderen Seite stand ein Schreibtisch mit einem schwarzen Ledersessel davor. Der Schreibtisch war aus dem gleichen dunklen Holz wie das Bett. Die einzigen Farben hier waren schwarz, grau und weiß... Es gab keine Bilder an den Wänden und keine anderen persönlichen Gegenstände. Trotzdem war ich mir sicher, dass das hier Lucios Zimmer war. "War der Innenarchitekt irgendwie farbenblind?!", fragte ich und kreuzte die Arme vor der Brust. Immer noch keine Antwort. "Wollen wir jetzt die ganze Zeit hier herumstehen? Langsam werde ich müde und ich bin mir sicher, du hast was Besseres zu tun! Außerdem tun meine Füße weh!" Als ich wieder keine Antwort bekam, hielt ich mich an einer der grauen Wände fest und schlüpft aus den Höllenschuhen.

Ich ließ meinen Blick nochmal durch den Raum schweifen und blieb dann an Lucios Augen hängen. Er starrte mich an. Und ich starrte zurück. Sein Blick war kalt und die Wut sprühte förmlich aus seinen Augen. Doch ich wich nicht zurück. Stattdessen konzentrierte ich mich auf die bernsteinfarbenen Flecken in seinen Augen. Lucio machte langsam, wie ein Tier, das seine Beute verfolgt, einige Schritte auf mich zu. Ich weigerte mich den Blickkontakt zu brechen und hob mein Kinn an. Er lief weiter auf mich zu. Erst, als er nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt war trat ich, ohne unser „Starrduell" zu beenden, einen Schritt zurück. Er machte einen vor, ich einen zurück, bis ich irgendwann mit dem Rücken zur Wand stand.

Lucio stürzte sich mit seinen Armen links und rechts von meinem Kopf ab und beugte sich runter, bis wir beide auf gleicher Höhe waren. "Willst du dich nicht entschuldigen?", fragte er nach einiger Zeit. Ich schüttelte den Kopf. "Wieso sollte ich mich entschuldigen, wenn es mir nicht leidtut? Du hattest es verdient!", erwiderte ich. Er sagte nichts. "Willst du dich nicht dafür entschuldigen, mich geküsst zu haben?", stellte ich die Gegenfrage. Lucio schüttelte den Kopf. "Wieso sollte ich mich entschuldigen, wenn es mir nicht leidtut? Du hattest es verdient!", antwortete er grinsend.

Wir hatten uns immer noch nicht bewegt. Irgendwann fragte ich: "Wieso bist du so...", er unterbrach mich jedoch: "... unglaublich gutaussehend, reich, groß, stark, so gut im Küssen?" Ich schnaubte. "Ich meinte eigentlich gemein.... Deine Schwester ist viel netter als du?" Er runzelte die Stirn. "Du hast Ariana getroffen? Und sie war nett zu dir?!" Ich nickte. "Zumindest war sie deutlich netter als du", ich drückte meinen Zeigefinger gegen seine Brust, "Aber dann würde sie von einem der gruseligen Bodyguards abgeholt, weil dein Vater mit ihr reden wollte."

"Vermutlich hast du sie auch nicht getreten oder geboxt.", sagte er mit monotoner Stimme. "Vermutlich hatte ich auch keinen Grund dazu. Und dir schien das mit dem Boxen auch nicht wirklich wehzutun!"

"Da könntest du recht haben. Du schlägst wie ein Mädchen!"

"Ich bin ein Mädchen. Und... Und ich hab dich extra leicht geschlagen, weil ich nicht wollte, dass du mich fallenlässt."

Lucio hob eine perfekt geformte Augenbraue. "Jaja, klar.", er trat einen Schritt zurück und breitete die Arme aus, "Dann schlag mich doch. Zeig mir, was du wirklich kannst!"

Ohne zu zögern trat ich auf ihn zu und schwang ohne Warnung mein Bein in Richtung seines Kopfes. Für irgendwas mussten meine Kickbox-Fähigkeiten ja gut sein. Doch er war schnell. Bevor ich seinen Kiefer mit meinem Fuß ausrenken konnte, etwas, das er bestimmt verdient hätte, fing er meinen Fuß mit einer Hand ab und hielt ihn fest. Hätte er mich nicht mit seiner anderen Hand aufgefangen, wäre ich sehr unelegant auf den Boden geknallt. Ich nutzte die Gelegenheit, um ihm meinen Ellenbogen in die Seite zu rammen. Lucio sog scharf Luft ein und ließ mein Bein los. Ich holte mit meinem Fuß aus, um ihm gegen sein Knie zu treten und ihn so zu Fall zu bringen, doch er wich aus und ich stolperte ein Stück nach vorne. Ich hatte keine Zeit zu reagieren, weil er mir die Beine wegzog und ich plötzlich auf dem Boden lag. Der Aufprall ließ die Luft aus meinen Lungen entweichen.

Anstatt mich auszulachen, hielt Lucio mir eine Hand hin und zog mich hoch. "Du bist gut. Ein bisschen zu unaufmerksam, aber deutlich besser, als ich gedacht hatte", lobte er mich. Um die Stimmung nicht zu zerstören sagte ich: "Du bist auch nicht schlecht." Er grinste ein schiefes Grinsen: "'Auch nicht schlecht', was für ein Lob!" Ich rollte mit den Augen. "Du bist total gut und es war mir eine große Ehre mit euch zu kämpfen.", spottete ich und machte einen Knicks.

Er lachte: "Schon besser!" Plötzlich musste ich gähnen. "Müde?", fragte er. Ich nickte und schaute auf die Große Wanduhr, die über dem Bett hing. "Es ist kurz nach vier. Kein Wunder, dass ich müde bin", murmelte ich.

"Lass uns schlafen!", sagte Lucio.

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Danke für eure ganzen Reads, Votes und Kommentare :D Der Logikfehler im letzten Kapitel tut mir leid... Ist mir selbst nicht wirklich aufgefallen... Ich werd am Wochenende noch irgendwann beheben :)

Ich hoffe, ihr habt alle das Unwetter überlebt und seid nicht völlig überschwemmt worden :o

Das nächste Update gibt es Sonntag :)

LG Wendy <3


Mafioso to goWo Geschichten leben. Entdecke jetzt