Die, in der ich von so ziemlich allem über den Haufen gerannt werde

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Manchmal sucht das Schicksal sich jemand gezielten aus. Jemanden, der es grade echt nicht gebrauchen kann, vom Karma heimgejagt zu werden.

Tja, diesmal bin ich es wohl.

"Flora!", ruft meine Mum und winkt hektisch. "Wo bleibst du denn?"

Hastig greife ich nach meinem Koffer und der Reisetasche, bevor ich meiner Mutter hinterher zum Gepäckband eile.

Richtig. Wir befinden uns am Flughafen Frankfurt, es ist 11:34 und mir ist warm.

Sehr warm.

Wir ziehen um.

Nicht nach Berlin oder Hamburg, nein. Das wäre ja ungefähr halb so schlimm.

Wir ziehen nach England.

Genauer gesagt nach Cheshire, Holmes Chapel. Ich hab noch nie von dem Kaff gehört.

Bis jetzt haben wir in Frankfurt am Main gewohnt und die Vorstellung, jetzt in ein Dorf, in dem wahrscheinlich die Kühe frei rumlaufen, zu ziehen, behagt mir nicht besonders.

Ganz im Gegenteil zu meiner Mutter, die schon immer unheimlich bindungssüchtig war. Sie freut sich schon auf das Kaff und auf die Kühe und auf ihren neuen Partner. An mich wird nur so am Rande gedacht. So nebenbei, wie man eben ans Zähneputzen denkt. Muss halt immer gemacht werden. Ja, die Tochter muss halt immer mit.

Zum Glück verläuft der Flug ohne Turbulenzen, sodass wir nach nicht mal zwei Stunden auf britischem Boden landen.

Wir warten fast eine Stunde am Gepäckband auf meinen Koffer, bis er endlich angekommen ist und wir weiter bis zum Ausgang können.

Ich werde immer unruhiger, je näher wir dem Ausgang kommen. Gleich werde ich meinen zukünftigen Stiefvater kennen lernen und mein neues Zuhause. Hoffentlich hat er eine Katze. Ich mag Katzen.

Mum fängt an zu kreischen wie ein verliebter Teenager und rennt Richtung Drehtür, um dort einem großen Mann mit dunklen Haaren und Rosenstrauß um den Hals zu fallen.

"Peinlich", murmele ich. "Keine Ahnung, wer das ist."

Ich nehme ihre Koffer und gehe vorsichtig näher an das Paar heran.

Mum strahlt überglücklich. "Geoff? Das ist meine Tochter Flora."

Stimmt. Wir sind in England. Also englisch reden.

Die Sprache ist mein wohl geringstes Problem. Meine Mum ist zur Hälfte Britin, ich nehme an, deswegen fühlt sie sich auch so angezogen von Geoff. Zum Glück hat sie mich zweisprachig aufgezogen.

Vielleicht hatte sie das alles auch geplant.

Der Mann lächelt mich offen an, doch ich traue dem ganzen nicht.

"Hi, ich bin Geoff. Ich freue mich, dich endlich kennen zu lernen."

Seinen zahlreichen Besuchen das letzte halbe Jahr bin ich jedes Mal aus dem weg gegangen. Auch wenn Mum zu ihm geflogen ist, hab ich mich erfolgreich gedrückt.

"Flora", murmele ich.

Mum strahlt schon wieder wie ein Scheinwerfer.

"Mein Auto steht draußen", erklärt Geoff und nimmt Mum ihre Koffer ab.

"Danke auch", knurre ich und tappe den beiden hinterher.

Als ich den Range Rover sehe, huscht ein leichter Anflug von Freude über mich. Ich liebe Range Rovers.

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Wir fahren etwa zwei Stunden, bis wir in einer kleinen Stadt names Holmes Chapel ankommen. Eher ein Kaff.

Same feels || Harry Styles Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt