Kapitel 12

105 14 6
                                    

Sobald ich aufwache, werden mir drei Dinge deutlich bewusst. Erstens, ich muss fucking dringend aufs Klo. Zweitens, ich kann nicht aufs Klo gehen, da sich dank eines riesen Muskelkaters meine Beine nicht bewegen werden und ich deshalb das Zimmer oder überhaupt das Bett nicht verlassen kann. Und drittens, heute ist der Tag, an dem Tyler bei Granny in den Mülleimer kotzen muss.

Mit zwei dieser drei Fakten hatte ich gerechnet, mit dem Muskelkater nicht. Letzte Woche hatte ich nach der Lapdancestunde kaum mehr als ein Ziehen in den Oberschenkeln am nächsten Tag, das war alles. Doch heute tut mir so ziemlich alles weh. Also schnappe ich mir mein Handy, das brav an seinem Ladekabel unter meinem Bett hängt und lese mir meine Nachrichten durch. Da ich heute mal etwas früher wach bin, habe ich dafür ausreichend Zeit.

Dabei stelle ich fest, dass Tyler mir gestern noch geantwortet hat, allerdings spät genug, dass ich mich zu dieser Zeit schon im Tiefschlaf befand.

‚Und kannst du jetzt besser mit dem Hintern wackeln?' hat mir mein bester Freund geschrieben, und wäre er nicht einer von diesen Menschen, die niemals Smileys benutzen, dann stünde am Ende dieser Nachricht definitiv ein Emoji, welches mich auslachen würde.

‚Nein kann ich nicht, denn mein Muskelkater bringt mich um.' antworte ich ihm und scrolle dann durch die restlichen Nachrichten, auf die ich gestern nicht mehr geantwortet habe. Unter anderem hat mir Dominique ein Bild geschickt, mit ihrem Outfit für Samstag. Ich schreibe ihr meine Meinung dazu (sieht verdammt gut aus) und lobe ihren Modegeschmack (man will es sich mit Tylers Cousine nämlich ganz sicher nicht verscherzen).

Ich schicke die Antwort ab und will mein Handy gerade wieder beiseitelegen als es vibriert und ich eine Nachricht von Tyler sehe. ‚Muskelkater? Das ist armselig. Ich bin in zehn Minuten da, kannst mir dann alles genau erzählen.'

Sobald mir die Bedeutung dieser Worte klar wird, springe ich, trotz schmerzender Muskeln, aus dem Bett und sprinte mit ein paar Sachen, die ich mir schnell aus dem Schrank gezogen habe, ins Badezimmer. Denn wenn Tyler hier auftaucht und ich liege noch im Bett, bekomme ich wieder kaltes Wasser oder Huhn, oder vielleicht sogar beides ins Gesicht. Und darauf kann ich heute wirklich verzichten.

Gerade als ich aus der Dusche komme klopft, oder eher wummert es vor die Badezimmertür. „Guten Morgen, Lilli! Bist du bald fertig?" schallt die Stimme meines besten Freundes gedämpft vom Flur herein. Sein Ton klingt verdächtig nach einem Grinsen, was für mich eigentlich nie etwas gutes bedeutet. Zumindest nicht so früh am Morgen.

„Augenblick noch!" rufe ich zurück und trockne mich schnell mit dem Handtuch ab.

„Ich kann auch reinkommen und dir beim Waschen helfen, lass mich nur schnell die Kamera holen. Ich wollte schon immer Geld damit verdienen, schmutzige Filme von anderen gegen ihren Willen auf YouPorn zu veröffentlichen!" antwortet er und klingt dabei so fröhlich und optimistisch, als würde er mir erzählen, dass heute die Sonne scheinen soll.

„Idiot!" schreie ich, während ich mich verzweifelt in eine schmale, dunkelgraue Jeanshose zwänge. Woraufhin er nur lacht und endlich von der Tür verschwindet, was ich aus den sich entfernenden Schritten schließen kann.

Als ich dann fertig angezogen und mit ordentlich gestylten Haaren zurück in mein Zimmer komme, sitzt Tyler auf meinem Bett und spielt an meinem Handy herum. Was mich stören würde, wenn ich nicht schon daran gewöhnt wäre. Aus Eitelkeitsgründen motze ich ihn allerdings trotzdem an, dass er mein Zeug gefälligst in Ruhe lassen soll.

„Ach komm schon, du hast doch keine Geheimnisse vor mir oder? Immerhin bin ich doch dein bester Freund aller Zeiten und du erzählst mir alles? Stimmt doch oder?" fragt er mich mit einem übertrieben wirkendem Schmollmund, der an ihm einerseits lächerlich und andererseits herzerweichend aussieht.

Spiel mit mirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt