Harry POV.
"Das war schön letzte Nacht, Niall, ich liebe dich.", meine ich früh am nächtsten Morgen zu ihm, doch er dreht sich von mir weg und kneift die Augen zusammen. Ein leises 'Hmpf' verlässt seinen Mund.
Dann eben nicht, denke ich mir und torkle die Stufen hinunter zur Küche. Es ist niemand zu sehen, nur ein kleiner, gelber Zettel auf dem Tisch weckt meine Aufmerksamkeit.
Ihr wart ziemlich laut gestern Nacht! Bitte tut uns einen Gefallen und lasst uns schlafen!
Die kleine, verschnörgelte Schrift erkenne ich sorfort. Eleanor. Noch vor ein paar Wochen hätte ich das Papier zerissen und wütend in den Ofen geworfen, doch heute erwische ich mich dabei, wie ich lächle, während ich ihre Worte in meinem Kopf nocheinmal durchgehe.
Es ist viel passiert, seit Louis nicht mehr bei uns ist. Entgegen meiner Erwartungen bin ich sogar Recht glücklich.
"Guten Morgen!", ruft Anne und springt mir auf den Rücken.
Völlig überrascht falle ich um und sie begräbt mich unter sich. "Nicht so stürmisch!"
Nach und nach kommen auch die anderen in die Küche. Wir unterhalten uns über alles mögliche, bis auf einmal Niall eine Idee hat.
"Leute, wie wäre es, wenn wir heute an den Strand fahren? Ihr wisst schon, zu den Klippen und so."
"Niall! Der Strand ist zwei Stunden Autofahrt weg von hier! Außerdem haben wir weder eine Bleibe noch den Van. Nicht zu vergessen, dass es arschkalt ist!", nörgelt Liam und Niall schaut ihn beleidigt an.
"Sei doch nicht immer so ein Spielverderber, Liam! Ich finde das ist eine ausgezeichnete Idee!", lächelt Anne.
Auch El stimmt ihr zu. "Ja! Meine Eltern haben noch ein Wohnmobil, das können wir doch nehmen!"
"Also wäre das beschlossen! Packt eure Sachen, ich fahr mit El zu ihr und hole das Wohnmobil!", bestimme ich und ziehe Eleanor zu meinem Auto. Ich glaube, Louis hätte es gefallen, dass ich mich endlich mit ihr verstehe. Unfassbar, das erst so etwas schlimmes passieren muss, bevor man erkennt, dass die Person, die man hasst, doch nicht so übel ist.
Drei Stunden später kommen wir endlich alle erschöpft in Broadstairs an. Es ist schon ziemlich dunkel und wir stellen überall Fackeln auf.
Ich stehe am Rand der Klippe und schaue auf den weiten Ozean, während mir der Wind um die Ohren bläst. Langsam nähert sich eine Person von hinten und legt eine Hand auf meine Schulter. Es ist Zayn.
"Wunderschön, nicht wahr? Ich wünschte, wir hätten öfter diese Ruhe und einfach nur Zeit für uns.", wispert er. Ich muss mich wirklich anstrengen, um ihn überhaupt zu hören.
Laut und erbarmungslos brechen die Wellen an dem harten Fels. Die Tränen fließen mir ungehindert die Wangen hinunter. Dieser Ort zeigt uns, wie wenig wir in dieser großen Welt doch sind. Wie schön die Natur sein kann, aber auch wie tödlich. Mein einziger Wunsch ist es, dass Louis das hier sehen könnte. Dass er hier sein könnte. Mit uns. Mit mir.
Doch das kann er nicht. Ich spüre zwar, dass er hier ist, aber ich kann ihn nicht sehen. Ihn nicht anfassen. Ihm nicht sagen, wie leid mir das alles tut.
"Worüber denkst du nach, Schatz?", fragt Niall und umarmt mich vorischtig, als ob ich zerbrechen könnte.
"Über Louis. Ich kann damit nicht abschließen, Niall."
'Du musst', höre ich eine Stimme in meinen Gedanken. Es könnte aber genausogut Einbildung gewesen sein oder der Wind, der durch die unzähligen Höhlen pfeift.
"Harry, bitte. Er wird nicht wiederkommen. Du machst es dir selbst viel zu schwer. Früher oder später wirst du mit dem Tod konfrontiert und du kannst rein gar nichts dagegen machen. Es bringt so unendlich viel Schmerz mit sich aber wir können die Dinge nicht ändern. Wir können die Zeit nicht zurückdrehen.", flüstert er.
Vorsichtig schiebe ich den Ärmel von seinem Pullover nach oben und streiche über seine Narben. Schmerz. Er hatte so viel davon. Er hat um Hilfe geschrien, doch niemand hat ihn gehört. So ist es auch bei mir. Ich schreie verzweifelt nach Hilfe, doch keiner nimmt mich wahr. Keiner interessiert sich für meine Probleme. Am Ende stehe ich doch alleine da. In einem Kampf gegen meinen eigenen Geist.
"Frohes neues Jahr!", brüllt Liam. Das unterbricht meine deprimierenden Gedanken und verscheucht sie. Doch sie sind nicht fort. Sie werden wiederkommen. Irgendwann, wenn ich nicht damit rechne, schlagen sie mit voller Kraft auf mich ein.
Doch bis dahin habe ich noch meine Freunde, die mich immer wieder mit irgendeinem Spaß zum Lachen bringen.
Lächelnd sehe ich in Niall's strahlend blaue Augen und küsse ihn zärtlich. Er hat seine Augen geschlossen und sieht einfach nur glücklich aus.
Auch die anderen strahlen eine wohlige Wärme aus. Eleanor und Zayn, die Händchen haltend auf das endlose, schwarze Wasser starren, Anne und Liam, die eine kleine Schneeballschlacht gestartet haben und nicht zuletzt Niall und ich, küssend, am Rand der Klippe, im Schein der Fackeln.
Dieser Augenblick ist perfekt und ich kann Louis förmlich sehen, wie er, als weiße Gestalt, unter einem Baum steht und uns alle von tiefstem Herzen anlächelt.
DU LIEST GERADE
The Two Faced Girl
Fanfiction[Wird Überarbeitet] Louis W. Tomlinson ist tot. Ermordet. Die Polizei ermittelt, aber tappt im Dunkeln. Die verbliebenen Mitglieder von One Direction können es nicht fassen. Der Schmerz ist groß und sie beginnen, den Mörder auf eigene Faust zu fi...