Kapitel 17

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Und die ganze Zeit hatte ich ein dickes Grinsen im Gesicht.

Ich stand vor dem Spiegel und starrte meinem Spiegelbild ins Gesicht. Ich sah meiner Mutter ziemlich ähnlich. Das gleiche zarte Gesicht, die gleichen großen Augen und die vollen Lippen. Nur meine Haare waren etwas anders irgendwie heller und weniger gelockt. Sie flossen mir eher in sanften Wellen über die Schultern, während die Haare meiner Mutter immer in wilden Locken von ihrem Kopf abgestanden hatten. Und ohne es zu wollen kam mir wieder dieses Bild in den Sinn. Wie sie da so vollkommen verdreht in dem Sicherheitsgurt des Fahrersitzes hing. Wie ihr das Blut am Hals runter lief und ihre sonst so schönen, golden Locken, die garnicht mehr von ihrem Kopf abstanden, rot färbte. Ich wusste noch genau wie sie mich aus diesen leeren Augen angestarrt hatte. Der Tot war ihr buchstäblich ins Gesicht geschrieben. Und ich hatte nur da gesessen und sie angestarrt und geschrien. Irgendwie hatte ich es garnicht realisiert, dass sie da blutverschmiert neben mir hing. Erst als sie mich aus dem Auto gezogen haben, habe ich angefangen zu weinen. Davor konnte ich nur schreien. Als wäre ich zu entsetzt um zu weinen. Dafür weinte ich jetzt umso mehr. Ich schaute in den Spiegel und sah ihr Gesicht. Und wieder wurde mir klar wie sehr ich sie vermisste, wie sehr ich sie brauchte. Natürlich liebte ich meinen Vater obwohl er uns verlassen hatte. Er hatte sich ja nicht extra in eine andere Frau verliebt. Und ich war mir sicher, dass er meine Mutter noch liebte, aber Jenny liebte er nun mal mehr. Als ich erneut in mein Gesicht, dass wie ihres war, sah merkte ich das ich bitterlich weinte. Das klingeln meines Handys riss mich aus meinen Gedanken und ich zuckte erschrocken zusammen. Mit gerunzelter Stirn zog ich mein Handy aus der Tasche und zog meine Augenbrauen hoch als ich sah, dass es Yuri war. Ich meine komm schon. Er hatte mich doch erst vor einer halben Stunde zu hause abgesetzt. Ich nahm den Anruf an und ließ mich auf den Sessel im Wohnzimmer fallen. " Was gibt's? " ich merkte selbst das meine Stimme so klang als hätte ich gerade geweint. Hatte ich ja auch. Jetzt hieß es beten und hoffen, das Yuri es nicht merkte. " Hey alles gut bei dir deine Stimme klingt so komisch? " Mist! " Nein alles gut. Was wolltest du denn? " Ich wich seiner Frage geschickt aus, aber ich wusste das er es merkte. " Wenn du meinst. Ich wollte dich eigentlich fragen ob du mit mir und den Jungs feiern gehst, aber wenns dir nicht so gut geht bleibst du wohl lieber Zuhause. " " Ach Quatsch, mir geht's gut! Ich komm mit. Irgendwer muss ja auf euch Idioten aufpassen. " Ich konnte ihn am anderen Ende der Leitung lachen hören und auch bei mir stahl sich ein grinsen auf die Lippen. " Ok dann hol ich dich in einer Stunde ab. " Nachdem er aufgelegt hatte suchte ich in meinen Kontakten nach Franzis Nummer. Es dauerte nicht wirklich lange bis ich sie gefunden hatte. Sonderlich viele Kontakte hatte ich ja nicht. Ich drückte auf anrufen und lauschte dem tuten bis sie endlich abnahm. " Hey, was gibts? " " Franzi " sagte ich ruhig ins Telefon, " wir gehen heute auf eine Party! "

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Eine Stunde später stand ich in unserem Hausflur und wartete das Franzi die Treppe runter kam. Im Gegensatz zu mir hatte sie sich echt Mühe mit ihrem Outfit gegeben. Sie hatte sich eine schwarze skinny Jeans mit einem weißen Oberteil, das sie sich vorne in die Hose gesteckt hatte. An den Füßen hatte sie schwarze High-Heels mit einer roten Sohle. Ihre Augen hatte sie eher dunkel betont und ihre Lippen mit einem roten aber nicht aufdringlichem Lippenstift verziert. Sie grinste mich an als sie die Treppe runter kam. Ich grinste zurück, obwohl ich mich in meinem schlichten Outfit plötzlich hässlich fühlte und mich am liebsten umgezogen hätte. Doch genau in dem Moment hupte draußen ein Auto und ich seufzte schwer. Dann setzte ich ein Lächeln auf von dem ich nicht mehr sicher war ob ich es auch ehrlich meinte und folgte Franzi nach draußen. Sie ließ sich auf den Rücksitz fallen während ich mich nach vorne neben Yuri setzte. Er warf uns einen Blick zu. " Ihr seht toll aus. " Ich verdrehte die Augen. " Franzi sieht toll aus. " verbesserte ich ihn. " Ich hab immer noch das gleiche an wie heute Nachmittag. " Er grinste mich an und seine Himmelblauen Augen blitzen vergnügt. " Du siehst trotzdem toll aus kleine Fee. " Franzi awwte auf dem Rücksitz und ich wandte geschmeichelt den Blick ab und  konnte spüren wie mein Gesicht die Farbe von Franzis Lippenstift annahm. Als wir bei der Party ankamen hatte sich meine Gesichtsfarbe zum Glück wieder normalisiert. Wir stiegen aus und Franzi und ich folgten Yuri, der an den wartenden Menschen vorbei lief und direkt zum Eingang marschierte. Der Türsteher klopfte ihm zur Begrüßung auf die Schulter und ließ uns rein. Ich biss mir unschlüssig auf die Lippe und folgte den beiden. Auf einmal war ich gar nicht mehr so sicher ob es wirklich die richtige Entscheidung gewesen war die Jungs auf diese Party zu begleiten. Vor dem Autounfall war ich ein richtiges Party Girl gewesen. Ich war beliebt, hatte viele Freunde und wurde zu allen erdenklichen Festen eingeladen. Aber jetzt wo ich hier in mitten dieser tanzenden Menschen, stand die sich alle aneinander pressten und ihre verschwitzte Haut aneinander rieben, hatte ich keine Ahnung wie ich mich verhalten sollte. Ich ließ meinen Blick unschlüssig über die Menge schweifen als ich auf einmal am Handgelenk gepackt und mitgerissen wurde. Vor mir sah ich Franzi die mich hinter sich her durch die tanzende Masse zog. Mir war nicht klar wo sie hin wollte, bis wir an der Bar standen. Franzi rief dem Bar Keeper etwas zu was ich nicht verstehen konnte weil die Musik zu laut war. Kurz darauf stellte er und zwei Tequila hin und drückte uns die Zitronen in die Hand. Meine Beste Freundin streute etwas Salz auf unsere Handrücken und zwang mich dann dazu das Getränk gleichzeitig mit ihr runter zu stürzen. Während ich in die Zitrone biss sah ich mich um und besah mir die Menschen wie sie sich auf der Tanzfläche bewegten oder wie wir an der Bar standen. Dann traf mein Blick wieder auf Franzi die uns schon die nächsten Shots bestellt hatte.

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Einige Shots und zwei Cocktails später konnte man mich definitiv nicht mehr als nüchtern bezeichnen. Die Beschreibung Angetrunken passte da schon eher. Franzi und ich kicherten die ganze Zeit über alles mögliche auch wenn es nicht mal annähernd lustig war. Auf dem Weg zur Toilette schlängelte ich mich durch die Party Gäste. Als ich gerade versuchte mich durch die tanzende Menge zu quetschen ohne umgerissen zu werden würde ich plötzlich gepackt und herum gewirbelt. Ich stieß einen spitzen Schrei aus und starrte in das Gesicht eines hübschen blonden Jungen. Er grinste mich verschmitzt an und ich musste mir eingstehen, dass er ziemlich süß war mit den blonden Haaren und den Sommersprossen. Ich grinste ihn schüchtern an. Irgendwie hatte ich keine Ahnung wie ich mich verhalten sollte. Ich war schon öfter in solche Situationen geraten, doch das letzte mal als ich feiern war lag schon einige Zeit zurück und mittlerweile war ich auch nicht mehr das Mädchen von früher. Der Junge starrte mir direkt in die Augen und schaute etwas verunsichert in seine. "Hi ich bin Nick. Wollen wir tanzen?" Ich starrte ohne einen Moment unschlüssig an, dann übernahm mein Körper die Kontrolle und ich nickte. Vielleicht konnte man es auf den Alkohol schieben, der durch meine Adern floss und meinen Verstand benebelte, doch in diesem Moment verschwendete ich keinen Gedanken an Morgen. Nick griff nach meiner Hand und zog mich hinter sich her zur Tanzfläche. Er fing sofort an zu tanzen und drückte mich dabei eng an sich. Anfangs war ich noch ziemlich schüchtern, doch schon nach kurzer Zeit hatte ich diese Zurückhaltung abgelegt und tanzte ausgelassen mit diesem Fremden Jungen. Während des Tanzens waren Nick und ich uns immer näher gekommen und standen jetzt ziemlich eng aneinander auf der Tanzfläche. Wir hatten aufgehört und zu bewegen und er ließ seine Hände immer weiter nach unten gleiten bis sie auf meinem Hintern lagen. Unsere Gesichter kamen sich immer näher und kurz bevor unsere Lippen sich berührten wurde Nick von hinten gepackt und von mir weggerissen. Ich geriet kurz ins Taumeln, doch als ich wieder fest stand hob ich den Kopf. Der mir sonst so vertraute, blaue Himmel war von dunklen Gewitter Wolken überzogen, die einen bevorstehenden Sturm ankündigten.

Fay - What doesn't kill you makes you strongerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt