Kapitel 34

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Während Lucio duschte, sich sarkastische Bemerkungen überlegte, seinen bösen Blick trainierte oder tat, was auch immer sonst zu der Morgenroutine eines Mafiosos gehörte, bereitete ich meinen Plan vor. Ich deckte den Tisch für zwei Personen, setzte Kaffee auf und schob schon mal Toast in den Toaster. Als das Toast fertig war, schmierte ich direkt eine Scheibe mit Nutella und nahm einen großen Bissen. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie hungrig ich war. Jedoch zwang ich mich, es bei dem einen Bissen zu belassen.

Dann fing ich an, den Gewürzschrank meines Vaters zu durchforsten und fand ziemlich schnell das, wonach ich gesucht hatte: gemahlene Chiliflocken. Mit einem Grinsen streute ich sie großzügig über Lucios Toast und bestrich es danach mit Nutella, bis die Flocken komplett bedeckt waren. Als ich fertig war, sah es aus, wie ein perfektes Nutellatoast. Guten Appetit Lucio...

Als nächstes goss ich Kaffee in zwei Tassen. In meine kippte ich einen Schluck Milch, in seine drei Teelöffel Salz. Wenn der Kaffee, den er mir einmal selbst gemacht hatte, nicht schon ungenießbar gewesen war, war dieser es auf jeden Fall...

Ich hörte eine Tür zuknallen. Schnell setzte ich mich auf einen der Stühle. Jetzt bloß nicht auffällig wirken, Lily... Was sollte ich mit meinen Armen machen?! Auf den Tisch legen?! Was machte ich sonst so? Oh Gott... Ihm würde auffallen, dass irgendetwas falsch war, bevor er überhaupt nach dem Toast griff. Um eine normale Bewegung zu machen, griff ich schnell nach dem Toast und nahm einen großen Bissen, damit ich mir ein Lachen verkneifen konnte.

Mit einem breiten, arroganten Grinsen betrachtete Lucio den gedeckten Frühstückstisch. Er dachte vermutlich, ich hätte ihm wirklich Frühstück gemacht. Wenn er mich besser kennen würde, hätte er diesen Fehler nicht gemacht. Dann ließ er sich auf den Stuhl mir gegenüber fallen und griff nach dem Toast. Ich griff nach meiner Kaffeetasse, um mich weiterhin normal zu verhalten. Doch sobald Lucio einen großen Bissen nahm, konnte ich mein Grinsen nicht mehr unterdrücken.

Er sah schon an meinem Gesichtsausdruck, dass etwas falsch lief, bevor er es schmeckte. Seine Augen weiteten sich. Lucio sprang auf und erreichte dem Mülleimer mit zwei schnellen Schritten, um das Brot auszuspucken. Sein Kopf war mittlerweile rot angelaufen und ich sah, wie die Schärfe ihm die Tränen in die Augen trieb. Für einen Moment erinnerte er mich an mich selbst, als ich die geniale Idee gehabt hatte für eine Mutprobe eine Chilischote zu essen.

Nur für eine Sekunde tat er mir leid, doch dann erinnerte ich mich wieder an sein arrogantes Grinsen und fing an zu lachen. Lucios Gesichtsausdruck verwandelte sich von Erstaunen, zur Fassungslosigkeit, zur blanker Wut. Mit einem Blick, der mich vermutlich töten sollte, griff er nach seiner Kaffeetasse, um den Geschmack wegzuspülen. Natürlich funktionierte das mit völlig versalzenem Kaffee nicht ganz so gut. Lucio spuckte den Kaffee fast über den ganzen Tisch aus, während ich mit einem Quietschen auswich. Als letzten Ausweg griff Lucio nach der Milchtüte, die ich, nachdem ich meinen Kaffee gemacht hatte, draußen neben dem Kühlschrank stehen gelassen hatte und trank sie leer.

Nachdem ich meinen schlimmen Lachanfall überwunden und Lucio zwei trockene Toastscheiben verschlungen hatte, standen wir uns gegenüber. Der Tisch war wie eine unüberquerbare Mauer zwischen uns. Lucio hatte die Hände über der Brust verschränkt und lehnte am Türrahmen. Er versperrte mir meinen Weg zur Freiheit. Seine Gesichtsfarbe hatte sich mittlerweile wieder normalisiert und wäre ich nicht dabei gewesen, hätte ich nicht angenommen, dass zuvor etwas passiert wäre. Lucio wirkte genauso wie immer. Nur wütender. Nur bedrohlicher.

Ich schluckte. „Ähm... Sorry?", sagte ich vorsichtig, doch Lucio reagierte nicht. Irgendwie hätte ich vorher darüber nachdenken sollen, dass Lucio vermutlich nicht einfach mit einem „Sorry" zufrieden sein würde. Vielleicht sollte ich mir beim nächsten Mal einen Racheplan überlegen, bei dem nicht ganz so offensichtlich ist, dass ich die schuldige Person bin... Als unsere Blicke sich trafen, lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Lucio lächelte. Er lächelte... Doch es war kein freundliches Lächeln und genau das machte mich nervös. Wie ein Raubtier machte er einen großen Schritt nach links, den ich sofort mit zwei kleinen Schritten nach rechts ausglich. Wieso hatte er so lange Beine?! Und wieso war ich so klein?!

„Sind wir nicht zu alt dafür, Fangen zu spielen, Evangeline?", fragte Lucio mich mit leiser Stimme. „Du könntest mich auch einfach gehen lassen, Lucio Cattivo!", antwortete ich mit zuckersüßer Stimme. Wenn er meinen vollen Namen verwendete, konnte ich das auch! Er machte zwei schnelle Schritte nach rechts, denen ich wieder folgte. Mist... Meine Idee findet er wohl nicht so gut... Nun standen wir beide an den beiden gegenüberliegenden Kopfenden des Tisches. „Ich glaube eher nicht. Was hältst du davon, wenn du uns beiden Zeit sparst und direkt hierherkommst?", zischte er.

„Oder ich mach dir jetzt einfach so Frühstück... Ok?", stammelte ich. Langsam wurde ich nervös... Ich sollte echt vorher darüber nachdenken, was ich tue... Anscheinend nicht an meinem Vorschlag interessiert, jagte Lucio mich drei weitere Schritte um den Tisch. Die Tür war jetzt fast direkt neben mir. Ich sprintete los. Doch Lucios Hand umschloss mein Handgelenk und ich wurde sofort zurückgerissen. Nun war ich gefangen zwischen Lucios Armen und dem Türrahmen. Mein Blick traf seinen. „Das hättest du nicht tun sollen. Du wirst noch dafür bezahlen, Evangeline", flüsterte er mir ins Ohr und ich unterdrückte ein Zittern.

Egal was er vorhatte, ich würde nicht zurückweichen. Also hob ich meinen Blick und sah ihm in die Augen.

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Drei Ankündigungen:

1. Das Kapitel ist für  @Wiwiisso  und @Akiko888 weil die beiden genau richtig geraten haben, was passieren wird :)

2. Ab Sonntag gibt es vermutlich wieder Updates zu den normalen Zeiten :)  Also freut euch :D

3. Vielleicht hat irgendjemand schon den Hashtag gesehen: Ich will mit Mafioso to go bei den Wattys 2016 teilnehmen :) Falls ihr das Buch also mögt (und nicht zu wütend darüber seid, dass ich zur Zeit so unregelmäßig update xD) könnt ihr mich also gern unterstützen <3

LG Wendy

Mafioso to goWo Geschichten leben. Entdecke jetzt