»...und ich bin glücklich, dass ich dich habe und deine beste Freundin sein darf. Auch, wenn uns mittlerweile noch mehr Kilometer trennen, weiß ich, dass wir dieses Band der Freundschaft aufrecht erhalten können, denn du bist immer bei mir – hier, in meinem Herzen. Danke, dass du meine Hand nimmst und meine Seele berührst. Danke, dass wir die schwere Zeit zusammen durchgestanden haben und du nie aufgehört hast, an mich zu glauben. Danke, dass ich die Trauung bezeugen durfte und du mir einen solchen Freundschaftsbeweis entgegen gebracht hast.«, ich sah Emmi vor mir, wie sie sich mit einem Taschentusch die funkelnden durchsichtigen Tropfen von den Wangen wischte. »Und du, mein Freund, pass mir bloß auf das Goldstück auf, sonst bekommst du es mit mir zu tun!«, versuchte ich die Runde, die mit einem tränenden Auge zu mir aufblickte und mich mit ihren Blicken ansah, aufzuheitern. Glücklicherweise verwandelte sich das Schniefen mithilfe meiner Worte innerhalb weniger Sekunden in ein Lachen und auch Emmi kam mit strahlendem Blick auf mich zu.
»Du bist verrückt!«, lachte sie mit immer noch glänzenden Augen und schlang ihre Arme um meinen Oberkörper. »Danke für deine Worte!«
Überglücklich und mit einem leichteren Herzen als zuvor, ließ ich mich in die feste Umarmung fallen. Es tat gut zu wissen, dass sie meine Worte aufgenommen hatte, sie sie sichtlich berührten und sie mich für den ein oder anderen Spruch aus unserer jahrelangen Freundschaft nicht durch den ganzen Saal oder gar das gesamte Hotel gejagt hatte.
»Du wirst deinen Humor nie verlieren!«, kam Phil nach wenigen Sekunden zu uns und kämpfte mit seiner Stimme gegen das laute Klatschen der anderen Gäste an.
»Du kennst mich mittlerweile und wenn ich was beibehalte, dann auf jeden Fall das!«, kicherte ich nur und ließ mich auch von ihm in den Arm nehmen.
»Sicher doch.«, pfiff Emmi und schlug mir kumpelhaft gegen die Schulter.
»Nehmt es mir nicht übel, aber ich muss nach der Aufregung erst mal eine rauchen gehen.«, entschuldigend drückte ich meiner besten Freundin einen Kuss auf die Wange und wandte mich zum Gehen.
Erleichtert schnappte ich mir meine kleine Tasche vom Tisch und blieb kurz bei Lenny, der sich gerade angeregt mit Emmis Mutter unterhielt, stehen.
»Ich gehe eben schnell eine rauchen.«, lächelte ich ihn an und strich ihm sanft über die Schulter. Ohne, dass ich noch auf eine Erwiderung seinerseits wartete, setzte ich meinen Weg fort, um an die frische Luft zu gelangen. Dass er mir beim Verlassen des Raumes hinterher sah, bemerkte ich nicht. Ich spürte nur, dass sich etwas veränderte, mit jedem Schritt, den ich in Richtung Ausgang ging.Mit kleinen Schritten ging ich über den großzügig gepflasterten Hof des Hotels, die Zigarette fast vollkommen abgebrannt zwischen meinen Fingern und meine Gedanken irgendwo da, wo ich sie kaum erreichen und auf dem Ritt durch meinen Kopf alles andere als aufhalten konnte. Ganz im Gegenteil: Je mehr ich versuchte, einzelne Bruchstücke einzusammeln, zu ordnen und in irgendeiner Art und Weise abzuhaken, desto verwirrter wurde ich. Zwar hatte ich das große Übel – die Trauzeugenrede – hinter mir und eine Last weniger auf meinen Schultern, doch trotzdem sagte mir ein bestimmtes Gefühl in meinem Körper, dass auch mit der Rede etwas begonnen hatte.
Tim.
Die einzige Assoziation, die ich neben Emmi und Phil auf eben jene hatte, war Tim. Er hatte mir geholfen mich zu beruhigen und die Worte in der Art und Weise herüber zu bringen, wie ich es getan hatte und eben auch wollte – ich konnte die Gäste und vor allem Emmi und Phil berühren und erreichen.
»Ganz alleine hier?«, ich ließ vor Schreck meine abgebrannte Zigarette, die durch meine Gedanken trostlos in Vergessenheit geraten war, fallen. Ohne mich umzudrehen und nach dem Verdauen des ersten Schreckens, fing ich unweigerlich an zu lächeln.
»Als Raucher ist man meistens alleine, wenn alle anderen nicht rauchen.«, gab ich nur zurück und blickte Tim mittlerweile in die Augen.
»Also gar nicht mal so abgeneigt von der Idee, dass ich dir Gesellschaft leiste?«, leicht legte er seinen Kopf schief und ließ seine Hände gedankenverloren in die Tiefen seiner Anzughose gleiten. Fast schon völlig paralysiert von seinem Blick, der mich schon nahezu durchschauen wollte, blickte ich ihm in die Augen. Sofort waren meine Gedanken so klar wie noch nie und doch nur auf den Moment spezialisiert, an dem ich ihm vor knapp einer Stunde einen Kuss auf seine Wange gehaucht hatte. Ebenso wie ich noch wusste, wie sich seine Lippen damals anfühlten, wie weich seine Haut damals war, wusste ich noch, was der Moment vor der Rede in mir ausgelöst hatte. Es war unbeschreiblich, welche Höhen und Tiefen ich mit und ohne Tim erlebt hatte und an welchem Punkt ich in diesem Moment längst angelangt war. Er hatte mich eingeholt.
»Wir können gerne ein Stück gehen oder uns hier hin setzen.«, ich deutete auf eine Bank rechts neben dem Eingag und entriss mich mühsam seines Blickes. »Ganz wie du magst.«
»Lieber hinsetzen. Ich wollte gleich irgendwann auftreten und so komme ich besser zur Ruhe.«, lächelte Tim und ging mir voraus zur Bank, um sich mit einem Seufzen auf dem dunklen Holz niederzulassen. »Übrigens wunderbare Rede.«, gab er nach einigen Moment des Schweigens von sich und grinste mich von der Seite her an.
Mit leicht geröteten Wangen sprach ich ihm meinen Dank aus und sah verlegen in die Ferne. »Ich bin wirklich gespannt, wie sich dein Lied im Ganzen anhört.«, gestand ich ihm, um schnellstmöglich von meiner Rede auf sein Lied zu lenken. Blinzelnd sah ich der Sonne entgegen, die mit ihren starken Strahlen meine Haut erwärmte und legte meinen Kopf leicht in den Nacken.
»Ich bin auch gespannt, ob es allen gefallen wird. Weltpremieren sind schließlich immer etwas Aufregendes.«, grinsend drehte er seinen Kopf in meine Richtung und beobachte mich dabei, wie ich hinter vorgehaltener Hand anfing zu kichern. Normalerweise wäre ich längst rot geworden, doch Tims direkter Einfluss auf mich und indirekt auf mein Verhalten, ließ mich ganz anders auftreten. Ich fühlte mich wohl, anders als sonst, so anders speziell, und genau das schien der Grund zu sein.
»Dann hatten wir beide ja heute eine Weltpremiere.«
»Kann ich dich was fragen?«, überging Tim meine Aussage jedoch mit einem schneidenden Ton und veranlasste, dass mein Grinsen innerhalb weniger Sekunden zu einem perplexem Ausdruck gefror.
»Klar, warum nicht?«, brachte ich hervor, nachdem ich mich langsam wieder gefangen hatte und schenkte ihm ein Lächeln, um ihn vor einer eventuellen Situation zu retten, da man ihm seine aufkommende Unsicherheit schon nahezu aus seinen Augen ablesen konnte. Noch ein wenig von meiner Skepsis übermannt, versuchte ich seinem Blick standzuhalten.
»Vielleicht, weil es etwas persönlicher werden könnte.«
»Schieß los!«, entging ich dieses Mal seiner Aussage und ging ihm noch einen weiteren Schritt entgegen.
»Was ist bei dir und Lenny los? Versteh mich bitte nicht falsch, aber ich hab das Gefühl, dass euch die Nähe fehlt, die ihr sonst habt.«, es war schon fast nur ein Flüstern, welches sich von Tims Lippen schlich. »Und ich habe das Gefühl, dass...dass es an mir liegt.«, fügte er nach einer Pause hinzu.
Wieder völlig übermannt, saß ich perplex da, senkte fast schon reflexartig meinen Kopf, um letztendlich hilflos an meinem Armband herumzuspielen. Ich wusste, dass er Recht hatte und hatte in diesem Moment das Gefühl, als könne er aus meinem Gesicht lesen, wie aus einem offenem Buch, doch trotzdem wusste ich genauso gut, dass dieser jetzige Moment der falsche war, um mit Tim offen über das Thema Lenny zu sprechen und womöglich noch tiefgründiger zu werden, als es in diesem Moment vernünftig war. Egal, was mein Herz mir gerade sagte, ich musste meine Vernunft siegen lassen.
»Wir verstehen uns. Es kann sein, dass es heute nicht so rüberkommt, aber ich denke, das liegt einfach daran, dass es so viele neue Leute hier um uns rum gibt und jeder irgendwo anders rum wuselt.«, versuchte ich ihn zu beruhigen. Dass das nur die halbe Wahrheit war, versuchte ich tief in meinem Inneren zu verdrängen. Und dass Tim am liebsten jeden anderen Gesichtsausdruck als ein Lächeln auf seinen Lippen gehabt hätte, versuchte er zu verdrängen.
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In dein Herz
Fanfic»Ich will in dein Herz und wenn das nicht geht, will ich dich nie wieder sehen. Den Schmerz wäre es mir wert, das musst du nicht verstehen, verstehst du mich? Ich will in dein Herz, ob du willst, oder nicht!« - Man sagt immer, dass die Entfernung ke...