Kapitel 8

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Da wir am gestrigen Tage uns schon Vormittag zum Einkaufen getroffen hatten, entging mir eine Gelegenheit meinen wohlverdienten, diese Woche viel zu kurz gekommenen Schlaf nachzuholen. Diese Unzulänglichkeit gleiche ich an diesem wunderschönen Sonntagmorgen aus. Denn was könnte einen Tag schöner machen als die Hälfte davon zu verschlafen? Bis kurz vor zwölf liege ich im Bett, schlafe, scrolle durch einige social media Seiten, schlafe wieder, höre Musik und schlafe erneut. Das Paradies auf Erden.

Der einzige Störfaktor daran ist Tyler, der inzwischen schon seit einer Stunde in meinem Zimmer herumsitzt und Huhn ärgert. Der Grund dafür ist, wie er mir erklärt hat, dass Huhn meinen fetten Arsch aus dem Bett holen soll, indem sie mich nervt. Das Ganze funktioniert auch, allerdings nur teilweise. Genervt bin ich, nur aufstehen werde ich nicht. Kann er vergessen, dass ich an einem Sonntag vor dem Mittagessen aufstehe. Soll Huhn gackern so viel sie will, mir egal!

Zumindest ist es mir egal bis meine Mutter ins Zimmer kommt um mir erstens: zu sagen, dass ich aufstehen und zum Essen kommen soll, und zweitens: ich mein Haustier unter Kontrolle bringen soll, weil es inzwischen bestimmt schon die Nachbarn in den Wahnsinn treibt.

"Bist du jetzt zufrieden Tyler?" murre ich, während ich mir etwas halbwegs gutaussehendes aus dem Schrank zerre.

"Du weißt doch, ich bin nie zufrieden. Außer vielleicht, es gibt heute Spaghetti bei euch zu Essen, dann könnte mein Leben doch als ganz angenehm eingestuft werden."

"Es gibt Schnitzel und Rosenkohl. Dreimal darfst du raten, wessen Schuld das ist."

"Ich würde sagen es ist derjenige Schuld, der in Tic-Tac-Toe abkackt." grinst er und beschmeißt mich mit einem Shirt, dass ich gestern, warum auch immer, über den Stuhl in meinem Zimmer 'gelegt' habe. "Und jetzt komm Emoboy, wir wollen speisen gehen."

"Ist gut, ich komme ja. Und in der Zeit, die du schon hier herumlungerst, hättest du Huhn ruhig füttern können."

"Es ist deine Aufgabe dich um Alexander den Dritten zu kümmern. Und ich muss schon zugeben, du bist echt scheiße darin."

Ich sehe ihn genervt an, drehe mich dann genervt um und füttere noch schnell Huhn, ebenfalls im genervten Zustand. Dann begebe ich mich, dicht gefolgt von meinem besten Freund, der mich gerade unendlich nervt (eigentlich nicht, er nervt immer gleich viel, aber das muss ich ihm ja nicht verraten) in die Küche um meine Aufgabe durchzustehen... Warum musste es Rosenkohl sein?

Das Essen verläuft wie eigentlich immer, wenn Tyler dabei ist. Wir sind zu sehr mit kauen beschäftigt, um zu reden, streiten uns um das letzte Stück Fleisch und irgendjemand kleckert auf die Tischdecke. In vierzig Prozent der Fälle bin das ich, aber in hundert Prozent der Fälle ist Tyler Schuld daran. Entweder weil er jemanden zum Lachen bringt, weil er jemanden anrempelt oder weil er einfach existiert und sich im Raum befindet.

Nach dem Hauptgang folgt ein Schokopudding und nach dem Schokopudding folgt eisiges Schweigen, weil Tyler den von meiner Mutter abbekommen hat, obwohl ich ihn auch wollte. Der Drecksack hat meine eigene Mutter dazu manipuliert, ihn zu bevorzugen. Das werde ich ihm und ihr garantiert nicht so schnell verzeihen.

Zumindest für die nächsten zehn Minuten nicht, denn dann werde ich schon mit anderen Gedanken abgelenkt sein. Und zwar mit den Gedanken an unser zweites Spiel, welches heute gespielt und entschieden wird. Da zwei meiner Aufgaben längerfristig sind ich sie jedoch schon begonnen habe und keine Intentionen hege, sie abzubrechen, machen wir weiter. Und dieses Mal wird Tyler sowas von Verlieren!

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Ha! Ich hatte Recht! Tyler hat sowas von verloren! Nur leider, zu meiner eigenen Schande, war das definitiv kein fairer Sieg. Denn wir haben gerade mal eine halbe Stunde gespielt und dann habe ich so einfach gewonnen, dass Tyler nie und nimmer Ernst gemacht haben kann. Das finde ich zwar einerseits scheiße, denn wo liegt der Sinn, wenn Tyler das hier nicht ernst nimmt? Anderersits bedeutet das zwei Aufgaben, die er erfüllen muss. Und diese zwei Aufgaben erfüllen mein armes, gequältes Herz mit Freude.

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