Tag 15 Teil 1

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Harry POV.

"Harry?"; fragt eine Stimme. Sie ist nicht lauter als ein Flüstern im Wind, doch sie kommt mir bekannt vor. 

"Louis? Bist du es?", antworte ich blind in die Dunkelheit. 

Auf einmal wird die Sicht klarer, der Nebel verzieht sich und ich kann erkennen, dass ich auf einer Wiese stehe. Vor mir ist ein kleiner Hügel, wo ein Baum steht. Neben dem Baum befindet sich eine weiße Gestalt. Ich kann nicht genau erkennen, wer es ist, aber ich bin mir sicher, dass es ist Louis.

"Harry.", flüstert die Stimme erneut. "Harry, mir ist kalt. So kalt."

Ich versuche, näher an ihn heranzukommen, aber meine Beine gehorchen mir nicht. "Ich kann nicht zu dir!"

"Bitte, du hast ja keine Ahnung!", fleht er mich an. Seine Stimme wird langsam deutlicher. 

"Louis, weißt du, wer dich ermordet hat?"

"Nein. Komm rüber und wärme mich. Mir ist so kalt."

"Wir vermissen dich."

"Ich darf nicht mehr zurück. Harry, bitte. Du musst meinen Mörder finden!"

"Das werde ich. Ich verspreche es."

"Sag den anderen, dass ich sie liebe.", meint er. Langsam beginnt er, in den Himmel zu schweben. 

"Bleib hier!", flehe ich ihn an. 

"Es ist so kalt... So eiskalt. Komm niemals hierher. Es ist so kalt hier.", wispert er. 

In der nächsten Sekunde ist er auch schon verschwunden.

"Nein bleib hier! Bleib hier! Bei mir! Bleib bei mir!"

"Harry, wach auf!", sagt Niall und schüttelt mich leicht. Schweißgebadet öffne ich meine Augen und finde mich in meinem Bett. Niall liegt neben mir und schaut mich besorgt an.

"Alles ist gut, es war nur ein Traum. "

"Ein Traum.", sage ich zu mir selbst. "Aber er war hier! Ich habe ihn doch gesehen!"

"Wer war hier? Wen hast du gesehen?", fragt Niall interessiert.

"Louis.", hauche ich.

Sofort senkt er seinen Blick und meint traurig:"Louis ist tot, Harry. Lass dich von deinen Träumen nicht in die Irre führen. Du hast nur von ihm geträumt, weil du ihn wiederhaben willst. Aber die Realität ist anders. Ganz anders. Er ist tot, und er kommt auch nie wieder zurück."

Auf einmal kommt ohne Vorwarnung Liam in unser Zimmer reingestürmt. "Was ist passiert? Wir haben Harry schreien gehört.", fragt er besorgt.

"Er hat von Louis geträumt."

Liam setzt sich auf die Bettkante und streicht langsam über meinen Arm. Traurig schüttelt er den Kopf und verlässt das Zimmer wieder.

"Hat er was gesagt?", fragt Niall.

"Er sagte immer wieder 'Es ist so kalt hier'. Außerdem wollte er, dass wir seinen Mörder finden."

"Hm", brummt er nur und steht ohne ein weiteres Wort auf. 

Super, jetzt habe ich auch noch meinen Freund vergrault.

Wer bin ich schon? Warum sollte mir jemand helfen wollen? Meine sogenannten Freunde.Verdammt, ich weiß doch selbst, dass Lou nie wieder zurückkommen wird. Aber ich brauche jetzt einfach jemanden mit dem ich reden kann. Jemand, der mir zuhört. Mehr verlange ich doch gar nicht! Jetzt, ohne ihn, fühlt sich alles so leer an. Bestimmt war ich vor seinem Tod auch schon leer und unbeliebt, aber mir ist es nicht aufgefallen, weil Lou mich immer abgelenkt hat. Nun ist er gegangen, herausgerissen worden, aus seinem Leben. Und mich hat er zurückgelassen. Allein. Vielleicht sollte ich zu ihm gehen. Es wäre nur ein kleiner Schritt. Und wir wären für immer zusammen. Mit dem Besten Freund aller Zeiten. Aber kann ich die anderen einfach so zurücklassen? Ich werde sie bestimmt vermissen. Ich liebe sie. Auch wenn sie das nicht tun. Könnte ich mit dem Schmerz leben, vier Personen im Stich gelassen zu haben? Mit der Schuld? Werde ich es irgendwann bereuen? Louis hatte keine Wahl. Er hat nicht selbst darüber bestimmt. Ich kann es. Doch irgendwie habe ich Angst davor. Was, wenn ich ihn da oben nicht finde? Dann wäre ich wieder allein. Und es wäre kalt. So wie Lou es gesagt hat. Kalt, eiskalt. Komm niemals hier her. 

Auf einmal fällt mir auf, wie kalt es in dem Zimmer geworden ist. Zitternd stehe ich auf und schließe das Fenster. Welcher Idiot hat das mitten im Winter offen gelassen?

"Harry, kommst du frühstücken?"

Immer noch müde stapfe ich nur in Boxershorts die Treppe runter und finde Niall, Liam, Anne und Eleanor am Tisch sitzen. Niall steht auf, küsst mich zärtlich und flüstert mir in mein Ohr: "Tut mir leid wegen vorhin, Haz."

Ich erwiedere nichts und setze mich einfach stumm an den Tisch. erwartungsvoll starre ich die anderen an. Niemand will etwas sagen, bis dann El schließlich das Wort ergreift. 

"Zayn ist noch Brötchen holen."

Plötzlich höre ich die Haustüre ins Schloss fallen und ein Kreidebleicher Zayn kommt in die Küche, wirft die Tüten auf den Tisch und atmet laut.

"Oh Gott, was ist denn mit dir passiert? Beruhig dich erstmal!", ruft Anne aufgebracht.

"Ich bin gerade nach Hause gefahren und hab in den Rückspiegel gesehen... Ihr erratet nie, wen ich gesehen habe! Ich hatte so einen Schock und bin sofort hierher zurückgefahren. Ich glaube, ich habe ihn abgehängt.", rattert Zayn herunter.

"Warte, warte, warte! Wen hast du gesehen?", fragt Eleanor.

"Deinen Vater.", haucht Zayn. Alle starren ihn ungläubig an.

Atemlos entgegnet Liam: "Ich dachte, der wäre im Knast?"

"Anscheinend nicht. Ich weiß ganz genau, dass er es war."

Auf einmal kippt Calder vom Stuhl. Ich glaube, ihr ist das alles zu viel geworden. "Ich bring sie mal in ihr Zimmer.", meint Anne und hilft ihr, aufzustehen. 

Sobald die beiden verschwunden sind, fängt Liam auch schon an zu reden. "Das gefällt mir nicht. Erst hat er meine Eltern umgebracht. Dann wollte er mich umbringen. Glaubt ihr nicht, die Vermutung liegt nahe, dass er auch Louis umgebracht hat?"

"Da könntest du Recht haben. Aber ich habe drei Fragen. Warum Louis, warum ist er aus dem Knast draußen und warum folgt er Zayn?", will ich wissen. 

"Ich weiß es nicht. Ich habe keine Ahnung." Enttäuscht schüttelt Liam wieder den Kopf. 

Zayn versteht und nimmt ihn in den Arm. "Ist es wegen deinen Eltern?"

"Ja. Ich vermisse sie so. Ich will mich an ihm rächen. Ich will sie rächen!"

"Liam, beruhig dich. Vielleicht willst du ja deshalb, dass er es war. Damit du noch einen Grund mehr hast, ihn zu hassen. Glaub mir, Hass verdirbt den Menschen. Du kannst Hass nicht mit Hass bekämpfen.", meint Zayn, um ihn zu ermutigen. "Geh nach oben zu den Mädels und ruh dich aus.Wir drei regeln das schon"

Traurig nickt er und schlurft mit hängendem Kopf die Treppe hoch. 

"Wie gehts deiner Wunde?", fragt Niall.

"Besser. Jetzt lenk nicht ab. Wir haben ein Problem."

"Ein großes Problem! Ein Psychopath stalkt uns!", rufe ich entsetzt und springe auf, wobei ich mir mein Knie am Tisch anschlage und vor Schmerz mich auf den Boden werfe. Niall und Zayn können sich nicht mehr halten vor lachen und liegen kurze Zeit später auch auf dem Boden. 

"Baby, mach das bitte nie wieder!", prustet Niall. 

Mein Gelächter erstirbt, als ich Zayn's weit aufgerissene Augen sehe. 


The Two Faced GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt